Ressort Thüringensport
Erschienen am 16.12.2008 00:00
Nationaltorhüter Rene Adler über ein turbulentes Jahr und seine Ambitionen, bei der Weltmeisterschaft 2010 im Tor zu stehen
Erfurt – Für Fußball-Nationaltorhüter Rene Adler (22) geht ein aufregendes Jahr zu Ende. Wir nutzten am Sonntag die Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem besonnenen Bundesliga-Profi von Bayer Leverkusen, der als Pate bei der Präsentation der Clemens-Fritz-Stiftung in Erfurt weilte.
Sie hätten Ihren ersten Urlaubstag auch anders verbringen können als hier in Thüringen mit Autogramme schreiben und Interviews geben. Weshalb unterstützen Sie Ihren Auswahl-Kollegen so aktiv?
Rene Adler: Wir sind gute Freunde und als Clemens bei mir anfragte, war es eine Selbstverständlichkeit, dass ich mich arrangiere. Wir stehen dank unseres Berufes auf der Sonnenseite des Lebens und werden dafür sehr ordentlich bezahlt. Davon sollte man einiges zurückgeben.
Warum gründen Sie nicht selber eine Stiftung?
Rene Adler: Darüber habe ich schon nachgedacht, doch ich bin noch etwas zu jung dafür. Irgendwann wird es aber etwas Derartiges geben. Ganz sicher.
Woher rührt die Freundschaft zu Clemens Fritz?
Rene Adler: Aus gemeinsamen Zeiten in Leverkusen. Wir waren damals beide zeitgleich verletzt und haben so manche Stunde zusammen in der Reha verbracht. Clemens, der sechs Jahre älter ist als ich, hat mir damals das eine oder andere beigebracht. Leider spielt er jetzt nicht mehr bei uns.
Wie verbringen Sie die wohl verdienten Urlaubs- und Feiertage bis zum Jahreswechsel?
Rene Adler: Heute bleibe ich eine Nacht in Erfurt. Wir treffen uns noch am Abend mit anderen Fußball-Kollegen, wollen gemütlich über den Erfurter Weihnachtsmarkt bummeln und ein paar Glühweine trinken. Am Dienstag fliege ich für eine Woche mit meiner Freundin nach New York. Weihnachten werde ich dann zu Hause in Leipzig bei meinen Eltern und mit meinem Bruder feiern. Das ist für mich als Familienmensch der passende Rahmen, das Jahr Revue passieren zu lassen.
Wie fällt Ihr Fazit heute aus?
Rene Adler: Es war schon eine sehr turbulente Zeit. Vom Frühjahr sind mir noch die UEFA-Cup-Spiele gut in Erinnerung. Wir konnten uns ja als Siebter leider nicht wieder für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren und man merkt erst jetzt so richtig, was einem da fehlt. Zwar waren die Spiele und Reisen anstrengend, doch das ganze Flair, die fremden, neuen Städte, die man dabei kennenlernt, das vermisse ich schon. Im Sommer war die Europameisterschaft für mich ein Meilenstein, obwohl ich keine einzige Minute gespielt habe. Dann kam ein neuer Trainer nach Leverkusen, der frischen Wind reingebracht hat. Dennoch finde ich, dass wir in der Hinrunde insgesamt unter den Erwartungen geblieben sind. Jeder einzelne Spieler sollte sich da hinterfragen. Wir haben mehr Potenzial und müssen unser Anspruchsdenken verändern. Platz fünf ist angesichts der Schwankungen, die viele Vereine in der ersten Halbserie gezeigt haben, einfach zu wenig. Nur der Angriff auf die Tabellenspitze kann unser Ziel für die Rückrunde sein.
Aber Sie rangieren doch nur drei Punkte hinter dem Spitzenduo?
Rene Adler: Ja, aber es war für uns deutlich mehr möglich, gerade in den letzten vier Wochen. Obwohl wir nicht international spielen, sind wir etwas müde geworden und haben gegen Karlsruhe, Bielefeld und Cottbus viele Punkte unnötig verschenkt.
Bei Ihrer Rückschau haben Sie Ihren Aufstieg bis zum Nationaltorhüter nicht erwähnt. Bewusst?
Rene Adler: Nein. Aber das Alltagsgeschäft mit Bayer Leverkusen beschäftigt mich momentan mehr. Natürlich waren meine ersten Länderspiele der Höhepunkt in diesem Jahr.
Mit welchen persönlichen Zielen gehen Sie 2009 an?
Rene Adler: Fußball ist bekanntlich ein sehr schnelllebiges Geschäft. Es geht ständig rauf und runter. Deshalb möchte ich da auch nicht zu konkret werden. Ich will mich stetig weiterentwickeln, jeden Tag, Schritt für Schritt.
Wer wie Sie einmal die Nummer 1 im Auswahltor war sollte aber den Anspruch haben, diese Position zu verteidigen.
Rene Adler: Sicherlich habe ich den. Doch die Situation ist für mich völlig neu. Es ist schon eine gewisse Drucksituation, die von den Trainern bewusst so ausgerufen wurde. Ich muss lernen, damit umzugehen. Ich versuche dabei, nur auf mich zu schauen und meine Leistung zu bringen. Bis zur Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika vergeht noch viel Zeit und der beste Torhüter wird dann im Tor stehen. Es ist für mich eine Herausforderung, denn Kampf um die Nummer 1 mit den Besten auszufechten, und ich bin überzeugt, dass ich es schaffen kann.
Mit Timo Hildebrand kehrt just ein Konkurrent nach Hoffenheim in die Bundesliga zurück, den sie vor der EM aus dem Kader gedrängt haben. Wie sehen Sie seinen Wechsel?
Rene Adler: Ich schätze prinzipiell jeden Kollegen, er ist mit dem VfB Stuttgart immerhin Deutscher Meister geworden. Und die Zeit in Valencia war für ihn, wenngleich er nur selten gespielt hat, sicherlich sehr lehrreich. Seine Rückkehr ist auf alle Fälle eine Bereicherung für die Liga.
Interview: Thomas Sprafke
[URL=http://www.freies-wort.de/sport/sport/thueringensportfw/art2491,910366]Quelle[/URL]