Martin Kind will 50+1 Regel abschaffen

  • Sehr interessantes Thema.


    Die 50 + 1 Regel verhindert, dass Investoren mehr als 50 % Anteile von Fußballvereine bekommen. (Quelle: u.a. WZ vom Wochenende)


    Herr Kind (Hannover 96) ist dafür - weiterhin der Meinung, dass wir dann wieder eine Chance haben, die europäischen Wettbewerbe für uns zu entscheiden und zu England, Spanien, Italien aufschließen.


    Ich bin strikt dagegen, für viele Vereine wäre es der finanzielle Ruin!!!


    Was ist Eure Meinung dazu???

  • Zitat

    Original von Viererkette
    Deniz,


    das Thema ist schon einige Wochen alt. Kind erhofft sich doch nur seinen Provinzclub ins Rampenlicht zu führen. Das ist alles. Für die Bundesliga wäre es das Ende !


    Deswegen bin ich ja u.a. auch dagegen!!! Und Martin Kind ist mit dem Thema noch nicht durch - also immer noch aktuell!!!

    NORTHERN LIGHTS - nördlichster Bayer 04 Fanclub der Erde

    Einmal editiert, zuletzt von MAXREGENWURM ()

  • Zitat

    Original von MAXREGENWURM
    Was ist Eure Meinung dazu???


    schwer abzugrenzen. Eigentlich dagegen. Aber Wolfsburg und wir gehören quasi Investoren, Hoffenheim hängt am Tropf von Hopp. Solange man mit derlei Positionen verantwortungsvoll umgeht: in Ordnung. Ich denke auch, dass es in allen drei Fällen nicht nur reine Investments sind. Aber wenn ich mir den FC Liverpool angucke, dann ist das ein Musterbeispiel, was Investoren alles bewirken können. Da wird ein Stadionneubau geplant, das Viertel rund um die Anfield Road verfällt mehr und mehr, weil man dafür Häuser aufkaufen musste etc. pp. und was passiert? Die Herren Investoren verkrachen sich, verspekulieren sich und es gibt kein neues Stadion. (was ich bzgl. der Anfield Road auch gut finde...) Chelsea, ManCity etc. pp. verkommen doch auch alle mehr und mehr zu persönlichen Spielbällen. Nein, das will ich alles nicht.

  • Zitat

    Original von Erik M.


    schwer abzugrenzen. Eigentlich dagegen. Aber Wolfsburg und wir gehören quasi Investoren, Hoffenheim hängt am Tropf von Hopp. Solange man mit derlei Positionen verantwortungsvoll umgeht: in Ordnung. Ich denke auch, dass es in allen drei Fällen nicht nur reine Investments sind. Aber wenn ich mir den FC Liverpool angucke, dann ist das ein Musterbeispiel, was Investoren alles bewirken können. Da wird ein Stadionneubau geplant, das Viertel rund um die Anfield Road verfällt mehr und mehr, weil man dafür Häuser aufkaufen musste etc. pp. und was passiert? Die Herren Investoren verkrachen sich, verspekulieren sich und es gibt kein neues Stadion. (was ich bzgl. der Anfield Road auch gut finde...) Chelsea, ManCity etc. pp. verkommen doch auch alle mehr und mehr zu persönlichen Spielbällen. Nein, das will ich alles nicht.



    Genau davor habe ich Angst, dass irgendein Investor seine Lust an seinem Hobby "Bundesligaverein" verliert und ihn wie ein Spielzeug wegwirft.


    Es sollte in meinen Augen niemand die alleinige Entscheidungsgewalt in einem Sportverein haben...

    NORTHERN LIGHTS - nördlichster Bayer 04 Fanclub der Erde

    Einmal editiert, zuletzt von MAXREGENWURM ()

  • 1860 München


    Hoeneß sieht Anfang vom Ende


    Erstellt 04.02.09, 17:22h


    Nach dem spektakulären Machtwechsel beim TSV 1860 München sieht Bayerns Manager Uli Hoeneß erste Auflösungserscheinungen. Die neuen Investoren, die den gebeutelten Traditionsklub retten sollen, hätten einfach kein Herz für die Sache.


