kicker: ,,Wir kommen mit den Bayern-Sprüchen gut klar“

  • Der Hit am Freitag: Hoffenheim empfängt Leverkusen. Der kicker traf die Nationalspieler SIMON ROLFES (27) und ANDREAS BECK (21) zum Schlagabtausch.


    kicker: Herr Beck, Herr Rolfes, schon am Freitag stehen Sie sich mit Hoffenheim und Leverkusen im Spitzenspiel der Bundesliga gegenüber. Hatten Ihnen da Ihre Vereinstrainer befohlen, sich bei der Nationalelf ja nicht zu verausgaben?
    Andreas Beck: Nein, es gab keine Ansagen. Wahrscheinlich ist es dem Klub in so einem Fall aber am liebsten, wenn man möglichst kurz eingesetzt wird. Für mich war es toll, dass ich mein Debüt in der Nationalmannschaft geben konnte.
    Simon Rolfes: Es ist eine Gratwanderung, ganz klar. Aus Vereinssicht ist das Spiel am Freitag extrem wichtig. Aber für mich persönlich ist auch jeder einzelne Länderspieleinsatz sehr wichtig. Schließlich stehe ich vor der Herausforderung, in der Nationalmannschaft bis zur WM den nächsten Schritt zu schaffen.
    kicker: Was halten Sie überhaupt von der Ansetzung der Top-Partie nur 48 Stunden nach einem Länderspiel?
    Rolfes: Grundsätzlich finde ich es gut, so eine Begegnung am Freitagabend anzusetzen. Aber ausgerechnet in einer Länderspielwoche sollte die DFL schon darauf achten, dass es nicht unbedingt Klubs mit vielen Nationalspielern trifft.
    Beck: Da kann ich nur zustimmen. Es geht für beide Vereine um sehr viel. Und wer frischer ist, hat letztlich die besten Chancen, sich durchzusetzen. Vielleicht ist das am Freitag unser Vorteil, weil von uns weniger Spieler unterwegs waren.
    kicker: Sehen Sie Leverkusen überhaupt noch als Konkurrenten um den Titel, Herr Beck?
    Beck: Bayer gehört zu den Titelaspiranten. Wir wollen uns im oberen Drittel festsetzen. An der Spitze ist alles sehr eng, und es gibt mehrere Teams, für die alles möglich ist.
    kicker: Der Rückrundenstart deutet allerdings eher auf den üblichen Einbruch hin, Herr Rolfes.
    Rolfes: Mit einem Punkt bisher können wir nicht zufrieden sein. Aber: Unser Ziel ist der internationale Wettbewerb. Und da befinden wir uns im grünen Bereich. Wir müssen manches eben wieder verbessern.
    kicker: Was konkret?
    Rolfes: In den entscheidenden Situationen wieder cleverer sein: Die Torchancen eiskalt nutzen. Und den Gegnern das Toreschießen
    nicht mehr so einfach machen.
    kicker: Das Problem hatte Hoffenheim diese Saison auch schon. Zum Beispiel beim 2:5 in Leverkusen ...
    Beck: Stimmt. Aber trotz allem war das ein wichtiges Spiel für uns, genau wie das 4:5 in Bremen. Das war lehrreich, weil wir vor Augen geführt bekamen, woran wir arbeiten müssen. Und es ist uns danach gelungen, uns zu festigen.
    kicker: Hoffenheim wie Leverkusen stehen für „schönen“ Fußball. Wird der auch am erfolgreichsten sein?
    Rolfes: Ich denke, man ist am erfolgreichsten, wenn man auf seine ureigenen Stärken setzt. Das ist bei uns das Spielerische. Was größtmögliche Konsequenz ja nicht ausschließt.
    Beck: Ich finde es hilfreich, wenn man mehrere Stilmittel zur Verfügung hat. Wir haben es zuletzt ja auch mal auf etwas andere Art
    versucht, weg vom reinen Kombinationsspiel, und haben lange Bälle eingestreut. Das empfinde ich nicht als Schwäche, im Gegenteil. Was dann in welcher Situation am besten ist, entscheidet der Trainer.
    kicker: Beim Thema „Titel“ nehmen die Hoffenheimer eine Abwehrhaltung ein. Warum eigentlich?
    Beck: Wir sind als unerfahrene Mannschaft nicht in der Position, vom Titel zu reden. Wir wollen frech aufspielen. Aber wenn man oben
    dabei ist, will man natürlich auch da bleiben. Wir spielen auf sehr hohem Niveau – mit dem Anspruch, uns immer weiterzuentwickeln.
    kicker: Wie bewerten Sie den Titelkampf, Herr Rolfes?
    Rolfes: Bayern bleibt der Top-Favorit. Aber die Hoffenheimer können sich auch nicht mehr davon freisprechen, ein Titelkandidat zu sein.
    kicker: Obwohl Bayern „nur“ Zweiter ist, wiederholt Philipp Lahm seit Wochen, die Münchner würden eh Meister. Gesundes Selbstbewusstsein oder schon Dreistigkeit?
    Beck: Wenn jemand solche Aussagen machen kann, dann die Bayern.
    Rolfes: Philipp hat halt den Vorteil, schon öfter Meister geworden zu sein. Deshalb darf er dieses Selbstbewusstsein auch zeigen.
    kicker: Ist das Ausdruck der bayerischen Siegermentalität, von der andere gerne auch etwas hätten?
    Rolfes: Sicher kann man sich vom Auftreten der Bayern etwas abschauen. Denn sie gewinnen durch ihre Ausstrahlung, ihre Aura, schon manche Spiele, die andere nicht gewinnen würden. Es ist clever von den Bayern, dieses Phänomen am Leben zu halten.
    kicker: Fühlt man sich also doch ein wenig eingeschüchtert, Herr Beck?
    Beck: Ich finde nicht. Wir kommen mit den Sprüchen bisher gut klar.
    kicker: Leverkusen und erst recht Hoffenheim sind für viele Fans sogenannter Traditionsvereine ein rotes Tuch. Wie reizvoll wäre es für Sie, mal für einen Klub mit Fanpotenzial und Historie wie Schalke oder Dortmund zu spielen?
    Rolfes: Entscheidend wäre für mich immer die sportliche Perspektive. Ich hätte keine Lust, mit einem noch so tollen Traditionsklub auf Platz neun oder zehn zu stehen.
    Beck: Geht mir ähnlich. Das Reizvolle in Hoffenheim ist ja gerade, etwas Neues mit aufzubauen. Und zu erleben, wie sich sportlich, aber auch in der Fankultur, vieles sehr schnell und positiv entwickelt.


    INTERVIEW: THIEMO MÜLLER


    Quelle: kicker-Printausgabe vom 12.02.09