Fussball ist alles... auch schwul!

  • Schwule Sportler sind weiter ein Tabu


    FUßBALL Beleidigungen in den Stadien sorgen für wenig Empörung – Druck auf Spieler hoch


    Faninitiativen, Vereine und Verbände haben dem Rassismus in den Stadien schon länger den Kampf angesagt. Homophobie, schwulenfeindliche Diffamierungen beispielsweise, sorgen dagegen weit weniger für Empörung. Absurd und grotesk findet es Professor Dr. Martin Schweer von der Universität Vechta, dass es immer noch wesentlich stärkere Sanktionen bei der Diskriminierung von Ausländern als von Homosexuellen gibt. Er verweist auf die Beleidigung von Dortmunds Torwart Roman Weidenfeller 2007: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verhängte eine geringere Strafe, als Weidenfeller beteuerte, er habe Schalke-Spieler Gerald Asamoah nicht „schwarze Sau“ sondern „schwule Sau“ genannt.


    Homosexualität ist immer noch ein Tabu-Thema. Vor allem in als typisch männlich wahrgenommenen Sportarten wie Fußball, Boxen oder Eishockey, erklärt Schweer, der sich als Lehrstuhl-Inhaber für Pädagogische Psychologie auch mit dem Thema Sexualität in Verbindung mit Leistungssport beschäftigt. Schweers Untersuchungen zur Fremdwahrnehmung von Sexualität legen nahe, dass die meisten Menschen bestimmte Kategorien im Kopf haben: In typisch männlich empfundenen Sportarten erwarte man eher keine schwulen Sportler, aber durchaus lesbische Sportlerinnen. Bei „ästhetischen Sportarten“ wie Eiskunstlauf passen schwule Sportler ins Bild, lesbische Sportlerinnen aber eben nicht.


    Die neuere Forschung geht davon aus, dass etwa fünf Prozent der Bevölkerung homosexuell, bis zu zehn Prozent bisexuell sind. Wie viele Profisportler schwul oder lesbisch sind, lässt sich aus diesen Zahlen aber nicht automatisch ableiten, und Untersuchungen gibt es dazu bisher nicht, erklärt der Wissenschaftler aus Vechta.


    Es werde vermutlich eine „Drop-Out-Quote“ geben – also Homosexuelle, die den Leistungssport frühzeitig verlassen, weil sie dem Leidensdruck nicht standhalten. „Es kann sein, dass entsprechendes Potenzial für den Leistungssport so schon im Jugendalter verloren geht“, sagt Schweer.


    Bisher hatte noch kein Profi-Fußballer den Mut, öffentlich zu seiner Homosexualität zu stehen. Auch dass DFB-Präsident Theo Zwanziger im vergangenen Jahr den Kampf gegen die Diskriminierung homosexueller Sportler zur Chefsache erklärt hat, ändert daran nichts. Offizielle Stellungnahmen und Aktionsabende reichten alleine nicht aus, kritisiert Schweer, das Klima sei zu wenig freundlich. „Das Entscheidende ist doch, dass in den Vereinen etwas passiert“. Außer von Philipp Lahm gab es noch kaum öffentliche solidarische Aussagen prominenter Fußballer.


    Schweer wagt daher zu bezweifeln, dass es in nächster Zeit Coming Outs in der Bundesliga gibt. „Zu unkalkulierbar“ seien die Konsequenzen noch für die Betroffenen – vor allem bei „männlichen“ Sportarten wie Fußball, die mit viel Geld und hoher medialer Aufmerksamkeit verbunden seien.


    Noch. Denn es gibt immer mehr Aktionen gegen Schwulenhass in den Stadien. Und Vereine wie Hertha BSC, HSV, Bayern München, Köln und St. Pauli können seit ein paar Jahren auf ihre schwul-lesbischen Fanclubs zählen.


    NWZ

  • In Liebe vereint
    Fans engagieren sich gegen Homophobie in der Kurve

    von Sebastian Engelmann


    Homosexualität gilt im Fußball als Tabuthema, die Fanszenen als schwulenfeindliches Milieu. Doch das beginnt sich zu ändern - auch wegen schwul-lesbischer Fanklubs wie den "Stuttgarter Junxx".