    MÜNCHEN - Nach dem spektakulären Machtwechsel beim Fußball-Zweitligisten 1860 München sieht Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß den "Anfang vom Ende" für den Stadtrivalen gekommen. "Mein Bauch sagt mir, dass das, was da zurzeit passiert, der Anfang vom Ende für 1860 München ist", sagte Hoeneß der tz. Am Dienstag war der bisherige Geschäftsführer Stefan Reuter bei den Löwen beurlaubt, ein privater Investor präsentiert und Miroslav Stevic als Sportdirektor installiert worden.


    Dass der Ex-Profi Stevic und der Investor Nicolai Schwarzer, ein Berliner Immobilien-Unternehmer, den finanziell schwer angeschlagenen Verein wieder auf eine solide Basis stellen, glaubt Hoeneß nicht.


    "Solche Investoren, die kein, wirklich keinerlei Herz in so einer Sache haben, bedeuten den Anfang vom Ende", sagte der Manager: "Sechzig hat ja immer von den Emotionen gelebt, von seinen Fans, von der tiefen Verwurzelung des Vereins in der Stadt und im Land. Wenn jetzt Geschäftemacher kommen, um sich einzukaufen, dann sagt mir mein Bauch: Das ist der Anfang vom Ende. In ein paar Jahren werden wir uns wieder sprechen."


    Auch an Stevic, der von 1994 bis 1998 für die Löwen 104 Bundesligaspiele absolvierte, ließ Hoeneß kein gutes Haar: "Ich glaube nicht, dass der jetzt gerade Herzblut da drin hat. Der hat eher ein paar Euro-Zeichen im Herzen."


    Dass der Verein, der derzeit in der 2. Bundesliga auf Platz elf steht und nur fünf Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz hat, die ambitionierten Aufstiegspläne bis 2010 realisieren kann, zweifelt Hoeneß an. "Ob die mit dieser Maßnahme irgendwann aufsteigen, ist doch sehr, sehr, sehr fragwürdig", meinte der 57-Jährige.


    Investor Schwarzer erklärte unterdessen, dass er zwar den Fußball möge, sein Engagement bei 1860 allerdings auf Rendite angelegt sei. "Ich hoffe aber vor allem, damit Geld zu verdienen", sagte der 35-Jährige der Tageszeitung Die Welt. Über die Vertragslaufzeit, aber auch die Höhe der Investitionen wollten sich die Löwen nicht äußern. Spekuliert wurde zuletzt über rund sieben Millionen Euro.


    Bayerns Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge nahm unterdessen den düpierten Reuter in Schutz. "Für Stefan Reuter tut es mir leid, er kann nichts dafür. Er hätte sicher gern den einen oder anderen Transfer gemacht, aber wenn nichts zum Investieren da ist, ist nichts da. Die Situation ist kein Versagen von Stefan Reuter, sondern ein Versagen der Vergangenheit, die den Verein in diese finanzielle Problematik getrieben hat."


    Der 42 Jahre alte Reuter, Weltmeister von 1990, sollte nach der Inthronisierung von Stevic zum Sponsoren-Beauftragten degradiert werden. Das kam für Reuter aber nicht in Frage. Dass damit die Personalrochaden bei den Sechzigern beendet sind, ist allerdings unsicher. Denn Trainer Marco Kurz arbeitet zunächst auf Probe.


    "Aus dem jetzigen Blickwinkel ist es schwer zu beurteilen, wie er bisher gearbeitet hat, weil ich nicht die Möglichkeit hatte, ihn im Tagesgeschäft zu beobachten. Ich werde deshalb erst mein Urteil abgeben, wenn ich das selbst gesehen habe und weiß, ob die Eigenschaften da sind, die wir jetzt bei 1860 brauchen", erklärte Stevic im DSF. Er schätze Kurz als Mensch aber sehr. Zu Spekulationen um mögliche Nachfolger wollte sich der Serbe nicht näher äußern.


