Bayer Leverkusens Bruno Labbadia über seinen Anspruch als Trainer, schickes Outfit, Martin Jol und die Titelchancen
Er wäre fast Nachfolger von Huub Stevens als HSV-Trainer geworden, jetzt feiert er mit Bayer Leverkusen Erfolge.
Vorm Hit morgen in Düsseldorf sprach die MOPO mit Bruno Labbadia. Der 43-jährige Coach über ...
... das 4:1 in Hoffenheim: So ganz überraschend war das für mich nicht, denn ich weiß ja, was meine Mannschaft leisten kann. Das ist eine sehr junge Truppe mit einem Durchschnittsalter von rund 23 Jahren und großem Potenzial. Aber wir werden realistisch, ruhig und sachlich damit umgehen. So haben wir das auch vorher, als wir einige Spiele hintereinander nicht gewonnen haben, gemacht.
... das Saisonziel: Wir wollen ganz klar ins internationale Geschäft. Ob es vielleicht mehr wird, das zeigt sich in den nächsten Wochen. Wir sind in der Lage, jede Mannschaft zu schlagen.
... seinen favorisierten Fußball: Erstens wollen wir jedes Spiel gewinnen. Ich erwarte, dass meine Mannschaft mit dieser Einstellung ins Spiel geht. Zweitens ist mir auch die Art und Weise wichtig. Die Spieler und ich wollen Spaß dabei haben. Das ist mein Antrieb, diese Möglichkeit habe ich hier. Wir spielen schnell nach vorn, aber kein Harakiri. Ohne taktische Ordnung funktioniert Offensive nicht. 34 sensationelle Spiele können wir nicht abliefern. Und wenn du keinen Erfolg hast, interessiert es halt keine Sau, wie schön du spielst.
... den HSV: Der hat uns einiges voraus. Der gewinnt Spiele auch mal, ohne restlos zu überzeugen. Ich habe den HSV beim 2:0 gegen Bielefeld gesehen. Da habe ich erstmals oben auf der Tribüne gesessen, gemerkt, was da in Hamburg entstanden ist. Diese Zuschauer-Euphorie in diesem schönen Stadion - klasse. Die Mannschaft hat gute Einzelspieler, gepaart mit Erfahrung, und mit dem Trainer Martin Jol passt es auch. Ich bin sicher, der HSV kommt unter die ersten drei, kann Meister werden.
... seinen Start als Bundesligaspieler von 1987 bis 1989 beim HSV: Ich bin zu früh beim HSV gelandet, war erst 21 Jahre alt. Erst später ist mir bewusst geworden, dass Hamburg eine der schönsten Städte Deutschlands ist.
... sein Fast-Engagement beim HSV als Trainer: Darüber möchte ich nicht reden. Das tue ich auch niemals über andere Spieler. Ich bin Trainer von Bayer Leverkusen. Und da mache ich mir Gedanken, wie ich den HSV schlagen kann ...
... seine Verpflichtung nach nur einem Jahr als Profi-Trainer: Viele mag das überrascht haben, mich selbst nicht. Ich hatte keinen leichten Weg, habe in Darmstadt erst in der Oberliga, dann in der Regionalliga und schließlich in der 2. Liga in Fürth gearbeitet. Ich hatte schon vor Fürth Angebote aus der 1. Liga.
... Bayern-Leihspieler und Super-Talent Toni Kroos: Ich hatte selbst nicht damit gerechnet, dass er sich für uns entscheiden würde. Das ist ein Kompliment an unseren Verein. Bayer Leverkusen steht offenbar für gute Arbeit. Es spricht für Toni, dass er trotz der großen Konkurrenz in unserem Mittelfeld hier ist. Wir bauen ihn auf. Wegen seiner Sprunggelenksverletzung wird er gegen den HSV nicht dabei sein.
... Patrick Helmes: Er kann eine ganz große Karriere machen, wenn er bereit ist, noch mehr abzurufen, in den nächsten ein, zwei Jahren Nachhaltigkeit unter Beweis stellt. Er ist schon ein guter Bundesligaspieler, muss sich jetzt fragen: Wohin will ich? Will ich mehr oder nicht?
... den Ausweich-Spielort Düsseldorf: Die LTU-Arena ist kein Nachteil für uns, aber gegen Stuttgart hatten wir Probleme mit dem Rasen, der einfach schlecht war. Da hatten wir keinen Halt, was für technisch gepflegten Fußball negativ ist. Jetzt liegt ein neuer Rasen drin, ich hoffe natürlich, dass er gut angewachsen ist.
... seine elegante Kleidung als Trainer: Früher war ich sonntags in der Kirche, habe mich schick angezogen. Jetzt tue ich das als Trainer mit einem Anzug, weil jedes Spiel für mich ein Sonntag, ein Feiertag ist. Das habe ich vor Leverkusen schon so gesehen. Die Bundesliga ist für mich umso mehr etwas Besonderes. Das will ich auch meinen Spielern vermitteln. Im Trainingsanzug würde ich mich verstellen. Wobei ich es völlig in Ordnung finde, wenn ihn meine Kollegen tragen. Wichtig ist immer nur, dass man sich wohlfühlt. Das ist bei mir der Anzug. Ich kleide mich gern modisch, am liebsten in Blau.
... seine schlanke Figur: Jeder muss das mit sich selbst ausmachen. Bei mir hat das mit Selbstachtung zu tun. Ich möchte niemals auf ein schönes Essen mit meiner Frau verzichten. Dafür laufe ich dann jeden Tag, dafür stehe ich um sieben oder halb acht Uhr auf und drehe 45 Minuten lang meine Runden.
