Von Andreas Kloo
München - 15 Jahre hat er in der Bundesliga gespielt. Jens Nowotny kennt daher das Auf- und Ab in Deutschlands Eliteklasse nur zu gut.
Und überraschen kann den ehemaligen Haudegen von Bayer Leverkusen und Karlsruhe sowieso nur wenig. Dennoch: Bei einem Meistertipp tut sich der 35-Jährige schwer.
Sein Ex-Klub Bayer Leverkusen, der im Topduell zum Abschluss des 21. Bundesliga-Spieltags den Hamburger SV erwartet (16.30 Uhr LIVE), leidet laut Nowotny vor allem wegen des Umzugs nach Düsseldorf, wie er im Sport1.de-Interview sagt.
Zudem spricht der frühere Nationalspieler über die Ausrutscher des "Bayern-Balletts", Hoffenheims Schwachstelle und über den Abstiegskampf.
Sport1.de: Herr Nowotny, Leverkusen hat zuletzt Herbstmeister Hoffenheim klar geschlagen. Trauen Sie Ihrem Ex-Verein am Ende gar den Meistertitel zu?
Jens Nowotny: Rein vom Spielermaterial her würde ich sagen: Ja. Die Umstände mit dem fremden Stadion in Düsseldorf sind allerdings nicht so einfach. Das ist dann am Ende Kopfsache. Zuletzt kam Bayer im Pokal weiter - und ging dann im nächsten Heimspiel gegen Stuttgart unter.
Sport1.de: Sie sehen das Stadion also als entscheidenden Nachteil im Meisterschaftskampf?
Nowotny: Das kann ein großer Nachteil sein. Schon gegen Bayern im Pokal wird es schwer: Da kommen dann 10.000 Leverkusen-Fans nach Düsseldorf und 40.000 Gäste-Fans. Auch gegen andere attraktive Gegner wird das so ähnlich sein. Das ist ein Nachteil, ganz klar.
Sport1.de: Der nächste Leverkusener Gegner ist am Sonntag der HSV. Was tippen Sie für das Spiel, und wie schätzen Sie die Hamburger Chancen im Titelkampf?
Nowotny: Normalerweise würde ich auf einen Sieg des HSV tippen. Die Hamburger sind zur Zeit gut drauf. Aber diese Saison sind Vorhersagen nur schwer möglich. Bestes Beispiel ist doch der FC Bayern: Erst gewinnen sie im Pokal 5:1 im Stuttgart, dann verlieren sie nicht nur in Hamburg. Der Einzige, der Prognosen erstellen kann, ist Uli Hoeneß: Der stellt sich hin und sagt: Bayern wird Meister. Aber sicherlich wird der HSV bis zum Ende da oben dabeibleiben.
Sport1.de: An der Tabellenspitze stand überraschend auch schon die Hertha. Können die Berliner sogar Meister werden?
Nowotny: Bei Hertha scheint es in der Mannschaft zu funktionieren. Gegen die Bayern hat Pantelic nicht gespielt, dann sprang Andrej Voronin in die Bresche und traf zweimal. Das ist zumindest ein sehr gutes Zeichen, dass in Berlin vieles richtig gemacht wurde.
Sport1.de: Und Hoffenheim?
Nowotny: Ich wünsche es den Hoffenheimern nicht, aber ich befürchte, das sie den Ausfall von Vedad Ibisevic auf Dauer nicht verkraften werden. Man kann das für ein, zwei Spiele kompensieren. Aber ein Mann, der in der Vorrunde so überragend gespielt und 18-mal getroffen hat, der ist nicht zu ersetzen.
Sport1.de: Fehlen noch die Bayern. Jetzt haben sie auch gegen Köln verloren. Doch vom Kader her müssten die Münchner schon längst auf Platz eins stehen. Warum ist ihnen das bislang nicht gelungen?
Nowotny: Schwer zu sagen. Qualitativ müssen wir nicht diskutieren, das ist die beste Mannschaft, die Deutschland zu bieten hat. Aber man hat den Eindruck, dass in einem Spiel das "weiße" beziehungsweise "rote" Ballett zaubert - und sich im darauffolgenden Spiel dann eine gewisse Überheblichkeit im Team einschleicht.
Sport1.de: Zum Abstiegskampf. Ihr anderer Ex-Verein, der KSC, steckt im Keller fest. Schaffen die Karlsruher es noch, sich zu retten?
Nowotny: Das wird schwer. Was mir Sorgen macht, ist, dass der KSC oftmals gut gespielt hat, aber am Ende doch keine Punkte eingefahren hat. Das wird sich rächen.
Sport1.de: Wer wird ihrer Meinung nach denn am Ende die letzten drei Plätze belegen?
Nowotny: Für Cottbus wird es schwer werden, für Gladbach sowieso, da kommt noch der Disput zwischen Trainer und Mannschaft hinzu. Das wird sich als negativ erweisen. Und dann hoffe ich, dass Karlsruhe, notfalls in der Relegation, von der Schippe springt.