    Kurz ging am Mittwoch gelassen mit dem Druck auf seine Person um. "Das ist ganz normal in dem Geschäft. Die Leidenschaft muss am Sonntag erkennbar sein, sonst greifen die normalen Mechanismen auch beim Trainer", sagte der Coach am Rande der Vorstellung der bis zum Saisonende ausgeliehenen Antonio Rukavina vom Bundesligisten Borussia Dortmund und Nikola Gulan vom AC Florenz. Am Sonntag treten die Löwen beim Tabellendritten Mainz 05 an. (sid)


    http://www.ksta.de/jks/artikel.jsp?id=1233586085628

  • Kollmann-Interview


    „Ich liefere das Gerüst“


    Von Christian Löer und Karlheinz Wagner, 04.02.09, 22:01h


    Tobias Kollmann hat ein Thesenpapier entwickelt, das die Einflussnahme externer Geldgeber bei Bundesliga-Vereinen regulieren soll. Im Interview spricht der BWL-Professor über Heuschrecken, Dietmar Hopp und sinnvolles Investment.


    KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Professor Kollmann, bislang ist es Investoren nach der „50+1-Regel“ nicht möglich, die Mehrheit an einem Fußballklub zu erwerben. Sie haben ein Konzept entwickelt, nach dem auch ein Investment ohne Mehrheitsbeteiligung sinnvoll sein kann. Über diesem Konzept, das hat zum Beispiel Bayer-04-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser am Montag gesagt, brüten DFL und Klub-Vorstände. Was steht darin?


    TOBIAS KOLLMANN: Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass die Diskussion um Mehrheit oder nicht am Ziel vorbei geht. Es gibt bereits die Werksklubs in Wolfsburg und Leverkusen, für die die 50+1-Regel nicht gilt. Dann haben wir das Beispiel Hoffenheim, wo Dietmar Hopp den Verein auch mit einer 49-Prozent-Beteiligung führt. Das sind Beispiele dafür, dass sich Investoren auch in Zeiten der 50+1-Regel intensiv engagieren. Und wir haben aktuell den Fall von 1860 München.


    Dort hat ein Investor einen vergleichsweise geringen Betrag eingebracht und trotzdem die sportliche Führung austauschen können.


    KOLLMANN: Da ist das Investment gleich auf die operative Ebene durchgeschlagen, ohne dass jemand die Mehrheit am Verein erworben hätte. Es geht gar nicht um Mehrheiten, deshalb habe ich dieses Papier geschrieben, aus dem hervorgeht, wie eine sinnvolle Einbindung von Investoren aussehen kann. Natürlich ist 50+1 der Aufhänger, aber drängender ist die Frage, wie man einen Interessens-Ausgleich zwischen dem Verein, seinen Fans, dem Investor und der Liga finden kann. Dazu liefere ich ein Gerüst.


    Der Fall von 1860 München würde also Ihrem Konzept widersprechen?


    KOLLMANN: Bei mir ist die Gewaltenteilung ein zentrales Thema. Die Rechte eines Investors müssten sich auf einen Platz in einem Aufsichtsgremium oder einen Sitz in einem Dreier-Präsidium beschränken.


    Sie wollen die Abhängigkeit des Vereins begrenzen?


    KOLLMANN: Einerseits ja. Man darf sich aber auch nicht vertun: Natürlich besteht eine Abhängigkeit vom Geld des Investors. Geld schießt vielleicht keine Tore, aber es bereitet sie vor. Investoren können für die Finanzierung von Vereinsvorhaben eine gute Rolle spielen. Aber nur, wenn man sie fair und für alle transparent einbindet.


    Ihr Konzept sieht auch vor, Investoren zu überprüfen.


    KOLLMANN: Es müssen klare Regeln aufgestellt werden, und die DFL sollte die Einhaltung dieser Regeln überwachen. Außerdem sollte es einen Muster-Beteiligungsvertrag geben, unter dem die Aufnahme eines Investors verwirklicht werden kann. Am Ende wollen schließlich alle einen erfolgreichen Verein haben. Keiner der Beteiligten kann ein Interesse daran haben, eine andere Partei zu benachteiligen, weil dadurch das Gesamtgefüge aus den Fugen gerät und Wertvernichtung geschieht. Man muss alle Beteiligten einbinden und mit Hilfe von Regeln sicher stellen, dass kein Heuschrecken-Effekt einsetzt.


    Können Sie einen Heuschrecken-Effekt im Fußball beschreiben?


    KOLLMANN: Der klassische Heuschrecken-Effekt ist heute billig kaufen und morgen teurer verkaufen. Und das möglichst schnell und mit möglichst hoher Rendite. Abgesichert dadurch, dass man schon aus dem laufenden Geschäft des Vereins die Gewinne abschöpft.