    Als der Berliner Stürmer Marko Pantelic im Spiel gegen den VfB Stuttgart im gegnerischen Strafraum zu Boden geht, überkommen Christian Deker unangenehme Erinnerungen. Die Stuttgarter Fans rufen sofort "Zick, Zack, Zigeunerpack" in Richtung Pantelic, der Serbe ist. Deker steht in der VfB-Fankurve und dreht sich kopfschüttelnd zu den Umstehenden um, "solche Rufe müssen nicht sein."



    Netzwerk gegen Homophobie


    Das dachte sich der 27-jährige Jura-Student auch vor gut vier Jahren bei Heimspielen des VfB, als mal wieder homophobe Gesänge in der eigenen Kurve angestimmt wurden. Als Homosexueller wollte sich Deker solche Schmähungen nicht länger anhören. Er vernetzte sich im Internet mit anderen schwulen VfB-Fans und gründete mit ihnen gemeinsam den ersten schwul-lesbischen Fanklub des Vereins, die Stuttgarter Junxx.


    Homosexualität ist im Fußball bis heute ein Tabuthema. Der Sport gilt als archaisch, hart und aggressiv, die Fans als rau. Kein Profi hat sich in der Bundesliga jemals geoutet. Doch das Klima in den Stadien verändert sich, die Fanszene kommt durch die Präsenz schwul-lesbischer Fanklubs in Bewegung.



    Verhalten der Kurve verändert sich


    "Seit wir uns offen in der Stuttgarter Fangemeinde zeigen, hat sich einiges geändert", sagt Mark Friedrich. Der 37-Jährige steht im Block 33 der Cannstatter Kurve, dem Stammplatz der Stuttgarter Junxx. Er trägt eine khakifarbene Jacke, und darüber den Schal mit dem Namen des Fanklubs. Direkt neben ihm sind die beiden großen Stehblocks.


    Vorne sammeln sich die meist in schwarz gekleideten Ultras, wie sich der harte Kern der Anhängerschaft nennt. Hier pulsiert das Herz des Stadions, hier brüllen Tausende "Stuttgart ist mein Leben" und hier werden Gesänge angestimmt, die öfters einen derben Charakter haben.


    Verzerrtes Schwulenbild


    Schwulenfeindliche Parolen finden sich kaum mehr darunter. "Die Ultras verzichten nun weitgehend auf homophobe Lieder", sagt Friedrich, der zusammen mit Christian Deker die Stuttgarter Junxx gegründet hat und deren Vorsitzender er ist. Der Fanklub zählt mittlerweile 80 Mitglieder, darunter auch Heteros, die aus Solidarität dabei sind. Bewusst haben Friedrich und die anderen Fanklubmitglieder den Kontakt zu den Ultras und anderen Stuttgarter Fangemeinschaften gesucht.


    Viele Anhänger hatten bis dahin ein verzerrtes Schwulenbild, das eher von Christopher-Street-Day-Paraden geprägt war: schrill bekleidete Menschen, die extravagant auftreten. Nun standen schwule Fans in normaler Fan-Monitur neben ihnen in der Kurve. "Da gab es auch einen Lernprozess", sagt Friedrich. Mittlerweile gehören die Stuttgarter Junxx zum Dachverband aller Fans, dem VfB-Anhängerverband. "Die sind Teil der roten Familie", sagt dessen Vorsitzender Holger Waidelich über die homosexuellen Fankollegen.


    Gesprächs- statt Tabuthema


    Bei elf anderen Fußballvereinen der ersten und zweiten Liga sind schwul-lesbische Fanklubs mittlerweile ebenfalls Teil der jeweiligen Anhängerszene. Ihre Präsenz verändert deren Kultur. Aus einem Tabuthema wird langsam ein Gesprächsthema. "Wir sind mit dem DFB in einem engen Kontakt", sagt Christian Deker, der auch Pressesprecher des Netzwerks schwul-lesbischer Fanklubs ist.


