Von Christoph Pluschke, 03.03.09, 20:46h
Bayer 04 Leverkusen kämpft am Mittwochabend gegen Bayern München um den Einzug ins Pokal-Halbfinale. Trainer Bruno Labbadia versteht die Krise auch als Herausforderung.
LEVERKUSEN - Wolfgang Holzhäuser erinnerte sich dieser Tage an Roman Herzog, den einstigen Bundespräsidenten. Dieser hatte am 26. April anno 1997 in seiner berühmten „Berliner Rede“ im Hotel Adlon gefordert: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen.“ Also griff Holzhäuser, seines Zeichens Geschäftsführer der Bayer 04 Fußball GmbH, das Zitat des Politikers nochmal auf, wandelte es leicht ab, übertrug es auf die Leverkusener Berufsfußballer und formulierte im Editorial des Stadionheftes für das heutige DFB-Pokal-Viertelfinale in der Düsseldorfer LTU Arena gegen den FC Bayern München: „Es muss ein Ruck durch die Mannschaft gehen.“
Besondere Situationen erfordern nun mal besondere Maßnahmen. Und gelegentlich auch mal besondere Worte. Wer aber was und zu wem sagen darf in diesen Tagen der sportlichen Krise bei Bayer 04, das ist so eine Sache. Torhüter René Adler zum Beispiel hatte am vergangenen Samstag unter dem Eindruck der ebenso bitteren wie überflüssigen Niederlage bei Hannover 96 gegenüber Journalisten das wieder mal allzu phlegmatische Auftreten des Teams beklagt, war dafür aber unverzüglich und genauso öffentlich von Sportchef Rudi Völler abgewatscht worden. Das wiederum rief Kritiker auf den Plan, die dem ansonsten eher selten kritisierten Funktionär vorwarfen, er verpasse einem angehenden Führungsspieler einen Maulkorb und behindere ihn damit in seinem Reifeprozess zu einer jener Spielerpersönlichkeiten, deren Mangel beim Werksklub er selbst in der Vergangenheit doch immer wieder thematisiert habe.
Inzwischen - so hieß es gestern aus Leverkusen - habe man sich ausgesprochen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, versteht sich. Völler habe seine zunächst ziemlich schroff gehaltene Kritik („Sein Job ist es, Bälle zu halten, und sonst nix“) versachlicht, während Adler versprochen habe, künftig die Dinge intern anstatt via Medien anzusprechen. Dass man jedoch dem jungen Nationaltorhüter das Recht zur freien Meinungsäußerung verwehrt habe, davon könne keine Rede sein, betonte Trainer Bruno Labbadia am Dienstag noch einmal ausdrücklich. Im Gegenteil. „Wir brauchen doch echte Typen, die den Mund aufmachen und sich für unsere Sache einsetzen“, sagte der Bayer-Coach und fügte hinzu: „Wir wollen den René und unsere anderen jungen Spieler zu Persönlichkeiten wachsen lassen. Also maßregeln wir sie nicht, sondern begleiten und bestärken sie.“ Und wenn jemand was zu sagen habe, dann solle er das tun, „aber im richtigen Tonfall und intern“.
Er selbst verstehe die aktuell schwierige Phase als Herausforderung. „Es ist auch für uns Trainer spannend, mit einer solchen Situation klarzukommen. Wichtig dabei ist, dass wir nicht plötzlich anfangen, alles Bisherige in Frage zu stellen. Wir müssen den Kopf oben behalten, den Blick nach vorne richten und die Mannschaft mitreißen“, erklärte Labbadia, der sich vom laufenden Lernprozess seiner jungen Mannschaft noch einiges verspricht.
Der Gegner am Mittwoch nötigt dem Leverkusener Trainer allergrößten Respekt ab, obwohl er sich zuletzt in der Liga auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. „Die Bayern sind immer in der Lage, auf den Punkt genau ein Topspiel hinzulegen“, sagt Labbadia, der sich noch nicht konkret dazu äußern wollte, wer den am Meniskus operierten Manuel Friedrich ersetzen wird; drei Kandidaten kommen für die beiden Innenverteidiger-Planstellen in Frage: Lukas Sinkiewicz, Henrique und Karim Haggui.
Klubchef Wolfgang Holzhäuser, der für das Erreichen des Halbfinales eine Teamprämie von 290 000 Euro ausgelobt haben soll, gab den Spielern am Dienstag im Übrigen noch eine weitere Parole für die heutige Partie mit auf den Weg. Sie lautete: „Beißen, Kratzen, Kämpfen!“
Das ist übrigens nicht von Roman Herzog.
Quelle: KStA