    Welche Mittel hat ein Verein gegen Heuschrecken?


    KOLLMANN: Eine so genannte Lock-up-Periode würde festlegen, wie lange ein Investor seine Anteile halten muss. In meinem Papier schlage ich sieben Jahre vor, um dem Verein die Sicherheit zu geben, mögliche Rückkauf-Optionen langfristig planen zu können. Außerdem geht es darum, die Ausschüttung der Vereinsgewinne zu limitieren. Damit es keine 100-Prozent-Mitnahme gibt. Es geht darum, Investoren zu finden, die ein moralisches, emotionales und strategisches Interesse am Verein haben; ihn wirklich nach vorn bringen wollen. Wobei klar ist, dass am Ende eine Rendite herausspringen muss. Aber nicht, indem die Substanz ausgelutscht wird. Sondern indem Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer allgemeinen Wertsteigerung führen. Die gibt es aber nur, wenn der Verein das gleiche Ziel hat und der Fan nicht das Gefühl hat, dass er es ist, der für die Rendite sorgen muss. Daher sehe ich auch vor, einen Fan-Beirat zu installieren. Alle müssen einander kennen - alle müssen einander vertrauen.


    Ein arabischer Staatsfonds oder ein russischer Oligarch wäre demnach nicht nach Ihrem Geschmack?


    KOLLMANN: Es kommt auf die Motive an. Wenn da nur jemand ist, der sich im Jetset einen Namen machen will, weiß ich nicht, ob das der beste Weg ist. Man muss klar fragen: Wer ist das? Was will der? Und wie will der wieder raus?


    Was würde für einen anständigen Investor den Unterschied ausmachen zwischen 50+1 oder nicht?


    KOLLMANN: Mit einer Mehrheit von 50 Prozent plus einer Stimme könnte er beispielsweise entscheiden, den Verein an die Börse zu bringen, wenn die Satzung das hergibt. Es gibt aber auch Einfluss unterhalb der Mehrheitsgrenze. Denn es ist ja klar: Wenn ich im großen Stil bei einem Verein einsteige und anschließend das Management austausche, bekomme ich jede Entscheidung auch so. Deswegen ist die Sorge vor einem Wegfall der 50+1-Regel unbegründet. Denn im Prinzip kann ein Investor schon heute alles gestalten.


    Wenn jemand beim 1. FC Köln mit 30 Millionen Euro einstiege, würde er damit zwar deutlich weniger als die Hälfte der Anteile erwerben. Aber er würde sich Kompetenzen zusichern lassen.


    KOLLMANN: Er würde jedenfalls nicht den Scheck auf den Tisch legen und sagen: „Nehmt es und werdet glücklich.“ Er würde Forderungen stellen. Losgelöst vom 1. FC Köln müsste sich ein Investor klar darüber werden, ob er der jeweiligen Vereinsführung vertraut. Denn im Fußball besteht die Gefahr des Abstiegs, und wenn ein Verein in die Dritte Liga abrauscht, ist das Investment weg.


    Ist der Abstieg eine Sollbruchstelle ihres Konzepts?


    KOLLMANN: Überhaupt nicht. Und zwar deswegen nicht, weil Investoren ihr Kapital als Risiko-Kapital ansehen. Und Risiko bedeutet: Es kann sein, dass dieses Geld verloren geht oder eine Wertsteigerung nicht stattfindet. Das ist bei jedem Investment so. Investoren wissen, dass man einen Bänderriss oder einen Schuss an den Pfosten nicht vorhersehen kann. Das ist aber das gleiche, als würde ich in eine Firma investieren und eine Patent-Anmeldung nicht durchbekommen. Oder ich verliere einen großen Kunden oder in meinem Produkt finden sich gesundheitsgefährdende Stoffe. Das ist Investoren bewusst.


    Was macht den Fußball in der Finanzkrise interessant?


    KOLLMANN: Bei Fußballvereinen geht es nicht um die reine Rendite. Ich kaufe mir auch Marketing-Effekte ein, die meine Marke, meine Produkte, - vielleicht sogar mich selbst - bundesweit bekannt machen können. Wenn ich mich im Fußball engagiere, erhalte ich Effekte, die es mit einem reinen Investment an der Börse nicht erreiche.


