Der Entwicklungshelfer

  • VON UDO BONNEKOH


    Bruno Labbadia hat das Kahnsche Immer-weiter-Prinzip verinnerlicht: Nach dem Sieg gegen Hannover und dem Pokal-Erfolg in Augsburg können die Leverkusener in Bochum (Samstag, 15.30 Uhr bei uns im LIVE!-Ticker) "aus einer guten Woche eine sehr gute machen".


    Er trug ein paar Blatt Papier in einer Klarsichthülle mit sich herum. Und als er den dienstlichen Termin am frühen Nachmittag erledigt hatte, eilte Bruno Labbadia den Kabinen entgegen. „Ich muss noch ein bisschen arbeiten“, erläuterte Bayers Trainer den schnellen Abschied aus der Gesprächsrunde.


    Einen Moment des Müßiggangs, um mal abzuschalten, sich zu sammeln, scheint der Fußball-Lehrer nicht zu kennen. „Wenn du Erfolg hast, spürst du keine Belastung“, sagte er noch.


    Kaum dass Labbadia diesen Satz ausgesprochen hatte, strebte Arturo Vidal mehr schlurfend als laufend dem Übungsgelände entgegen – als Beispiel dafür, wie schmerzstillend Siege wirken können. Der Chilene hatte sich in Augsburg bei einem Pressschlag eine Prellung am rechten Fuß zugezogen, mochte gestern aber nicht pausieren beim Training. Wer will schon fehlen, wenn die Verteilung der Plätze für die Leverkusener Partie am Samstag beim VfL Bochum näher rückt?


    Das Immer-weiter-Prinzip


    Dort geht es morgen darum, „aus einer guten Woche eine sehr gute zu machen“ (Labbadia). Erst ein berückendes 4:0 gegen Hannover, danach ein kühles 2:0 in Augsburg im Pokal („Das war der Charaktertest“) – das soll nun veredelt werden im Revier nach dem Kahnschen Immer-weiter-Prinzip.


    Das hat der Coach total verinnerlicht und nennt sogleich seinen aktuellen umfangreichen Forderungskatalog. Er spricht von der „Bereitschaft, die taktischen Vorgaben“ mit Leben zu erfüllen, er redet von der „Disziplin, die wir permanent zeigen müssen“ und von der „Ordnung, in die schnell jeder zurückfinden muss“, wenn denn der Ball mal verloren ist.


    Aber er, dem ein fast missionarischer Eifer inne wohnt, hat ja nicht nur die Gemeinschaft im Sinn, sondern auch das Individuum – wie Simon Rolfes zum Beispiel, seinen Kapitän. Bei Rolfes ist der Trainer von der Idee beseelt, „dass der Simon dauerhaft zur Nummer sechs in der Nationalmannschaft wird“. Dahin will Labbadia, der besessene „Entwicklungshelfer“, den Schlaks mit Beharrlichkeit bringen.


    Und dass der Hesse mit italienischen Vorfahren auch Patrick Helmes noch ein Stück zu „entwickeln“ gedenkt bis hin zur Stammkraft bei Jogi Löw, ist so neu nicht. „Ich bin gespannt darauf, wie nachhaltig das mit dem Pat ist“, sagt Labbadia auch mit Blick auf Samstag, auf die Auseinandersetzung mit den „starken, kompakten Bochumern, wo wir uns wieder eine Bestätigung unserer Arbeit holen können“.


    Labbadia schreitet schließlich in die Kabinen, die Klarsichthülle unterm Arm, womöglich mit Personalien auf dem Papier. „Heutzutage“, sagt der Trainer, „musst die schon lange im voraus planen, um Sieger zu sein.“ Namen nennt er nicht, nicht den Schweizer Eren Derdiyok (FC Basel), nicht den eines Innenverteidigers aus Südamerika, der auf der Liste steht.


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