Wo Bayer die Bayern aussticht

  • Stars aus Südamerika? Leverkusen ist München da voraus. Jorginho, Zé Roberto, Sergio und Lucio spielten bei Bayer bevor sie bei Bayern anheuerten.


    MÜNCHEN - Wohin also begibt sich ein Fußballmanager, wenn er bestmöglich Brasilianer einkaufen will: Rio? Sao Paulo? Bayern hat mit einem anderen Ort gute Erfahrungen gemacht: Leverkusen.


    Wenn die Bayern am Samstag zum Bundesliga-Gipfel in die BayArena fahren, ist es für Zé Roberto und Lucio eine Rückkehr. Sie sind einst dort zu Bundesliga-Profis geworden, später erst zu Bayern-Superstars. Und auch am Samstag führt Bayer den Bayern wieder mal vor, dass das Südamerika-Scouting des Werksklubs offenbar besser funktioniert. Denn dann ist ein „Goldstück“ im Spiel, so nennt Bayer-Trainer Bruno Labbadia den jüngsten Südamerika-Import: Renato Augusto (20). Lucio kennt den Landsmann: „Dank Renato haben die wieder eine richtig starke Truppe beisammen.“


    Wie bloß kann es sein, dass Bayer so einen holt und der FC Bayern einen wie Julio dos Santos? Der war im Dezember 2005 aus Paraguay gekommen, Bayern gab ihm einen Vertrag bis 2009. Er sollte Nachfolger von Michael Ballack werden. Am Ende brachte es dos Santos auf fünf Bundesliga-Einsätze. Dann befand Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge lapidar: „Es hat keinen Sinn mehr gemacht.“ Dos Santos ist zuletzt gescheitert zurückgekehrt nach Südamerika. Ein Flop.


    Egal welches Talent die Bayern-Scouts aus dem Zuckerhut zauberten, entweder es verdarb früh (Bernardo, dos Santos), geriet in einen Entwicklungsstau (Mazinho, Ad.olfo Valencia, Roque Santa Cruz) oder genügte den Ansprüchen auf Dauer nicht (Paulo Guerreo). Der Argentinier Martin Demichelis packte es nach anfänglichen Schwierigkeiten.


    Und Bayer? Hat seit den Zeiten des lebenslustigen Managers Reiner Calmund (1989 bis 2004) ein verzweigtes Scouting-System in Südamerika ausgebaut, rund um Szenekenner Norbert Ziegler. Calli pflegte gute Kontakte zu Juan Figer, dem einflussreichsten Spielerberater Brasiliens. Zudem halfen oft zwei Umstände: Der Chemiekonzern Bayer ist in Brasilien als Marke bekannt und geschätzt. Zweitens: Nachdem erste Exil-Kicker wie Tita und Jorginho in Leverkusen zu gut verdienenden Topstars gereift waren, fanden sich schneller Talente, die nachzogen.


    Den Renato-Transfer zuletzt wickelte Bayer-Manager Michael Reschke ab. Nur durch ein kompliziertes Vertragskonstrukt mit einer Investorengruppe, die Teile der Transferrechte an dem Spieler besitzt, konnte Bayer den Kauf bewerkstelligen. So mussten die Rheinländer für Renato Augusto (Vertrag bis 2014, Bayer besitzt bis 2011 alleinige Transferrechte) anteilsmäßig sechs Millionen Euro zahlen.


    Später kann er ja mal zu Bayern. Als Europa-Neuling ist man in Leverkusen wohl besser Das glaubt auch der brasilianische Ex-Bayernstar Giovane Elber, der einst den Umweg über Stuttgart nahm: „Bei einem Verein wie Bayern würde Renato die Zeit dazu nicht haben. In Leverkusen passt das besser.“ rke, am


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