    Der Verband hat nach zwei Treffen mit ihm und anderen Vertretern homosexueller Fangruppen konkrete Maßnahmen gegen Homophobie im Fußball angekündigt: Fest zugesagt ist eine Aktion bei einem Länderspiel, zudem will der DFB Vereins- und Verbandsmitarbeiter dazu anhalten, sich öffentlich gegen Homophobie zu positionieren. Stadionsprecher, Fanbeauftragte und Sicherheitsbeauftragte sollen dafür ein größeres Problembewusstsein entwickeln.



    Sinneswandel im DFB


    So konsequent ist der DFB jedoch nicht immer gegen die Diskriminierung homosexueller Fans im Fußball vorgegangen. Noch im WM-Jahr 2006 wollte sich Präsident Theo Zwanziger nicht zu diesem Thema äußern. Der Sinneswandel des umtriebigen DFB-Funktionärs rührt aus einem Gespräch mit Christian Deker: "Bei einem Fan-Kongress vor zwei Jahren habe ich ihn auf die Probleme homosexueller Fans angesprochen und ihm unsere Situation erklärt."


    Das Gespräch muss Zwanziger nachhaltig beeindruckt haben. Seitdem spricht er öffentlich über Homophobie im Fußball und sagt sogar, dass er einen Fußballer gerne beim Outing unterstützen würde. Bisher hat aber kein Profi Zwanzigers Angebot in Anspruch genommen.


    Wowereit-Effekt im Fußball?


    In Stuttgart bilden die VfB-Spieler ein menschliches Knäuel um Stürmer Cacau, der soeben die Führung gegen Spitzenreiter Berlin erzielt hat. Männerkörper sind da auf dem Rasen ineinander verkeilt und der Torschütze bekommt noch einen Klaps auf den Hintern. Fußballerjubel ist ein reichlich seltsames Ritual, und wer es nicht kennt, käme wohl auf die Idee, dass sich einige Spieler besonders gern haben. "Dieses Gebaren der Fußballer wird aber als asexuell wahrgenommen", sagt Mark Friedrich. Würde sich einer outen, könnte ein solches Verhalten schnell einen anderen Charakter bekommen.


    Fußballer haben immer noch eine große Angst vor einem Outing, fürchten die Häme auf den Rängen und eine Distanz auf dem Rasen. An einen Wowereit-Effekt, bei dem das Bekenntnis des Politikers andere nach sich zog, will bei den Stuttgarter Junxx niemand so recht glauben. "Deswegen wollen wir ja das Klima im Fußball so verändern, dass es Spielern leichter fällt, sich zu ihrer sexuellen Orientierung zu bekennen und ihre Scheinidentität als Hetero aufzugeben", sagt Christian Deker.


    Offenheit statt Angst


    Dass Offenheit auch positive Wirkung haben kann, zeigen die Stuttgarter Junxx am eigenen Beispiel. Als sich die siegreichen VfB-Spieler in der Kurve feiern lassen, sind sie mittendrin. Schließlich vereint die gesamte Kurve eine Leidenschaft: die Liebe zu ihrem Verein.



    [URL=http://fussball.zdf.de/ZDFsport/inhalt/12/0,5676,7539852,00.html?dr=1]ZDF-Sport[/URL]

  • Ich kann es echt nicht mehr hören.
    Ich glaube, der Kern des Ganzen ist nicht etwa eine Homophobie der Heterosexuellen sondern eine ausgewachsene Paranoia der Schwulen.


    Solange nicht selbstverständlich mit dem "Anderssein" umgegangen wird, wird sich nie etwas ändern.
    Wozu dieser PR-Kreuzzug? Wie soll schwul- bzw lesbisch sein jemals als vollkommen normal angesehen werden, wenn immer wieder in dieser Lautstärke getrommelt wird? Warum gibt es bei jeder sich bietenden oder auch nicht bietenden Gelegenheit irgendwelche Aktionen, Proteste und öffentliches Rumgeheule um etwas, das doch als ach so normal angesehen werden soll.


    Stattdessen gilt für viele: Auffallen um jeden Preis. Sich selber in den Mittelpunkt stellen. Hier nen CSD, dort nen Tuntenball oder mal lustig schrill machen und bei DSDS bewerben. Meiner Meinung nach ist genau DAS der Grund des Aneckens - nicht die sexuelle Ausrichtung. Denn die ist und sollte einem egal sein. Entweder man ist schwul oder man ist es nicht - hat aber keinen zu interessieren.

