Gute Zeit in Leverkusen gehabt

  • Am Freitagabend steigt das Derby zwischen dem 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen. Die Trainer sprechen über ihre Erwartungen und sind bemüht, die Emotionen nicht hoch kochen zu lassen. Christoph Daum, Ex-Trainer bei Bayer 04, sieht keinen Anlass, auf seinen ehemaligen Arbeitgeber einzuschlagen.

    KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Daum, am Freitagabend steigt das 52. Rheinische Derby. Was verbinden Sie mit einem Spiel in der BayArena gegen Ihren ehemaligen Klub?


    CHRISTOPH DAUM: Sie werden von mir jetzt nichts Reißerisches hören. Ich habe überhaupt keinen Grund, irgendetwas Negatives gegen Leverkusen zu sagen. Ich habe dort eine sehr, sehr gute Zeit gehabt, habe sehr viele wundervolle Erinnerungen. Jetzt bin ich für den 1. FC Köln tätig und setze meine ganze Erfahrung und mein ganzes Gefühl für den 1. FC Köln ein. Aber in meiner Leverkusener Zeit war ich natürlich mit Leib und Seele für Bayer 04 da. Es waren wunderbare Jahre, darum habe ich überhaupt keine Veranlassung, auf Leverkusen einzuschlagen.


    Sie haben allerdings erwähnt, Leverkusen habe Angst vor Köln. Das klang wie ein Angriff.


    DAUM: Das war aber nicht wie ein Angriff gemeint. Es ging dabei ausschließlich um die Suche nach Sponsoren. Leverkusen will die finanzielle Last auf mehrere Schultern verteilen, damit nicht immer nur das Werk alles bezahlen muss. Wenn wir hochkommen, uns weiterentwickeln und ein Investor plötzlich vor der Frage steht, ob er sich nun in Leverkusen engagiert oder in Köln, dann wird er vielleicht eher nach Köln gehen. In diesem Zusammenhang habe ich das Wort "Angst" benutzt. Vielleicht hätte ich sagen sollen, dass die Leverkusener in dieser Frage Bedenken haben.


    Grundsätzlich sehen Sie Leverkusen aber noch im Vorteil?


    DAUM: Leverkusen hat sich etwas Wunderbares erarbeitet. Sie haben eine tolle Mannschaft, sie wollen in Richtung Champions League gehen. Im Prinzip sind sie uns in vielen Bereichen noch ein ganzes Stück voraus. Das erkenne ich an.


    Allerdings steht Leverkusen nach dem achten Bundesliga-Spieltag nur zwei Punkte vor Köln. Haben Sie sich schon bewusst machen können, wie weit Sie in den vergangenen Wochen nach vorn gekommen sind?


    DAUM: Natürlich habe ich mir das bewusst machen können, schließlich weiß ich, dass eine Bundesliga-Saison ein Marathonlauf ist. Alle Etappenziele, die man erfolgreich absolviert, bringen dich dem großen Ziel ein Stückchen näher. Und dieses Ziel bleibt in unserem Fall ein Mittelfeldplatz. Ich kann das schon richtig einordnen. Ich weiß auch, dass wir noch in Situationen geraten werden, in denen wir einsehen müssen, dass wir uns weiter zu verbessern haben. Daher kann ich die aktuelle erfreuliche Entwicklung sehr realistisch einschätzen.


    Wie präsentieren Sie Ihrer Mannschaft den Umstand, dass Köln seit beinahe zwölf Jahren nicht mehr in Leverkusen gepunktet hat?


    DAUM: Was will man machen, wenn man in dieser Zeit sechs Jahre lang nicht in einer Liga mit denen gespielt hat? Was soll so eine Statistik?


    Es fehlte den Kölnern also bloß die Gelegenheit?


    DAUM: Die letzte Gelegenheit haben wir genutzt: im Testspiel in Köln. Seit Saisonbeginn steht Ihre Mannschaft besonders in der Defensive sicher. Leverkusen ist eine extrem offensiv ausgerichtete Mannschaft.


    Beruhigt es Sie, dass Ihre Stärken gut zu denen der Leverkusener passen?


    DAUM: Wir müssen unserer Mannschaft über die Leverkusener Stärken nur das Notwendigste mitteilen und uns auf unsere Stärken besinnen. Trotzdem ist es nicht so, dass wir in so ein Spiel gehen und sagen: "Unsere Abwehr steht gut." Wir müssen als Mannschaft angreifen und auch abwehren, ich darf im Spiel nicht so sehr zwischen Abwehr und Angriff unterscheiden. Ich sehe natürlich, dass unsere Abwehrspieler im Augenblick am Limit spielen im Vergleich zu einigen anderen Spielern, die hier und da noch Dinge liegen lassen. Was das Spiel in Leverkusen betrifft: Wir können da nicht hinfahren und einfach eine reine Abwehrschlacht veranstalten. Uns muss selbst einiges einfallen, damit die nicht ans Rollen kommen. Und uns muss es auch gelingen, gefährliche Angriffe aufzubauen und zum Abschluss zu kommen. Da kommt es auf die Balance an.


    Wie geht Ihr Verteidiger Pedro Geromel damit um, als junger Spieler bei einem neuen Verein gleich derart verehrt zu werden?


    DAUM: Äußerst sympathisch. Er wirkt nicht so, als wäre er über die Maßen stolz darauf. Was man mitbekommt, ist: Er fühlt sich sehr wohl hier und er freut sich, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Er hatte ja genug Angebote, zu anderen Klubs zu wechseln. Es hat sich für ihn in Köln sportlich wie auch von der Lebensqualität her sehr gut entwickelt. Er nimmt diese Lobeshymnen mit einem sympathischen Lächeln an und versucht, das auf dem Platz wieder zurückzugeben.


    Der Leverkusener Schlüsselspieler der bisherigen Saison ist der ehemalige Kölner Patrick Helmes. Hat Sie diese Entwicklung überrascht?


    DAUM: Ich habe vor der Saison auf die Frage nach dem Shootingstar der Saison gesagt: "Patrick Helmes." Da haben einige gelächelt. Aber ich hätte wer weiß was darum gegeben, ihn beim 1. FC Köln zu halten. Er ist sportlich und charakterlich ein Spieler, mit dem jeder Trainer gern zusammenarbeitet, den jeder gern in seiner Mannschaft hat, und der noch jede Menge Steigerungspotenzial hat.


    Ihr Leverkusener Kollege hat sich in der vergangenen Saison wie Sie durch die Zweite Liga gekämpft und nun nach seinem Wechsel zu Bayer 04 Erfolg in der Bundesliga. Wie nehmen Sie Bruno Labbadia wahr?


    DAUM: Wenn ich den 1. FC Köln verlassen hätte, hätte ich Bruno Labbadia als meinen Nachfolger vorgeschlagen. Ich halte ihn für einen sehr akribisch arbeitenden Trainer, der sowohl vom Fachlichen als auch vom Menschlichen her diese neue Trainergeneration vertritt: Er wird seinen Weg machen.


    Das Gespräch führte Christian Löer
    Ksta.de

    Mein Problem ist, dass ich immer sehr selbstkritisch bin, auch mir selbst gegenüber. (Andreas Möller)