Von Frank Hellmann
Die im nächsten Jahr deutlich verkürzte Winterpause sorgt in der Fußball-Bundesliga für Unmut. Die Regeneration komme zu kurz, heißt es. Oder dem Fan sei es im Winter zu kalt. Mediziner finden dagegen auch Argumente für eine kürzere Pause.
Es ist beinahe beängstigend, wie gut die Fußballer von Bayer Leverkusen in Form sind. Im Trainingslager im türkischen Belek arbeitete die Mannschaft so intensiv und temporeich, dass gelegentlich von nebenan die Kicker des Karlsruher SC staunend herüber sahen. Auch in den Testspielen gegen Galatasaray Istanbul (3:1), Bursaspor (3:1) und FSV Frankfurt (6:0) machte die Mannschaft einen so guten Eindruck, dass Labbadia-Vorgänger Michael Skibbe ins Schwärmen geriet: "Die sind bereits topfit."
Winterpause mit Tradition
Solche Komplimente gibt Labbadia an seine medizinische Abteilung und die übrigen Betreuer weiter - zum Beispiel an Holger Broich. "Wir haben detaillierte Pläne für den systematischen Trainingsaufbau zusammengestellt", erklärt der Leistungsdiagnostiker, der morgens beim so genannten Stabilisationstraining, einer Einheit um die Muskulatur zu kräftigen, das Wort führte.
Labbadia, Broich und die anderen Betreuer werden dazu in Zukunft nicht mehr so viel Zeit haben. Denn die Winterpause der Spielzeit 2009/2010 schrumpft von fast sieben auf weniger als vier Wochen zusammen. DFL und DFB haben sich geeinigt, dass die Hinrunde erst am 19./20. Dezember 2009 endet, die Rückrunde beginnt dann bereits am 15. Januar 2010. Das war schon einmal anders: 1987 und 1988 dauerte die Pause stattliche 76 Tage.
"Entscheidung bei 35 Grad"
"Man kann den Spielern um die Weihnachtstage nur noch vier, fünf Tage frei geben", erklärt Labbadia und Broich ergänzt: "Und muss dann vor Silvester wieder anfangen, damit der Substanzverlust nicht zu groß wird." Ob ein Trainingslager wie jetzt in der Türkei abgehalten werden kann, ist fraglich.
Gegen die Verkürzung, von DFB und DFL zunächst als Testlauf verkauft, läuft dann auch einige Liga-Prominenz Sturm. "Die Herren machen immer die Entscheidungen am 18. August, wenn es 35 Grad hat und denken nicht daran, wie es im Winter wird", meckerte unlängst Bayerns Manager Uli Hoeneß.
Gegen die geistige Müdigkeit
Auch der Rahmenterminplan von UEFA und FIFA bereite Probleme, erklärt Rudi Völler: "Nächste Saison ist das Champions-League-Endspiel an einem Samstag, dadurch reißt man allen Ligen zur besten Spielzeit im Mai einen Spieltag weg. Es ist ja eigentlich ein Wahnsinn, dass den halben Mai und den ganzen Juni nicht gespielt wird." Das könne im Januar ein großer Reinfall werden. "Es kann mir keiner erzählen, dass es bei dieser Witterung Spaß macht, im Stadion zu sitzen. Da verstehe er jeden Zuschauer, der zu Hause bleibt", schimpft Völler.
In Deutschland bleiben müssen künftig wohl auch die südamerikanischen Bundesliga-Fußballer. Bei nicht mal einer Woche Urlaub lohnt sich die weite Heimreise kaum. "Das wird ein großes Problem", ahnt Labbadia, der wie viele Trainer-Kollegen die Verknappung nicht gut heißt. "Es gibt ja auch eine geistige Müdigkeit, von der man sich erholen muss."
Meinungswechsel bei den Ärzten
Gleichwohl sind die Bedenkenträger wie der einstige Chefarzt der deutschen Nationalmannschaft, Wilfried Kindermann, nicht mehr so laut. Er hatte stets betont, dass die Winterpause eine hervorragende Möglichkeit biete, die Kondition aufzufrischen und kleine Blessuren und Verletzungen auszuheilen. Die freie Zeit sei für Gesundheitsvorsorge und Leistungsoptimierung unerlässlich.
Diese Meinung ist in Medizinerkreisen nun nicht mehr vorherrschend. Im Gegenteil. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfarth, Koryphäe beim FC Bayern, glaubt, dass eine lange Erholungspause im Sommer ausreicht. Dem stimmt auch Holger Broich von Bayer Leverkusen zu: "Von der Trainingssteuerung ist die kürzere Winterpause kein Problem. Von der Physis wird das für die Spieler einfacher. Aber wie sich das auf die Psyche auswirkt, muss man abwarten."
Stand: 27.01.2009, 08:00 Uhr