  • Zitat

    Original von RSP-Tobi
    Klasse Beitrag! :bayerapplaus


    Kann ich nur zustimmen...allerdings 8439 mal editiert... :LEV5

    C. Streich: "Ich habe zwar einen deutschen Pass, aber ich fühle mich nicht als Deutscher. Ich bin ein Mensch, der einen Pass hat, in dem deutsch drin steht"
    Möge die Macht mit Bayer04 sein!

  • Zitat

    Original von DER LAHS!
    Ich kann es echt nicht mehr hören.
    Ich glaube, der Kern des Ganzen ist nicht etwa eine Homophobie der Heterosexuellen sondern eine ausgewachsene Paranoia der Schwulen.


    Solange nicht selbstverständlich mit dem "Anderssein" umgegangen wird, wird sich nie etwas ändern.
    Wozu dieser PR-Kreuzzug? Wie soll schwul- bzw lesbisch sein jemals als vollkommen normal angesehen werden, wenn immer wieder in dieser Lautstärke getrommelt wird? Warum gibt es bei jeder sich bietenden oder auch nicht bietenden Gelegenheit irgendwelche Aktionen, Proteste und öffentliches Rumgeheule um etwas, das doch als ach so normal angesehen werden soll.


    Stattdessen gilt für viele: Auffallen um jeden Preis. Sich selber in den Mittelpunkt stellen. Hier nen CSD, dort nen Tuntenball oder mal lustig schrill machen und bei DSDS bewerben. Meiner Meinung nach ist genau DAS der Grund des Aneckens - nicht die sexuelle Ausrichtung. Denn die ist und sollte einem egal sein. Entweder man ist schwul oder man ist es nicht - hat aber keinen zu interessieren.


    Ja Lahs, Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.


    :bayerapplaus

  • Auch wenn ich recht spät antworte, kann die Argumente gut verstehen. Das ist auch der Grund, warum wir als Fanclub von Interviews die so ausgerichtet auch abstand nehmen. Anfragen gab es bei uns auch einige, aber man kann es halt auch einfach übertreiben.




    Aber, für alle die es Interessiert, hier ein Programmtipp für Dienstag:



    TABUBRUCH – Der neue Weg von Homosexualität im Fußball
    Ein Film von Aljoscha Pause


    Erstausstrahlung: DSF, Dienstag 19.5.2009, 20 Uhr(Wiederholung Montag 1.6.2009 um 19:15)


    In Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur.



    Vor genau einem Jahr stellte die preisgekrönte DSF-Dokumentation „Das große Tabu – Homosexualität & Fußball“ (Felix-Rexhausen-Preis 2008) die Frage nach dem Status Quo von gleichgeschlechtlicher Liebe im deutschen Volkssport Nummer 1. Die Resonanz war erstaunlich. Während sowohl beim DFB, als auch beim ein oder anderen Protagonisten der deutschen Fußballszene eine durchaus fortschrittliche und offene Haltung erkennbar war, so brachten die Aussagen einiger Fans und auch die viel zitierte Meinung von Kölns Trainer Christoph Daum („Ich hätte da wirklich meine Bedenken, wenn dort von Theo Zwanziger irgendwelche Liberalisierungsgedanken einfließen sollten. Ich würde den Schutz der Kinder über jegliche Liberalisierung stellen.“) die Erkenntnis, dass es noch ein langer Weg sein würde, bis zu einem unaufgeregten, weltoffenen Umgang mit Homosexualität im Fußball.


    Filmautor Aljoscha Pause hat die brisante Thematik nun weitere 12 Monate beobachtet und mit der Kamera begleitet. Ein Jahr nach der ersten Dokumentation stellt er die Frage, ob es nach der „Initialzündung“ 2008 - bei DFB und Liga - den Tabubruch nun tatsächlich gegeben hat. Wie sieht sie aus, die Entwicklung zu einem wohlwollenden Miteinander, jenseits von Diskriminierung.


