Freundliche Übernahme mit Kölsch und Fortuna-Euros

  • Altbierglas und Kopfschmerztablette – das war in dieser Kombination ein etwas eigenwilliger Willkommensgruß, den sich die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen ausgedacht hatten. Befürchtet da etwa jemand einen Düsseldorfer Kater? Eigentlich sollte es ja genau um das Gegenteil gehen bei der Veranstaltung im Düsseldorfer Medienhafen – nämlich darum, wie der Bundesligaklub seinen Umzug 50 Kilometer rheinabwärts, von der heimischen in die Düsseldorfer Fußballarena, nicht nur kurzfristig verdauen, sondern dauerhaft zum eigenen Vorteil nutzen will. „Wir müssen unser Verbreitungsgebiet erweitern“, sagte Meinolf Sprink, Bayers Kommunikationschef, über seinen Klub, der im Vergleich mit den konkurrierenden rheinischen Größen immer noch über eine eher schmale Fan-Basis verfügt.


    Für ein halbes Jahr geht Bayer ins Düsseldorfer Exil – freiwillig, weil die BayArena derzeit runderneuert wird; sie gleicht in diesen Tagen eher einer „Bau-Arena“, in der an Fußball nicht zu denken sei, wie Sprink sagte. Am vergangenen Mittwoch gewannen die Leverkusener bei ihrer Düsseldorfer Premiere 3:1 im DFB-Pokal gegen Cottbus (siehe auch: 3:1 gegen Cottbus: Leverkusen gewinnt „Abenteuer“ in Düsseldorf). So richtig ernst wird es aber erst an diesem Samstag, wenn es gegen den VfB Stuttgart in der Bundesliga um Punkte geht (15.30 Uhr / Live bei Premiere und im FAZ.NET-Bundesliga-Liveticker). Mit mehr als 30.000 Zuschauern rechnet Bayer – und würde schon damit im fremden Stadion einen Vereinsrekord aufstellen; mehr als 22.500 passten nicht in die „alte“ BayArena hinein.


    Um in der Stadt der Werber die gewünschte Aufmerksamkeit zu erzielen, investierte Bayer laut Sprink einen „bedeutenden sechsstelligen Eurobetrag“ in eine Anzeigenkampagne. „Henrique samt Clique in Düsseldorf“, heißt es auf den Plakaten zum Beispiel. Das mag etwas hausbacken klingen – doch angesichts der großen Empfindlichkeiten in der Region legten die Bayer-Verantwortlichen Wert darauf, das fremde Territorium nicht allzu aggressiv zu bestürmen.


    „Es gab Anrufe, ob wir vorhätten, Düsseldorf zu erobern“, sagte Sprink. Die zurückhaltende Botschaft solle vielmehr lauten: „Guckt mal Erstligafußball und entscheidet dann.“ Als verbindende nachbarschaftliche Geste führt Bayer einen „Fortuna-Euro“ für jede verkaufte Eintrittskarte an die Jugendabteilung des Düsseldorfer Traditionsklubs ab.
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    Knapp zwölf Jahre ist es her, dass in der Landeshauptstadt zuletzt Erstliga-Fußball zu sehen war. Gerade einmal 11.000 Zuschauer kamen damals noch ins alte Rheinstadion zum 1:1 der Fortuna gegen den Hamburger SV, mit dem eine große Tradition bis auf weiteres abriss. Ungefähr genauso wenige sind es in dieser Saison bei den Drittliga-Heimspielen der Fortuna in der inzwischen hochmodernen, 51.000 Zuschauer fassenden Arena.


    Für die ist das Leverkusener Gastspiel also allemal eine willkommene Belebung, doch auch aus Bayer-Sicht könnte sich das Düsseldorfer Intermezzo lohnen. „Wir werden keinen Verlust machen“, sagte Sprink auch mit Blick auf die Pokalauslosung, die Bayer ein Heimspiel gegen Bayern München beschert hat.


    Doch für Bayer geht es um mehr als nur den kurzfristigen Gewinn – es geht um langfristige Kundenbindung. „Wir wollen versuchen, aus Düsseldorf den einen oder anderen mitzubringen“, sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Und meinte damit nicht nur den Fan in der Kurve, sondern vor allem auch betuchte Geschäftskunden. In diesem Bereich nämlich, erläuterte Holzhäuser, könnte sich die aktuelle Wirtschaftskrise schmerzhaft – und für Bayer zur Unzeit – bemerkbar machen. 800 Business-Kunden hat Bayer in dieser Saison, in der neuen BayArena sollen es bis zu 2400 werden. Doch Holzhäuser befürchtet jetzt schon, „dass es dabei Schwierigkeiten geben wird“.


    Kein Wunder also, dass alles getan wird, um den Umzug für alle Beteiligten so angenehm wie möglich zu gestalten. Den eigenen Fans teilte man sogar mit, wo sie auf dem Weg nach Düsseldorf mit Radarfallen zu rechnen hätten. Obendrein entschloss man sich, das aus der BayArena vertraute Kölsch statt des Düsseldorfer Alt auszuschenken – nicht auszuschließen allerdings, dass das manchem Lokalpatrioten unter den erhofften Neukunden Kopfschmerzen bereitet.


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