VON UDO BONNEKOH
(RP) Die Enttäuschung von Karlsruhe ist verflogen. Die Tabellenführung vermittelt den Leverkusenern ein wohliges Gefühl. René Adler und Patrick Helmes sind überzeugt, dass dies nach dem Schalke-Spiel anhält.
Stefan Kießling hat sich nichts anmerken lassen. Scheinbar vergnügt strebte der lange Stürmer den Kabinen entgegen. Sagen aber wollte er partout nichts. Deprimiert, dass ihn, den Schlaks mit der gegenwärtig guten Form, wieder mal keine Einladung von Joachim Löw erreicht hat – im Gegensatz zu den Kollegen René Adler, Simon Rolfes und Patrick Helmes, die am Mittwoch gegen England im Kader stehen? Kießling hat ja in der Vergangenheit reichlich zum Thema Nationalmannschaft gesagt, ein verbaler Evergreen ist daraus geworden. Er wolle eben Leistung für sich sprechen und die Dinge auf sich zukommen lassen.
Trainer Bruno Labbadia findet es „natürlich schade“, dass der lange Franke keinen Zugang mehr findet in den nationalen Elitekreis, obwohl „er stark an sich gearbeitet hat und sich immer für unsere Mannschaft einsetzt, anderen die Räume öffnet“. Dann aber reicht es auch mit Labbadias Bedauern („Der Stefan soll die Nichtnominierung als Ansporn verstehen“), weil Bayers Coach das Bayer-Kollektiv im Sinn haben muss, zumal vorm Treffen mit Schalke (Samstag, 15.30 Uhr, BayArena). Und über die Gemeinschaft, die mit Berliner Hilfe über Nacht zum Spitzenreiter geworden ist, gibt es viel zu sagen.
„Dass wir Tabellenführer sind, ist in den Medien ein bisschen untergegangen“, sagt Labbadia, der gerne vom Genießen gewisser Situationen oder von Siegen redet, lächelnd. Das hatte wohl was mit dem 3:3 nach 3:0-Führung in Karlsruhe zu tun und mit der daraus resultierenden Enttäuschung. „Aber das“, bekräfigt der Bayer-Coach, „ist aufgearbeitet.“ In Videos zum Spiel mit allen negativen, aber auch positiven Sequenzen, und in Gesprächen. Die Einsicht scheint nicht nur bei René Adler eingekehrt, der stellvertretend fürs Team feststellt: „Karlsruhe hat uns gezeigt, dass eine Halbzeit gutes Spiel nicht reicht.“
Klar doch: Nachdem die Karlsruher Lektion verdaut ist, wollen sich die Leverkusener Genussmenschen weiter an ihrer herausragenden Position in der Bundesliga erfreuen, zumal da „wir sie im Moment mehr als nur berechtigt besetzen“ (Labbadia). Aber die Knappen aus Gelsenkirchen, die nach dem 1:2 gegen München nicht die fröhlichsten sind, stuft Bayers Trainer „vom Kaliber her wie Bremen, Stuttgart und Wolfsburg“ ein – nicht ganz so einfache Kundschaft also. Und wie ein an Lösungen tüftelnder Kommissar redet Labbadia, wenn er sagt: „Schalke, das ist ein schöner Fall.“
Mit Zweifeln am Fortbestand Leverkusener Wohlgefühls ist niemand belastet, schon gar nicht der Trainer: „Nur wegen einer schwachen Halbzeit in Karlsruhe habe ich den Glauben an die Mannschaft nicht verloren.“ Und René Adler beantwortet knackig die Frage, warum Bayer Spitzenreiter bleibe: „Weil wir Schalke schlagen.“