    Dabei stößt die Dokumentation auf viele neue Erkenntnisse. Exklusiv begleitet sie die DFB-internen Prozesse & Meetings, und ist dabei als beschlossen wird, dass - noch 2009 - sogar ein Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft unter dieses Motto (gegen Homophobie im Fußball) gestellt werden soll.


    Kölns Trainer Christoph Daum äußert sich in einem ausführlichen Interview zu seinen streitbaren Thesen des vergangenen Jahres – und nimmt nun sogar die Auslosung des Kölner „Come Together Cups 2009“ vor.


    Der Film dokumentiert auch die internationalen Aspekte von Homosexualität und Fußball. In Holland engagiert sich u.a. Meistertrainer Louis van Gaal und kommt ebenso zu Wort wie der argentinische Superstar Hernan Crespo und Bayern-Star Luca Toni. In Kooperation mit dem italienischen Sender „La7“ äußert sich ein ehemaliger Profi der „Serie C“, der mittlerweile als Callboy arbeitet. Er stand bereits zahlreichen Profis der italienischen ersten Liga für Liebesdienste zur Verfügung und berichtet von seinen Erfahrungen.


    Auch der Frauenfußball findet ausführliche Berücksichtigung. Deutschlands 2 – malige Fußballerin des Jahres, Martina Voss, erzählt davon, wie sie nach Differenzen mit ihrer damaligen Lebensgefährtin Inka Grings von der Nationalmannschaft ausgeschlossen wurde. Heute ist sie Trainerin von UEFA-Cup-Finalist FCR Duisburg. Ihre beiden Leistungsträgerinnen – die aktuellen Nationalspielerinnen Inka Grings (eben jene, wegen der Martina Voss aus dem DFB-Team flog) und Linda Bresonik berichten über ihre extrem unangenehmen Erfahrungen mit der Boulevardpresse, als vor ein paar Jahren sehr private Details ihrer damaligen Beziehung an die Öffentlichkeit kamen. Erstmals nehmen damit aktuelle deutsche Nationalspielerinnen im Fernsehen zu ihrer homosexuellen Beziehung Stellung.


    Aljoscha Pause und sein Team begleiteten mit der Kamera ebenso den ersten DFB-Auftritt bei einem Christopher Street Day (Köln, Juli 2008), wie die Verleihung des „Tolerantia-Preises“ an Dr. Theo Zwanziger, Philipp Lahm und Deutschlands führende Aktivistin in Sachen Homosexualität & Fußball, Tanja Walther - die Präsentation des ersten Buches zur Thematik („Der Versteckspieler“) unter Mitwirkung von Ex-DDR-Jugendnationalspieler Marcus Urban und dem schwulen Präsidenten des FC St. Pauli, Corny Littmann, der deutlich macht, dass es auch in Deutschland Netzwerke schwuler Fußballprofis gibt und, dass Trainer Christoph Daum nach seinen Äußerungen des Vorjahres beim FC St. Pauli keine Zukunft gehabt hätte. Eine große Umfrage unter Bundesliga-Profis komplettiert die 60-minütige Dokumentation.


    Auszüge aus den Interviews:


    Christoph Daum (darüber, ob die Kritik an seinen Aussagen des Vorjahres gerechtfertigt war):
    „Ja, so wie ich interpretiert worden bin, 100% gerechtfertigt. Wenn man das, was mir eigentlich nie in den Sinn gekommen ist, auf diese Art und Weise interpretieren würde, dass ich Homosexuelle mit Pädophilen irgendwo in Verbindung bringe, dann würde ich mich auch dagegen wehren. Das ist mir in der Aussage, als ich die gemacht habe, nicht im Entferntesten in den Sinn gekommen.“



    Erwin Staudt (Präsident VFB Stuttgart) zum Thema Outing:„Ich war einigermaßen überrascht, als es in der Politik plötzlich zu diesen Outings kam und ich bin davon überzeugt, dass wir auch im Fußball irgendwann mal so ein Coming Out erleben werden. Aber ich glaube, die Zeit ist momentan noch nicht reif genug. Aber wir arbeiten dran!“