    Das Gespräch führten Christian Löer und Karlheinz Wagner


    http://www.ksta.de/jks/artikel.jsp?id=1233584023575

  • Zitat

    Original von Grimaudino
    "Solche Investoren, die kein, wirklich keinerlei Herz in so einer Sache haben, bedeuten den Anfang vom Ende", sagte der Manager:


    Investor Schwarzer erklärte unterdessen, dass er zwar den Fußball möge, sein Engagement bei 1860 allerdings auf Rendite angelegt sei. "Ich hoffe aber vor allem, damit Geld zu verdienen", sagte der 35-Jährige der Tageszeitung Die Welt.


    Hoeneß hat leider sowas von Recht...natürlich ist Fußball Business. Aber einen Verein kaufen, um Geld zu verdienen? Da ist mir ja der Hopp sympathischer. Ich könnte kotzen.

  • stern.de - 5.2.2009 - 12:40


    Fußball-Bundesliga


    Klassenkampf


    Von Wigbert Löer und Mathias Schneider


    Ausgerechnet in der Wirtschaftskrise probt ein Bundesligaklub die Revolution - und will den Fußball für Investoren öffnen. Bei den Rivalen geht die Angst um, dass sich auch in Deutschland das Spiel dem Großkapital ausliefert.


    Es ist fast nicht zu glauben, aber er meint das ernst. "In der Bundesliga wird die Krise nicht im großen Stil einschlagen", sagt Wolfgang Holzhäuser. Die weltweite Wirtschaftskrise, vor der sie in Italien zittern und in Frankreich, die sogar die große Premier League in England schüttelt - sie soll den deutschen Fußball kaum treffen? Allenfalls ein paar Logengäste und Kleinsponsoren könnten sich von Deutschlands erster Liga abwenden? Holzhäuser, Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, lehnt sich entspannt zurück. Er sagt: "National sind wir gut aufgestellt."


    Ob in Stuttgart, Frankfurt oder Bielefeld, in fast allen Vereinen erntet man ein Schulterzucken, wenn man nach der Angst vor dem Absturz fragt. Die Lage sei ernst, aber kein Grund zur Panik. Eine ganze Branche scheint im Auge des Wirbelsturms zu sitzen, immun gegen dessen zerstörerische Kraft. Man würde sich kaum wundern, wenn demnächst der FC Bayern der taumelnden Hypovereinsbank aushälfe, statt Geld vom Werbepartner zu erhalten. Es könnte so schön sein.


    Doch es in der Bundesliga herrscht alles andere als Einigkeit. Selten zuvor in ihrer 35-jährigen Geschichte hat die Konkurrenz jenseits des Rasens so hart miteinander gefochten. Nicht weniger als ein Klassenkampf ist ausgebrochen, und ausgelöst haben ihn ausgerechnet jene drei Mannschaften, die in der Hinrunde attraktiven Offensivfußball vortrugen: 1899 Hoffenheim, Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg. Die Teams besetzen die Tabellenplätze eins, fünf und neun, stehen erst am Anfang ihrer Entwicklung, wollen möglichst schnell in die Champions League. Selbst Leverkusen, eigentlich längst etabliert, wird plötzlich wieder als Gefahr wahrgenommen. Denn mit der Qualifikation zum europäischen Topwettbewerb würden die Klubs erfolgsgewöhnten Rivalen wie Werder Bremen Einnahmen in Höhe von mindestens 20 Millionen Euro wegschnappen. Ein mächtiger Batzen wäre das, und für manche Vereinsbosse eine ziemliche Ungerechtigkeit.


    Ungleiche Voraussetzungen
    Sie ärgern sich, weil da Teams mit Macht und Ausdauer nach ganz oben drängen, die vom VW-Konzern (Wolfsburg), vom Chemieriesen Bayer (Leverkusen) oder von SAP-Gründer Dietmar Hopp (Hoffenheim) alimentiert werden. Sie fürchten, von der Potenz der Hochfinanz erdrückt zu werden. Und denken nicht daran, schweigend zuzuschauen. "Stellen Sie sich vor, auch Wolfsburg und Hoffenheim kommen in die Champions League, das wünscht sich keiner ernsthaft für die Bundesliga", sagt Eintracht Frankfurts Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen. Der Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke warnt, das Trio mit den Großressourcen werde auf Dauer allenfalls noch Bayern München fürchten. Traditionsklubs wie Schalke, Dortmund, Hamburg oder Stuttgart, "die ihr Geld sauer verdienen", hätten dann keine Chance mehr auf eine Champions- League-Platzierung. "Aber welche Vereine", fragt Watzke, "sorgen denn für den Boom in der Liga? Wo sind die Stadien voll? Wo kochen Emotionen? Wo verkauft das Fernsehen seine Abos, verdient es das Geld, das es den Klubs zahlt?"

