Leverkusens Kampfsport

  • Von Oliver Fritsch | © ZEIT ONLINE 2.3.2009 - 14:20 Uhr


    Erstaunliche Missklänge sind aus Leverkusen zu vernehmen. Torhüter René Adler hat seine Mannschaft nach der 0:1-Niederlage in Hannover öffentlich in die Pflicht genommen und ihnen Schönspielerei und "Phlegma" vorgeworfen. Daraufhin hat ihn Sportdirektor Rudi Völler "temperamentvoll, ein wenig cholerisch und im Stil einer Zurechtweisung" (FAZ) kritisiert: "Mein guter Rat an unseren hochtalentierten Nationaltorwart", sagte Völler höhnisch: "sich erst einmal an die eigene Nase fassen. Bälle festhalten ist das oberste Gebot, dann kann man Kritik üben."


    Philipp Selldorf (SZ) teilt Völlers Rüge, äußert sie jedoch sachlicher und führt den Genius loci ins Feld: "Der Verdacht lautet auf Selbstgefälligkeit. Dass Adler das Problem benennt, ist mutig. Dass er sich dadurch selbst aus der Kritik nimmt, passt ins alte Bild der verwöhnten Selbsteinschätzung. Bayer hat zwar eine neue Mannschaft, aber das Erbe ihrer Vorväter trägt diese trotzdem in sich."


    Zum ersten Mal, seit er in Leverkusen ist, muss auch Trainer Bruno Labbadia Kritik in der Zeitung lesen. Frank Hellmann (FR) beanstandet die mangelhafte Arbeitsethik der Mannschaft: "Der Disput verdeutlicht, wie dick die Luft rund ums Bayer-Kreuz geworden ist. Nach drei Rückrundenpleiten sind alle Saisonziele in Gefahr. Gemunkelt wird auch von einer noch sehr leisen Unzufriedenheit an der bislang so vorzüglichen Arbeit von Labbadia. Warum ist dessen Ensemble nicht in der Lage, den Widrigkeiten – am Samstag: ramponierter Rasen, schlechtes Wetter, aggressiver Gegner – zu trotzen? Warum lässt sich seine Elf nach einem Eckstoß in fünf Zügen auseinanderspielen wie beim 0:1?"


    Roland Zorn (FAZ) stimmt ein: "Kampfsport Fußball, bei Bayer Leverkusen wurde diese Duellperspektive unter Männern mit aufgekrempelten Ärmeln erst nach dem Abpfiff erkennbar. Auf dem Platz setzte sich die mit Abstand besser eingestellte und couragiertere Mannschaft durch: Hannover 96."

    Bayer 04 Leverkusen.
    Weil seit 1904 drin ist, was drauf steht.