LEVERKUSEN: Bundesligisten standen Schlange
Am vorigen Donnerstagmorgen wählte Uli Hoeneß die Nummer Michael Reschkes. Der Bayern-Manager erinnerte seinen Leverkusener Kollegen an ein Gespräch vor acht, neun Monaten. Bayer hatte damals den Bayern signalisiert: „Wenn irgendwann Toni Kroos ausgeliehen werden soll, dann stehen wir bereit. Denkt bitte zuerst an uns!“ Diese Situation war nun da. „Wenn Ihr euch schnell entscheidet“, so Hoeneß zu Reschke, „dann sehen wir Kroos in Leverkusen.“
Reschke unterrichtete sofort Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Sportchef Rudi Völler. In der folgenden Besprechung, zu der auch Trainer Bruno Labbadia stieß, wurde sofort die Zusage beschlossen, Kroos (19) für anderthalb Jahre auszuleihen. In die Vereinbarung ließen die Münchner jedoch verankern, dass sie den Spieler bereits nach dieser Saison zurückholen können – falls er sich entsprechend entwickelt oder sich personelle Engpässe ergeben. Völler äußerte sich in jedem Fall gegenüber den Bayern „dankbar, dass sie diesen Transfer mit uns gemacht haben. Außerdem sind wir stolz, dass solch ein Spieler nur zu uns will“.
Kroos, dem wegen eines Bänderanrisses, den er am 2. Januar beim Joggen erlitt, die komplette Vorbereitung fehlt, gilt als Alternative zu Renato Augusto oder Barnetta. Als offensive Variante hinter den Spitzen sieht man ihn bei Bayer eher nicht. Das heißt: Sollte Vidal ausfallen, würde eher Renato Augusto in die Zentrale vor Rolfes rücken und Kroos auf die rechte Seite. Einen Freifahrtschein wird der prominente Last-Minute-Neuzugang also nicht bekommen. Und es gibt im Vertrag auch keine festgeschriebene Garantie für Einsätze.
Diese Aussichten haben bei einem Treffen am Donnerstagnachmittag Labbadia, Völler und Reschke Kroos aufgezeigt. An diesem Montag wird der bisherige Bayern-Spieler mit der 39 zur Bayer-Mannschaft stoßen – und dort seine neue Rückennummer erhalten. Ob sie in München die 10, als die ihn Hoeneß einst perspektivisch sah, für ihn reservieren?
Der Manager ist noch immer überzeugt von Kroos’ außergewöhnlichem Können. „Wenn ich das nicht wäre“, sagt er, „hätten wir ihn verkauft.“ Das wäre „längst“ möglich gewesen. Es meldeten sich ausreichend Interessenten, für einen vorübergehenden wie für einen definitiven Transfer, die Bremer, die Stuttgarter, die Berliner, die jedoch aus wirtschaftlichen Gründen passen mussten, wie Dieter Hoeneß seinem Bruder, ebenfalls in einem Telefonat am Donnerstag, mitteilen musste. Leverkusen sei letztlich aber „bewusst“ ausgesucht worden, so Uli Hoeneß, „wir wollten ihn an einen Verein ausleihen, der ähnlich spielt wie wir, nämlich nach
vorne“.
F. LUSSEM/ K. WILD
Quelle: kicker-Printausgabe vom 02.02.09