    Watzke, 49, findet, alte Schlachtrösser wie seine Borussia müssten vor Klubs wie Leverkusen und Hoffenheim geschützt werden. Er ist dafür, dass Traditionsvereine einen größeren Teil der TV-Gelder kassieren. Bislang werden die nach Erfolg verteilt. Hamburgs Vorstandschef Bernd Hoffmann sieht "die Gefahr, dass die Liga zu einer Konzernliga wird. Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit der großen Vereine wahren".


    Der Klassenkampf ist in vollem Gange. Von jeher verbieten die Statuten der Deutschen Fußball Liga (DFL) den Vereinen, ihre Macht in die Hände fremder Geldgeber zu legen. Doch überall sonst in Europas Spitze ist dies anders (siehe Grafik). Während etwa in England Klubs wie Gebrauchtwagen erworben und wieder verhökert werden, ist es Bundesligisten nicht gestattet, eine Mehrheit der Anteile an Unternehmen, Hedgefonds oder Privatpersonen zu verkaufen. Das sogenannte 50+1-Gesetz, nach dem 51 Prozent des Klubvermögens im Besitz des Vereins bleiben müssen, verbietet dies. Auch Borussia Dortmund, einzige Aktiengesellschaft in der Bundesliga, ist mehrheitlich in Klubhand. BVB-Boss Watzke findet, dass Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim die Regel "legitimiert außer Kraft setzen". Ein Kollege, der den offenen Konflikt noch scheut, spricht mit Blick auf Hoffenheim gar vom "Sündenfall schlechthin": ein gewöhnlicher Verein, bei dem de facto ein Mäzen die Kontrolle ausübt. Über Leverkusen und Wolfsburg allerdings, beide in Konzernhand, das gibt der Funktionär zu, könne sich niemand beschweren. "Wir haben alle gemeinsam vor Jahren beschlossen, dass die mitspielen dürfen."


    Einer, der jetzt die Re volution will und sie bereits anführt, ist Hannovers Präsident Martin Kind; der Hörgerätefabrikant plant, die 50+1-Vorgabe zu kippen. Nur mit frischem Kapital, sagt Kind, 64, könne sein Verein Topstars verpflichten - und so endlich mal dem ewigen Abstiegskampf entfliehen. Dass Traditionsklubs wie Borussia Dortmund oder auch Schalke 50+1 nicht abschaffen wollen, schreckt Kind nicht: "Ich habe den Eindruck, dass solche Vereine die Klassengesellschaft zementieren wollen. Wir aber wollen nicht nur Staffage spielen."


    Entscheidungsgewalt abgeben müssen
    Die Angst, der Fußball werde wie in England zum Spekulationsobjekt für russische Milliardäre oder Scheichs, teilt er nicht. Kein Verein könne schließlich einfach so feindlich übernommen werden, "jeder entscheidet selbst, wem er sich anvertraut". Bei Hannover 96 stünden bereits Geldgeber aus der Region bereit. Weitere Sponsoren denken laut Kind darüber nach, ihre Einlagen zu erhöhen. Einfluss auf die sportlichen und wirtschaftlichen Geschicke fordern die Investoren jedoch. Wer Millionen bereitstellt, will mitmischen.


    Einige Wochen bleiben Kind, um bis zur nächsten DFL-Versammlung bei den 35 anderen Profivereinen für seine Sache zu werben. Um den Gegnern eine Brücke zu bauen, schlägt er einen Kompromiss vor: Er will 50+1 abschaffen, gleichzeitig aber jedem Investor strenge Auflagen machen. Nur langfristige Engagements sollen gestattet und damit Spekulanten abgeschreckt werden. Ein strenges Prüfungsverfahren ist angedacht. Seine Bonität muss das Unternehmen nachweisen, geht es in die Insolvenz, fallen seine Einlagen an den Verein zurück. Mindestbeträge sollen verhindern, dass sich Klubs unter Wert verkaufen.


