Zdebel wechselt nach Leverkusen
Der beim Bundesligisten VfL Bochum ausgemusterte Kapitän Thomas Zdebel wechselt zum Liga-Konkurrenten Bayer Leverkusen. Der 35-Jährige erhält bei der Werkself erst einmal einen Vertrag bis Saisonende.
LEVERKUSEN - Das Fußball-Geschäft steckt voller Wendungen, die niemand vorhersehen kann. Dass Bayer 04 Leverkusen am 7. Januar 2009 die Verpflichtung des Bochumer Kapitäns Thomas Zdebel vermelden würde, war so eine Unvorhersehbarkeit. Diese Personalie lag noch vor wenige Tagen jenseits aller Fantasie. Ein Spitzenteam, das Wert auf Jugend legt, holt sich einen Mittdreißiger von einem Abstiegskandidaten. Möglich wurde das, weil die Situation bei den als eher friedliebend bekannten Bochumern eskalierte. Zdebel fiel in Ungnade, fand sich im Oberliga-Team wieder und sollte den Verein verlassen. Bayer 04 sah den 35-Jährigen Mittelfeldspieler als kurzfristige Alternative mit Erfahrung und verpflichtete ihn erst einmal bis Saisonende, eine Verlängerung um ein weiteres Jahr gilt als wahrscheinlich. Gleichzeitig wurde Jens Hegeler (20) bis 2010 an den Zweitligisten FC Augsburg ausgeliehen. „Da sind zwei Dinge zusammen gekommen“, erklärt Bayer-Manager Michael Reschke, „und für uns ergibt das alles einen Sinn. Unser Kader bleibt bei 24 Mann und die Aktion war relativ kostenneutral. Die Situation in Bochum war eben ein wenig speziell.“
Mit Leistung hatte die Degradierung des 35-Jährigen dort wenig zu tun. Offensichtlich war der Kapitän intern ein großer Kritiker des Trainers Marcel Koller, der sein Team in den 17 Spielen der Vorrunde nur zu einem Sieg und elf Punkten geführt hat. Gegen den Vorwurf, ein Intrigant gewesen zu sein, wehrt sich der Mann mit der bewegten Fußballer-Vita (RW Essen, 1. FC Köln, Lierse SK, Genclerbirligi Ankara, seit 2003 VfL Bochum) vehement. Er fühlte sich „betrogen und benutzt“, fürchtete um seinen Ruf. Plötzlich findet er sich beim Tabellenfünften der Bundesliga wieder, dessen Stammteam ein Durchschnittsalter von 23 Jahren aufweist. Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser erwartet durch ihn „eine sofortige Verstärkung unseres Kaders“. Natürlich wird Zdebel im extrem stark besetzten Bayer-Mittelfeld keinen Stammplatz erobern. Die Fantasie der sportlichen Führung geht wohl eher da hin, dass ein solch gestandener Spieler bei Einwechslung stabilisierend wirkt und Unfälle wie das 1:1 gegen Energie Cottbus, das nach schwer erkämpfter Führung in der Nachspielzeit fiel, unwahrscheinlicher werden.
Die andere Seite des Deals ist, dass der junge Jens Hegeler in Augsburg die Spielpraxis sammeln kann, die ihm bei einem Spitzenteam der Bundesliga nicht gewährt wird. „Wir sind sehr dankbar, dass Trainer Bruno Labbadia seine Zustimmung gegeben hat“, sagt FCA-Manager Andreas Rettig, der den talentierten Defensivspieler schon im Sommer haben wollte. Damals war Leverkusen in der Defensive durch die Verletzung von Lukas Sinkiewicz selbst eher klamm, deshalb kam das Leihgeschäft erst jetzt zustande. Bei den Schwaben hat der Rheinländer gute Chancen, Einsatzminuten und Erfahrungen zu sammeln, denn dort ist die halbe Abwehr verletzt.
Auch Thomas Zdebel macht neue Erfahrungen - nach mehr als 380 Profi-Spielen. Der solide, erfahrene Kämpfer findet sich zum ersten Mal in seiner Karriere in einem Team mit höchsten Ansprüchen wieder. Gestern Nachmittag trainierte Zdebel bereits in Leverkusen, heute Morgen fliegt er mit dem Team ins Trainingslager nach Belek in die Türkei, wo bei 18 Grad die Sonne scheint. Und das alles, weil ihn sein vorheriger Arbeitgeber wegen angeblicher Unbotmäßigkeit rausgeworfen hat. Der Fußball ist eben unvorhersehbar.
quelle: Leverkusener Anzeiger