Stadion-Debatte: Bayer spürt die Folgen

  • Montag, 23. Februar 2009


    Stadion-Debatte
    Bayer spürt die Folgen


    Von Frank Nägele, 23.02.09, 22:35h
    Bayer Leverkusen hat wieder einmal verloren. Und inzwischen soll auch das Düsseldorfer Stadion eine gewisse Mitschuld tragen. Zumindest macht Trainer Labbadia seinen Spielern nach der Niederlage gegen den HSV keinen Vorwurf.


    DÜSSELDORF - Sie haben sich alle so fest vorgenommen, nicht darüber zu sprechen. Wie Eltern früher mit ihren Kleinen erst einmal nicht darüber sprechen wollten, wo die Kinder wirklich herkommen, und wie sie in den Bauch der Mama geraten. Oder was mit Gott los ist, dem noch keiner so richtig ins Gesicht geblickt hat. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem es unvermeidlich wird. Bei Bayer 04 Leverkusen ist er nach dem 1:2 gegen den Hamburger SV gekommen. Warum ist es alles so komisch in diesem Stadion? Warum verlieren wir immer in der Düsseldorfer LTU-Arena? René Adler gab die passende Antwort: „Wenn wir irgendwann ein passendes Stadion haben wollen, müssen wir halt dieses Opfer bringen.“ Ein großes Opfer. Eine Rückrunde ohne Heimspiele.


    Knapp 10.000 Hamburger Fans hatten die weite Anreise am Sonntag auf sich genommen, um die Spielansetzung einfach umzudrehen. Die Partie hieß Hamburger SV gegen Bayer 04 Leverkusen. Trainer Bruno Labbadia kannte die Situation, als er im Sommer den Vertrag bei Bayer 04 unterschrieb. Aber wie sie sich in der Realität des Bundesliga-Alltags anfühlen würde, das konnte niemand wissen. „In solchen Partien entscheiden Kleinigkeiten“, sagte der Trainer nach dem Spiel. Die fühlbare Unterstützung durch die eigenen Anhänger ist keine Kleinigkeit - und deshalb noch viel entscheidender. Wolfgang Holzhäuser will sich auf diese Diskussion allerdings nicht einlassen. Der 70 Millionen Euro teure Stadion-Umbau, durch den die Kapazität von 22 500 auf mehr als 30 000 erweitert wird, erzwang wegen der neuen Dachkonstruktion die Umsiedlung. Deshalb flüchtet sich der Leverkusener Geschäftsführer jetzt in das Reich der Statistik: „Ich sehe nicht das Problem, wir haben auswärts doch mehr Punkte geholt als zuhause.“ 20, um genau zu sein, verglichen mit 16 in Heimspielen. Ein Widerspruch zur Problematik ist das aber nicht, eher schon ihre Begründung. Bereits in der Hinrunde hat die typische Heim-Atmosphäre, auf die kein Verein freiwillig verzichtet, durch das Provisorium in Leverkusen gelitten.


    Ohne Hilfe von außen hat die mit Hoffenheim jüngste Mannschaft der Liga (Altersdurchschnitt unter 24 Jahre) gegen Spitzenteams wie den Hamburger SV kaum Chancen, Spiele nach Rückständen umzubiegen. Vielleicht auch deshalb ging Bruno Labbadia mit seinen Spielern hinterher nicht so hart ins Gericht. „Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen, sie haben einen sehr hohen Aufwand betrieben und sind dafür nicht belohnt worden“, sagte der Leverkusener Trainer, „außerdem sind wir immer noch in dem Bereich, den wir erreichen wollen. Die Region der internationalen Plätze.“


    Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass es nicht so bleiben muss. Potenzielle Top-Teams wie Wolfsburg und Stuttgart drängen unter die ersten Fünf. Von nun an helfen nur noch pure, nackte Ergebnisse. Deshalb suchte Sportchef Rudi Völler die Profis direkt nach dem Spiel in der Kabine auf: „Ich habe der Mannschaft gesagt, dass sie stark genug ist, die kommenden Spiele in Hannover und gegen Bochum zu gewinnen.“ Kommenden Samstag wird Bruno Labbadia aber auf mindestens zwei Positionen umstellen müssen. Gonzalo Castro und Henrique sahen ihre fünfte Gelbe Karte und müssen pausieren. Ein positiver Nebeneffekt der Niederlage war, dass der brasilianische Innenverteidiger so wenig Eindruck auf seinen wahren Arbeitgeber FC Barcelona machte, dass er womöglich über die Saison hinaus bleiben kann. Sportdirektor Aitor Beguiristain war angereist und sah eine schwache Leistung von Henrique, der in der Vorrunde noch sehr solide spielte. Gut möglich, dass der Leihvertrag mit Leverkusen bald verlängert wird.


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