    Louis van Gaal
    „Als Trainer versuche ich immer den ganzen Fußballer zu sehen. Dabei achte ich auf Technik, Spielverständnis, Schnelligkeit und Persönlichkeit. Auf dieser Liste ist aber nicht von Bedeutung, ob er hetero oder schwul ist. Einem Trainer geht es um die Qualität eines Spielers. Und mir persönlich geht es auch um den ganzen Menschen. Die Sexualität ist zwar nur ein Aspekt davon, hat aber doch Einfluss auf alles. Das Wichtigste ist, dass man sich treu bleibt und sich nicht verleugnet. Wer das berücksichtigt, hat auch Erfolg. Und dazu gehört eben, dass man sagt, was man denkt und was man fühlt.“



    Luca Toni:„Wenn ein Mitspieler schwul ist, ist das seine Privatsache. Er soll machen, was er will. Es ist doch vollkommen egal, ob jemand schwul oder hetero ist. Wichtig ist, dass er seine Arbeit gut macht.“



    Quelle

  • Tabu-Thema


    Die Angst der schwulen Fußballer


    Von Frank Nägele und Till Müller, 12.11.09, 23:08h


    Nach dem Tod von Robert Enke will sich der DFB Tabu-Themen öffnen. Dazu gehört neben der Depression auch die Homosexualität im Profi-Fußball. Für Corny Littmann, schwuler Präsident des FC St. Pauli, ist die Zeit für das erste Outing noch nicht reif.


    KÖLN - Nach dem Tod des Nationalspielers Robert Enke will sich der deutsche Fußball Tabu-Themen wie der Krankheit Depression öffnen. „Der deutsche Fußball muss Antworten finden, warum junge Leistungssportler, die als Idole gelten, in solche Situationen kommen können", sagte Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, „wir wollen das Geschehene nicht oberflächlich aufarbeiten.“ Dass dies nicht einfach wird, zeigt das größte Tabu-Thema des Männer-Fußballs: Homosexualität. Bis zum heute hat sich noch kein deutscher Profi geoutet, aus Angst vor den Folgen.


    Andreas Rettig, DFB-Vorstandsmitglied und Mitglied im Vorstand des Deutschen Fußball-Liga (DFL), sagt im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Es ist heute kein Problem mehr, sich als deutscher Außenminister oder Bürgermeister einer Millionenstadt zu seiner Homosexualität zu bekennen, aber als Fußballer schon. Das ist ein Wahnsinn.“ Der Manager des FC Augsburg, von 2002 bis 2005 in gleicher Funktion beim 1. FC Köln tätig, wünscht sich, dass homosexuelle Fußballer den Weg an die Öffentlichkeit gehen, weiß aber genau um die Problematik: „Der Fußball begreift sich doch immer als Teil der Gesellschaft, der alle gesellschaftlichen Strömungen spürt, so wie jetzt wieder die Wirtschaftskrise. Es ist schwer einzusehen, dass es ausgerechnet beim Thema Homosexualität anders sein soll. Wir müssen dahin kommen, jeden für seine Persönlichkeit zu respektieren und persönliche Eigenheiten nicht als Makel zu begreifen. Aber ich weiß, dass beim Thema Homosexualität die Angst der Fußballer vor Repressalien extrem groß ist. Das macht mich traurig.“


    Corny Littmann, schwuler Präsident des FC St. Pauli, vertritt die Ansicht, dass die Zeit für das erste Outing noch nicht gekommen ist. „Ich kann jedem schwulen Fußballer nur davon abraten“, sagte Littmann 2008 in einer Talk-Runde und verwies auf die Mechanismen der kleinen, männlichen geprägten Welt dieses Sports. Das bestätigen auch Betroffene. Wenn, sprechen sie über ihre Homosexualität nur anonym, wie der Spieler einer Amateurmannschaft des Fußball-Verbandes Mittelrhein. In einem unserer Zeitung vorliegenden Interview beschreibt der Mann, der mit 16 einen Selbstmordversuch unternahm, seine Furcht vor dem Outing: „Vor allem aus Angst davor, in der Mannschaft und vom Trainer nicht mehr akzeptiert zu sein. Ich spiele leistungsbezogen Fußball. Es herrscht immer ein harter Konkurrenzkampf um Stammplätze. Die Homosexualität könnte immer als Waffe gegen mich verwendet werden. Im Fußball gibt es einfach dieses Männlichkeitsbild. Man muss kämpfen, man muss grätschen, man muss was ausstrahlen und die Mitspieler anbrüllen. Einem Schwulen traut man das leider nicht zu. Jeder Konkurrent hätte von Beginn an einen Vorteil mir gegenüber.“


