Leverkusen geht vor der Winterpause die Puste aus. Die momentane Situation erinnert frappierend an die vergangene Spielzeit.
München - Es hätte ein rauschendes Fest werden können - wurde es aber nicht.
Anstatt auf der Vereins-Weihnachtsfeier beschwingt eine starke Hinrunde ausklingen zu lassen, blasen Leverkusens Akteure Trübsal.
Das 1:1 gegen Cottbus hat Bayer im Kampf um die Meisterschaft einen schweren Schlag versetzt.
Die Werkself wurde durchgereicht, überwintert sogar noch hinter der "grauen Maus" Hertha und dem Hamburger SV auf Platz fünf (Ergebnisse und Tabelle) .
"Das 1:0 war für uns erst eine Erlösung. In der letzten Minute dann den Ausgleich zu kassieren, ist so bitter", sagte ein sichtlich konsternierter Stefan Kießling nach Spielende.
Gedanklich waren die Spieler wohl schon auf der Weihnachtsfeier, als Cottbus' Edelreservist Jiayi Shao (Spielerporträt) praktisch mit dem Schlusspfiff zum 1:1 einnickte und Leverkusen aus allen Träumen riss.
"Wir haben uns selbst um den Lohn gebracht, in der Schlussphase nicht die Reife gehabt. Das ist ein grausames Ergebnis", resümierte Trainer Bruno Labbadia.
Der bärenstarke Saisonstart, als Leverkusen mit Spielfreude und Hochgeschwindigkeitsfußball die Konkurrenz regelrecht deklassierte und Fußball-Deutschland verzauberte, hat einige Kratzer abbekommen.
Aus den letzten vier Spielen holte Leverkusen nur vier von möglichen zwölf Punkten, schenkte gegen die Abstiegskandidaten Bielefeld und Cottbus fünf Zähler her. Einem Champions-League-Anwärter oder gar Meisterschaftskandidaten steht eine derartige Bilanz nicht gut zu Gesicht.
Auch vergangene Saison spielte die Mannschaft unter Ex-Coach Michael Skibbe lange um die internationalen Plätze mit, ehe eine lange Negativserie die Werkself sogar noch aus den UI-Cup-Rängen beförderte - und Skibbe seinen Job los war.
Sechs Wochen hat Bayer-Trainer Bruno Labbadia nun Zeit, seine Spieler moralisch wieder aufzurichten, ihnen das Selbstvertrauen und die Spielfreude zurückzugeben.
Pikant: Das nächste Pflichtspiel steht für Bayer am 28. Januar im DFB-Pokal auf dem Programm - ausgerechnet gegen Energie Cottbus.
Es dauert also lang, bis Leverkusen die Scharte wieder auswetzen kann: "Wir haben fest eingeplante Punkte liegen lassen. Die müssen wir uns in der Rückrunde schnellstmöglich wieder zurückholen", fordert Sportchef Rudi Völler.
Leverkusen ist die Leichtigkeit vom Saisonstart sichtlich abhanden gekommen.
Mit steigender Erwartungshaltung wächst auch der Druck. Ein Druck, dem die blutjunge Elf (zum Kader) noch nicht komplett Stand halten kann. Die Bayer-Bubis sind noch in der Lernphase: "In der Schule sitzt man ja auch mehr als zehn Jahre. Das geht nicht in sechs Monaten," so Kießling.
Fraglich nur, ob Lehrmeister Labbadia derart viel Geduld aufbringt.
Während sich Leverkusen vom Schock erst noch erholen muss, herrscht in Cottbus Erleichterung über den Punktgewinn. Durch das Remis sind die Lausitzer auf Relegationsrang 16 geklettert.
"Das Resultat ist fantastisch, der Punkt ein schönes Weihnachtsgeschenk", sagte Cottbus-Coach Bojan Prasnikar mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht.
Die Gäste kämpften über 90 Minuten unaufhörlich, agierten höchst diszipliniert und setzten - vermutlich auch zur eigenen Überraschung - des Öfteren Akzente in der Offensive.
Die Moral innerhalb des Teams scheint intakt, selbst durch den Zwist um das Bulgaren-Duo Angelov und Rangelov ließen sich die Gäste die gute Laune nicht vermiesen. "Wichtig ist die Mannschaft, nicht einzelne Spieler", meinte Prasnikar lakonisch.