    In der Bundesliga sind dem Vernehmen nach Hertha BSC Berlin und Eintracht Frankfurt an Mehrheitsbeteiligungen von Großunternehmen interessiert. Auch die Zweitligisten 1860 München, Wehen und Ingolstadt sind Kandidaten. Hartmut Zastrow, Chef des Forschungs- und Beratungsunternehmens "Sport und Markt", schätzt, dass die Hälfte der Erstligisten im Falle neuer Statuten über andere Besitzverhältnisse nachdenken würde. "Und ich glaube sofort, dass auch ein Markt für die da ist. Käufer zu finden wird kein Problem sein." Christian Schneider von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche stimmt ihm zu: "Es gibt sicherlich Unternehmen aus der Finanzbranche, die einen Deal im Fußballmarkt finanzieren wollen." Den potenziellen Investoren gehe es dabei weniger darum, eine hohe Rendite aus ihrem eingesetzten Kapital zu erzielen, sondern vielmehr über den sportlichen Erfolg zum Beispiel ihr Image zu verbessern.


    Es mutet paradox an, dass sich der Fußball auf der Suche nach Geldquellen ausgerechnet jetzt einem Kapitalmarkt anvertrauen will, von dessen Krise er derzeit verschont bleibt, weil er sich zuvor eine Öffnung versagt hatte. Beim Marktführer England drohen Traditionsklubs wie West Ham und Newcastle mit den Verlusten ihrer Kapitalgeber ins Abseits zu schlittern. Nur ein astronomischer TV-Vertrag und hohe Eintrittspreise sorgen im internationalen Vergleich noch für einen Vorteil der Spitzenvereine Manchester, Liverpool oder Chelsea. Öffnet nun auch der deutsche Fußball Investoren ganz die Tür, könnte das gewaltige Folgen haben.


    "Das gäbe ein Rattenrennen"
    Wenn die Konkurrenz neue Stars verpflichtet, müsste jeder Manager ebenfalls neues, teures Personal kaufen, um im Wettbewerb mitzuhalten. Gerade kleine Klubs wären versucht, sich in der Not windigen Anlegern in die Arme zu werfen. "Das gäbe ein Rattenrennen, und am Ende würden Vereine wie Hannover wieder dort stehen, wo sie jetzt stehen", warnt Schalkes Geschäftsführer Peter Peters, der auch Vizepräsident der DFL ist. "Wir hätten dann eine Kapitalisierung des Fußballs, die uns an die Grenze der Glaubwürdigkeit unseres Sports bringen würde." Peters ist sich sicher: "Wir machen damit die Büchse der Pandora auf." Aus der kam bekanntlich alles Unheil dieser Welt.


    Fortsetzung :

  • Fortsetzung :


    Fußball-Bundesliga


    Klassenkampf


    Die Gefahr ist in der Tat groß, dass am Ende Profis und Berater ihre Taschen noch praller füllen, während die Klubs Schuldenberge in dreistelliger Millionenhöhe anhäufen, wie sie heute bereits in England, Italien und Spanien zu beklagen sind. In Leverkusen und Wolfsburg hoffen sie dennoch, dass die Schranken bald fallen, schon um endlich selbst nicht mehr als kalte Konzernwalzen zu gelten. "Das 50+1-Gesetz wird nicht dauerhaft bestehen bleiben", glaubt Leverkusens Wolfgang Holzhäuser, der eine Öffnung unter Auflagen anstrebt: "Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie." Felix Magath, Trainer und Manager in Wolfsburg, ist "grundsätzlich gegen Reglementierungen. Der Markt regelt das". Stimmt er den Dortmundern zu, die ihn dank VW im Vorteil sehen? Magaths Stimme wird lauter. "In der Liga hat doch jeder andere Voraussetzungen. Bei Dortmund gehen jede Woche 80.000 ins Stadion, bei uns nicht mal die Hälfte. Ich fordere ja auch nicht, dass die uns die Differenz der Einnahmen überweisen." Eine wirkliche Wettbewerbsgleichheit könne es ohnehin nicht geben.