    Als Menetekel gilt noch heute der tragische Fall des englischen Profis Justin Fashanu, der es 1990 als erster und bis heute einziger aktiver Fußballer gewagt hat, seine Homosexualität bekannt zu machen. Bereits als junger Profi war Fashanu, damals Stürmer bei Nottingham Forrest, von seinem Trainer Brian Clough vor der Mannschaft als „Schwuchtel“ beschimpft worden. Dem späteren Outing folgten Skandale, eine Pressekampagne, die Flucht in die USA, dort wurde Fashanu wegen angeblicher sexueller Übergriffe gegen einen 17-Jährigen angezeigt, aber nicht festgenommen. Nach einer öffentlichen Vorverurteilung erhängte sich der per internationalem Haftbefehl gesuchte Ex-Profi am 2. Mai 1998 im Alter von 37 Jahren. Eine gerichtliche Untersuchung am 9. September 1998 in London kam zu dem Ergebnis, dass es keinen gerichtlichen Haftbefehl gegen den Sportler gegeben hatte und auch die US-Polizei die Untersuchungen zwischenzeitlich wegen eines Mangels an Beweisen eingestellt hatte.


    St.-Pauli-Präsident Corny Littmann berichtet immer wieder davon, zu wissen, dass bekannte deutsche Fußballer homosexuell seien aber aus Angst vor Repressalien eine Fassade der Heterosexualität aufbauten. Littmann in einer Talk-Runde: „Es ist unglaublich, wie viel Energie sie darauf verwenden.“


    http://www.ksta.de/jks/artikel.jsp?id=1256136996786

  • 25.11.2009 | hs


    Konferenz zum Thema "Homophobie im Sport"

    Verbale Attacken und Vorurteile gegen Schwule und Lesben im Sport gehören immer noch zum Alltag. Das Fanprojekt nahm an der 7. Schnittstellenkonferenz Sport (-pädagogik) Jugendhilfe "Homophobie im Sport" in Hannover teil.

    "Ich würde nie mit Schwulen duschen" - dieses Zitat eines bekannten Sportlers zeigt, dass verbale Attacken und Vorurteile gegen Schwule und Lesben im Sport immer noch zum Alltag gehören. Im Fußball erfährt das Thema Homophobie durch das Engagement schwul-lesbischer Fanklubs (z.B. in Leverkusen durch die Bayer 04-Junxx) und Initiativen des Deutschen Fußball-Bundes seit einiger Zeit stärkere Aufmerksamkeit.

    Die 7. Schnittstellenkonferenz Sport (-pädagogik) Jugendhilfe, die am 24. November in Hannover stattfand, erweiterte zu diesem Thema den Fokus vieler Multiplikator/innen und Praktiker/innen aus Sport und Jugendhilfe, sowie auch an Interessierte aus anderen Bereichen.

    Erwartung von Toleranz und Akzeptanz

    Das von den Veranstaltern - u.a. der Deutschen Sportjugend - gewählte Thema "Homophobie im Sport" wurde durch eine kurze Diskussionsrunde, ein Referat und verschiedene Workshops bearbeitet. Der Grundtenor des gesamten Tages war hierbei, dass das Thema Homophobie immer noch ein Tabuthema ist und weiterhin auf Toleranz und Akzeptanz wartet. Diese kann nur erreicht werden, indem es immer wieder thematisiert wird und die- wie durch das Wort "Phobie" ausgedrückte- Angst, vor dem hier meist Unbekannten, genommen wird.

