Er war in der Liga der große Rückhalt seines Teams, fuhr mit zur EURO 2008 und wird als neue Nummer 1 der Nationalmannschaft gehandelt: René Adler (23) nimmt im kicker-Interview Stellung.
kicker: Herr Adler, warten Sie schon gespannt auf das Gespräch zwischen Bundestrainer Joachim Löw und Jens Lehmann?
René Adler: Nein, wieso denn? Ich habe keinen Einfluss darauf. Ich konzentriere mich auf unsere Saisonvorbereitung.
kicker: Aber interessiert müssten Sie sein an dem Gesprächsausgang.
Adler: Ich werde das Ergebnis sicherlich mitbekommen. Aber ich zerbreche mir darüber nicht den Kopf. Für mich ändert sich ohnehin nicht viel. Ich will Gas geben und meine Position mit überzeugenden Leistungen festigen. Natürlich auch in Bezug auf die Nationalmannschaft.
kicker: Wie schätzen Sie Ihre Chance ein, vielleicht schon in der nächsten Saison die Nummer 1 im deutschen Tor zu werden?
Adler: Spekulieren bringt doch nichts. Ich hoffe, im Kreis der Nationalmannschaft zu bleiben. Dafür muss meine Leistung stimmen, und die will ich zeigen.
kicker: Welche Erfahrungen konnten Sie von der Europameisterschaft mitnehmen?
Adler: Die EM-Teilnahme war Gold wert. Ich bin überzeugt, sie hat mich fußballerisch und persönlich weitergebracht. Es ist schon eine andere Hausnummer als im Verein. Das Trainieren mit den ganzen Top-Leuten, das öffentliche Interesse. Es war eine einmalige Erfahrung.
kicker: Was haben Sie sich von einem Routinier wie Jens Lehmann abschauen können?
Adler: Jens Lehmann hat mich beeindruckt. Seine Physis, die Fitness, wie akribisch er arbeitet. Er ist in jeder Sekunde des Trainings fokussiert, da gibt es keinen Moment, in dem er etwas schleifen lässt. Auch die Präsenz, die er ausstrahlt, etwa bei hohen Bällen. Es gab vieles, das mir imponiert hat und die ich als junger Torhüter in mein Spiel einfließen lassen kann.
kicker: Schalkes Manuel Neuer steht ebenfalls im Blickfeld des Bundestrainers. Fühlt man mit dem Konkurrenten, wenn sich dieser so schwer verletzt?
Adler: Natürlich, ich war wie alle anderen geschockt. Dass man sich in einer Konkurrenzsituation befindet, heißt nicht, dass man nicht auch Sportsmann ist. Es ist wirklich schade für ihn, für Schalke und die Liga. Ich hoffe, er wird schnell wieder fit. Und ich glaube nicht, dass die Nationalmannschaftschancen eines Spielers durch einen Fußbruch schwinden.
kicker: Wie sehr schmerzt es, dass Sie sich nur in der Bundesliga empfehlen können?
Adler: Es ist bitter, sich nicht auf der internationalen Bühne präsentieren zu können. Das gilt für unsere gesamte Mannschaft. Wir haben unser Ziel nicht erreicht. Daraus resultiert eine Verpflichtung für uns, dass es bei diesem einen Jahr bleibt.
kicker: Ist das Ziel "internationale Teilnahme" realistisch?
Adler: Das ist es. Wir stehen vor einem schwierigen, aber auch sehr interessanten Jahr.
kicker: Wieso schwierig?
Adler: Die Baustelle in der BayArena, der Umzug nach Düsseldorf in der Rückrunde - das sind zusätzliche Herausforderungen, die auf unsere junge Mannschaft zukommen. Es darf natürlich nicht sein, dass es als Ausrede benutzt wird, wenn es mal nicht läuft. Trotzdem wird es ungewohnt.
kicker: Das Durchschnittsalter des Bayer-Kaders liegt bei 24 Jahren. Ein Nachteil?
Adler: So wird es häufig dargestellt. Ich könnte aber auch anführen, dass von den "Jungen" Simon Rolfes, Gonzalo Castro, Tranquillo Barnetta, Stefan Kießling oder auch Patrick Helmes schon internationale Erfahrung nachweisen können.
kicker: Also kein Problem?
Adler: Das werden wir sehen. Ich jedenfalls betrachte es als große Herausforderung. In Leverkusen kann man durch die Altersstruktur bereits als 23- oder 24-Jähriger eine Führungsrolle übernehmen, Verantwortung tragen, was in anderen Vereinen vielleicht erst mit 28 möglich ist. Auch das hat für die jungen Spieler seinen Reiz.
kicker: Was macht Bruno Labbadia anders als Michael Skibbe?
Adler: Ich halte generell nichts davon, Trainer zu vergleichen. Jeder hat seine eigene Art.
kicker: Anders gefragt: Welchen Stil bevorzugt Bruno Labbadia?
Adler: Er legt sehr viel Wert auf Disziplin, auf den gegenseitigen Respekt. Man merkt, wie er jedes Detail plant und umzusetzen versucht.
kicker: Und seine Spielphilosophie?
Adler: Er will aus einer starken Defensive heraus offensiv und attraktiv spielen lassen. Pressen, den Gegner früh unter Druck setzen. Wir wollen Powerfußball bieten und die Zuschauer mitreißen. Mit dem Ergebnis, dass am Ende der Einzug ins internationale Geschäft steht.
Interview: Jan Lustig
Quelle: Kicker.de