Von Christoph Pluschke, 14.09.08, 21:52h, aktualisiert 14.09.08, 23:18h
Nicht alle Leverkusener schimpfen nach dem 2:3 in Hamburg auf den Schiedsrichter. Bayers Niederlage beim neuen Tabellenführer der 1. Bundesliga war vor allem eines: total unnötig.
HAMBURG - Einig waren sich die Leverkusener am Ende ihres Arbeitstages nur im tiefen Frust über das Resultat, in der fachlichen Analyse des mit 2:3 verlorenen Spiels beim Hamburger SV dagegen gingen die Meinungen im Bayer-Tross teilweise weit auseinander. Am größten war natürlich die Gruppe derer, die den frühen Platzverweis für Manuel Friedrich noch vor der Pause für den negativen Ausgang der Partie aus Gästesicht maßgeblich verantwortlich machten. „Das war der Knackpunkt“, meinte allen voran Trainer Bruno Labbadia, und Torjäger Patrick Helmes tat seine feste Überzeugung kund: „Bei elf gegen elf geben wir das Ding nicht mehr her.“
Naheliegende Gedanken waren das - immerhin hatte man mit einer 2:1-Führung noch aussichtsreich im Rennen gelegen, als der Innenverteidiger wegen wiederholten Foulspiels die Gelb-Rote Karte von Schiedsrichter Helmut Fleischer gezeigt bekam (40.). An diesem Punkt der Nachbetrachtung wurde die Diskussion allerdings schon kontroverser; für den Delinquenten selbst, der sich seinen 29. Geburtstag mit Sicherheit ganz anders vorgestellt hatte, war schon die Verwarnung nach nur 25 Minuten nichts anderes als „ein schlechter Witz“ gewesen. „Und nach meinem Platzverweis mussten die Kollegen für mich mitlaufen, das war ausschlaggebend für unsere Niederlage“, fand Friedrich.
Bayer-Sportchef Rudi Völler wiederum hielt die Hinausstellung im Grunde noch für vertretbar, echauffierte sich aber darüber, „dass heute mit zweierlei Maß gemessen wurde“; in ähnlichen Situationen habe der Schiri beim HSV immer wieder ein Auge zugedrückt. „Schade und sehr ärgerlich, dass auf diese Weise ein großartiges Fußballspiel beeinflusst worden ist“, fasste Chefcoach Labbadia seinen unübersehbaren Zorn auf den Referee noch in gemäßigte Worte.
René Adler übt sich in Selbstkritik
René Adler indes hielt überhaupt nichts davon, die Leistung des Unparteiischen respektive die 50 Minuten währende Unterzahlsituation in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen. „Wir sollten uns auf der Suche nach den Gründen für die Niederlage lieber an die eigene Nase fassen“, konstatierte der Torhüter, der bei seinem Saisondebüt nach auskurierter Schulterverletzung zu bedauern war, weil er hinter einer Abwehrreihe agieren musste, die bei der Produktion individueller Fehler ganze Arbeit leistete, besonders im Zuge von Standardsituationen. Anders gesagt: Wer immer wieder zu spät kommt, den bestraft nun mal der Gegner. Zu besichtigen war dies beim 1:2 durch Guerrero (37. / eskortiert von Friedrich und Haggui) genauso wie beim 2:3 durch Petric (72. / hier stand Henrique hilfreich zur Seite). Und wer - wie Karim Haggui vor Olic' 2:2 (51.) - nahezu unbedrängt im eigenen Strafraum dem Gegner die Kugel überlässt, der sollte sich nicht über den Schiedsrichter beklagen.
Obendrein hatten es die Leverkusener nach ihrem furiosen Start sowie den spektakulär herausgespielten Toren von Barnetta (4.) und Helmes (24.) versäumt, mit einem weiteren Treffer - zum Beispiel durch den frei auf Rost zustürmenden Kießling - für noch klarere Verhältnisse zu sorgen. „Da hätten wir den Sack zumachen können“, räumte auch Schiri-Kritiker Labbadia ein.
So herrschte unter den Leverkusener Dienstreisenden bei allen Meinungsverschiedenheiten über das Zustandekommen der Niederlage zumindest in einem Punkt absoluter Konsens: Sie war unnötig.