    Hier stehen die Sportvereine zum einen in der Verantwortung durch kontinuierliche Arbeit ein Umfeld für alle Beteiligten zu schaffen, in denen sie sich, unabhängig von ihrer Herkunft, Geschlecht, Religion oder auch sexueller Orientierung, wohl fühlen. Aber auch jeder Einzelne ist hier gefragt, sich nicht diskriminierend zu äußern, auch nicht im Stadion. Gerade hier wird der Ausdruck "schwul" oft als dazugehörig empfunden und Synonym, für "schlecht oder scheiße" genutzt.

    Basisarbeit gefragt

    "Ziel aller Beteiligten im Bereich der Fussballs muss die stetige Sensibilisierung des Themas sein", fasst Stefan Thomé vom Fanprojekt Leverkusen, der an der Konferenz teilnahm, zusammen. "Da helfen von oben angesetzte Kampagnen nicht alleine, hier ist vielmehr auch die Basisarbeit gefragt, wie z.B. direkte Ansprachen im Fanblock oder auch der Anstoss zur Selbstregulierung".

    Das Fanprojekt und die Fanbetreuung legen für interessierte Fans weiterhin an Spieltagen Flyer an der Fankiste zu diesem Thema aus. Weitere Informationen zum Thema gibt es unter http://www.kos-fanprojekte.de und http://www.queerfootballfanclubs.com.


    www.bayer04.de

  • Ich frag mich immer, was soll diese dauernde Gelaber über Fussballprofis, die sich nicht outen können?


    Wozu sollen die sich im grossen Stil outen? Geht doch kein Schwein was an, mit wem die in die Kiste springen.
    Wofür das relevant und wichtig ist, mag mir nicht wirklich einleuchten. Einzig und allein würden sich Zeitungen wie die Bild daran ergötzen...

    ... es ist egal woher du kommst,
    es ist wichtiger wohin du gehst,
    auf welcher Seite du dann stehst...

    Einmal editiert, zuletzt von MarcoSVB ()

  • Wobei es echt interessant ist, warum die ausgerechnet bei dem Thema halt machen...scheren sich doch sonst auch um nix...


    Ich glaube sogar, die Zeit für ein Outing wäre jetzt so "günstig" wie nie nach Enkes Tod, so zynisch das klingt.

  • Günstig? Wofür? Welcher Vorteil würde dadurch entstehen?
    Spielen die dann besser Fussball, weil sie jetzt dauernd etwas unterdrücken müssen?


    Mich interessiert das Privatleben der Spieler weniger als der berühmte Reissack in China. Was die fürn Auto fahren, wo die wohnen, was die poppen und wer die überhaupt in Wirklichkeit sind, find ich absolut sekundär. Geht auch niemanden was an.

    ... es ist egal woher du kommst,
    es ist wichtiger wohin du gehst,
    auf welcher Seite du dann stehst...

  • Zitat

    Original von Erik M.
    Wobei es echt interessant ist, warum die ausgerechnet bei dem Thema halt machen...scheren sich doch sonst auch um nix...


    Weil sie auf die Spieler angewiesen sind. Umgekehrt genauso. Von der Koks-Geschichte mit Daum damals hat auch fast jeder gewusst, aber erst nach der Hoeneß-Attacke war das ein öffentliches Thema. Die wissen viel mehr, als sie schreiben.

  • Zitat

    Original von BigB


    Weil sie auf die Spieler angewiesen sind. Umgekehrt genauso. Von der Koks-Geschichte mit Daum damals hat auch fast jeder gewusst, aber erst nach der Hoeneß-Attacke war das ein öffentliches Thema. Die wissen viel mehr, als sie schreiben.


    stimmt, und manchmal schreiben die sogar mehr als sie wissen

    Kevin Butler: "You can't believe everything you read on the internet. That's how World War 1 got started."

  • Zitat

    Original von MarcoSVB
    Günstig? Wofür? Welcher Vorteil würde dadurch entstehen?
    Spielen die dann besser Fussball, weil sie jetzt dauernd etwas unterdrücken müssen?


    Mich interessiert das Privatleben der Spieler weniger als der berühmte Reissack in China. Was die fürn Auto fahren, wo die wohnen, was die poppen und wer die überhaupt in Wirklichkeit sind, find ich absolut sekundär. Geht auch niemanden was an.


    Sehe ich im Grunde ganz genauso. Aber wir wissen beide, was die Medien draus machen würden...