    Hoffenheims Manager Jan Schindelmeiser hat "nichts gegen eine Öffnung". Der Klub wird sich allerdings in der Diskussion zurückhalten. Man trage alle Entscheidungen mit, erklärt Jochen Rotthaus, Geschäftsführer des Vereins. Auch der große FC Bayern hätte kein Problem, Großinvestoren in der Bundesliga zuzulassen, zehn Prozent der Anteile hat man 2002 bereits für 77 Millionen Euro an Adidas verkauft - für sich selbst lehnt man eine Übernahme allerdings ab. Die Münchner haben sich in die Vereinssatzung geschrieben, dass alle Mehrheit bei den Mitgliedern liegen muss.


    Auf Kosten der Solidarität
    Ob sich unter den 36 DFL-Klubs sofort die notwendige Zweidrittelmehrheit findet, um das Gesetz zu kippen, ist fraglich. Der Vorstand des Ligaverbandes hat sich bereits offiziell gegen jede Änderung ausgesprochen. Präsident Reinhard Rauball warnt: "Der Solidaritätsgedanke könnte infrage gestellt werden, wenn Gruppierungen in den Profifußball drängen, die vor allem Gewinn abschöpfen wollen. Das könnte die Zweite Liga besonders treffen, sie wird durch die Zentralvermarktung beim Fernsehvertrag von der Ersten Liga subventioniert. Es ist zweifelhaft, ob ein Investor Interesse an der Zentralvermarktung hat." Auch zwei Drittel der Delegierten aus dem Amateurlager müssten auf dem Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes für die Änderung votieren. Die stehen der Kommerzialisierung des Sports traditionell skeptisch gegenüber.


    Sollte die Liga sich sperren, droht Hannovers Martin Kind bereits unverhohlen, vor Gericht zu ziehen. Mit Hilfe des prominenten Ludwigsburger Sportanwalts Christoph Schickhardt würde er sofort Klage einreichen: "50+1 behindert die Freiheit des Kapitalverkehrs und das Recht jedes Beteiligten zur Nutzung seines Entwicklungspotenzials", sagt Schickhardt. "Es muss gelingen, vorhandenes Geld in die Bundesliga fließen zu lassen. Wenn einer bereit ist, in den Fußball zu investieren, muss er es in Deutschland tun." Die Chancen einer Klage stünden gut, suggerieren Rechtsgutachten. Dass ein Rechtsstreit sich womöglich über Jahre hinzieht, schreckt Kind nicht. "Ich hoffe, dass wir zügig zu einer Entscheidung der Vernunft kommen." Für manchen klingt das wie eine Drohung.

    stern-Artikel aus Heft 06/2009

  • Zitat

    ..........
    Felix Magath, Trainer und Manager in Wolfsburg, ist "grundsätzlich gegen Reglementierungen. Der Markt regelt das".


    Wie das dann ablaufen kann, hat man ja bei der WW-Krise gesehen, deren Konsequenzen bislang noch garnicht ganz absehbar sind :LEV7 Andererseits ist es schon ein wenig kurios, wenn BVB-Watzke auf die Anliegen von sogen.Traditionsvereinen hinweist, die in der Vergangenheit mit Geld um sich geschmissen haben und/oder ihren Laden wie ne Tante Emma-Bude geführt haben. Der HSV hat sich gerade erst bei seinem de Jong-Transfer die Kassen vollgemacht mit Kohle, die von äh.. Exzentrikern auf der Insel verblasen wird. Jeder möchte dabei halt sein Süppchen mitkochen, auch der Herr Kind aus Hannover. Das Konzept von Prof. Kollmann (& Herrn Holzhäuser?) könnte letztlich auf sowas wie einen "Mittelweg" des kontrollierten Investments hinauslaufen.

  • mmh, eigentlich ist hoeneß ja n arschloch aber die aussagen gefallen mir :bayerapplaus


    der kollmann-plan könnte sicher ein guter mittelweg sein, aber: welcher investor kauft sich denn einen bundesliga-verein,wenn er dann solche anforderungen erfüllen muss, anstatt sich dann weiter in england zu bedienen? das sollte auf jeden fall international einheitlich reglementiert sein