Hat der HSV morgen ein Heimspiel?
In Düsseldorf gegen Leverkusen - ein Vorteil für Jols Jungs -
Schon Bayers Premiere in der LTU-Arena ging voll daneben
Es ist wohl alles nur eine Frage der Entfernung. Sobald der HSV die deutsche Grenze passiert, scheint er unschlagbar zu sein. Ob nun in Rumänien, in der Slowakei, in Tschechien oder zuletzt in den Niederlanden - der HSV räumt kräftig ab, vier Auswärtssiege bilden im UEFA-Cup eine blütenweiße Weste und machen ihn zu Europas Nummer eins. Kein (!) anderes Team ist auswärts derart erfolgreich, nicht einmal die Giganten aus der Champions League. Aber wehe, der HSV geht innerhalb Deutschlands auf Reisen ...
Alle fünf Saisonpleiten kassierten die Hamburger in der Fremde. Nur zwei von zehn Partien wurden gewonnen - zu wenig für einen Titelkandidaten. Da kommt der morgige Auftritt gerade recht. Der HSV bei Bayer Leverkusen. In Düsseldorf. Wer hat denn da eigentlich Heimrecht?
Seit dem Start der Rückrunde muss Bayer in die LTU-Arena ausweichen, die heimische, schmucke BayArena wird ausgebaut. Zur Premiere in Düsseldorf setzte es vor zwei Wochen ein 2:4 gegen Stuttgart. Für Martin Jol keine Überraschung. "Es ist kein Vorteil, wenn man seine Heimspiele in einem anderen Stadion spielen muss", weiß der Trainer. "Mental ist das eher wie ein Auswärtsspiel. Du spielst einfach lieber in deinen eigenen vier Wänden." Marcell Jansen ergänzt: "Dir fehlt dieses Wohnzimmergefühl. Vielleicht gewöhnt man sich irgendwann daran, aber das dauert zwei, drei Spiele."
Der HSV macht sich Mut - indem er den Ritt zu Bayer zum "halben" Heimspiel erklärt. Zu Hause klappt's nämlich bestens. 28 von möglichen 30 Punkten holten Jols Männer im Volkspark, sind damit die Nummer eins der Liga. Nun soll der neutrale Düsseldorfer Boden erobert werden. 6000 HSV-Fans wollen dabei sein und in der mit 51500 Besuchern wohl ausverkauften LTU-Arena Heimspielstimmung erzeugen.
Bayer gegen den HSV. Wer hat denn nun Heimrecht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leverkusener wirklich das Gefühl haben, zu Hause zu sein" , meint Ivica Olic. Na, dann - auf zum nächsten HSV-"Heimsieg"!
"Meine Landsleute machen Bayer stark"
Alex Silva über Brasilianer in Leverkusen
Sie haben sich diesen Ruf hart erarbeitet. Seit zwei Jahrzehnten schon gilt Bayer Leverkusen als willkommener Anlaufpunkt für brasilianische Profis, als erster wichtiger Karriereschritt in Europa. Alles begann 1987 mit Tita, es folgten Jorginho, Emerson, Lucio oder Zé Roberto, zuletzt der von Flamengo Rio de Janeiro geholte Renato Augusto. Brasilianer bei Bayer - eine Tradition, die auch Hamburgs einziger Samba-Fußballer mit Interesse verfolgt. "Durch meine Landsleute ist Leverkusen im Laufe der Jahre erst richtig stark geworden", resümiert Alex Silva.
In Brasilien ist Bayer fast so bekannt wie die großen Bayern. "Leverkusen hat einen hervorragenden Ruf", weiß der 23-Jährige. "Als wir in Dubai gegen den AC Mailand gespielt haben, hat mir Emerson wieder erzählt, wie wohl er sich damals bei Bayer gefühlt hat." Gerade in Sachen Integration dienten die Rheinländer lange der gesamten Liga als Vorbild - auch dem HSV. Nun stellt Alex Silva (der nahezu rund um die Uhr von Dolmetscher Dennis Pauschinger betreut wird) fest: "Ich bin glücklich über alles, was für mich gemacht wird und danke allen, die das ermöglichen."
Alex Silva scheint sie fortzusetzen, die gute Tradition der Brasilianer in der Bundesliga. Doch es gibt auch andere Beispiele. "Es macht mich traurig zu sehen, dass Thiago Neves hier oder Carlos Alberto in Bremen es nicht geschafft haben", so der Defensivmann. "Aber ich denke, das hat dann etwas mit der Persönlichkeit zu tun ..."
Barbarez kommt mit - als Glücksbringer!
Ex-Stürmerstar "Habe ein gutes Gefühl"
Die Einladungen prallten an ihm ab. Noch in der Vorwoche verfolgte Sergej Barbarez den Bundesligaspieltag in Wien, als Experte für den TV-Sender ATV. Morgen aber führt aus Sicht des Bosniers kein Weg an der LTU-Arena vorbei. Das Duell seiner Ex-Klubs HSV und Bayer in Düsseldorf - für den 37-Jährigen ein Pflichttermin.
"32 Mal in der Saison drücke ich Leverkusen die Daumen", versichert Barbarez, der nach seiner HSV-Zeit (2000 bis 2006) noch zwei Jahre bei Bayer dranhängte. "Aber morgen gehört mein Herz allein dem HSV." Der neu in den Aufsichtsrat gewählte Ex-Angreifer kommt als Glücksbringer mit in den Westen. "Umso besser, wenn es hilft", sagt er. "Aber wichtig ist nur, was die Jungs auf dem Rasen machen. Ich habe ein gutes Gefühl."
(MOPO vom 21.02.2009)