Alles anzeigenIch halte dich eigentlich für einen vernünftigen Menschen. Daher mache ich mir mal die Mühe einer ausführlichen Antwort.
Normalität kannst du gerne haben. Seit Anfang 2020 ist die Normalität, dass wir mitten in einer Pandemie stecken. Die Impfung ist neben einer erfolgreichen Behandlungsmethode der Weg raus aus dieser ungeliebten Normalität. Ohne eines von beiden hast du bei einer unbegrenzten Verbreitung die Problematik überlasteter Infrastruktur im Gesundheitssektor und möglicherweise vieler Kranker und Toter. Hierzulande sind über 50% der Bevölkerung vollständig geimpft, und man könnte der Meinung sein, dass das ausreichen könnte, um der unbegrenzten Verbreitung des Virus Herr zu werden. Ein Blick in die USA zeigt dir aber, dass das noch nicht reicht. Die stehen in einigen Südstaaten, wie zum Beispiel Florida bei der fast identischen Impfquote (50%), haben in der aktuellen Infektionswelle aber neue Rekordstände bei Neuinfektionen und Krankenhauseinlieferungen erreicht. Und trotz Impfung steigt auch die Todesrate so stark an, dass man fast befürchten muss, dass es auch in der Kategorie Tote einen neuen Rekordstand geben wird. Man ist nur 25% davon entfernt und in den letzten 14 Tagen hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt. Die Auswirkungen der aktuellen Welle sind komplett vergleichbar mit denen zuvor. Einziger Unterschied: Sie betrifft hauptsächlich einen Teil der Bevölkerung, nämlich die Ungeimpften. Also ist logischerweise die aktuelle Normalität auch hierzulande, dass diese Pandemie eine unverändert große Bedrohung für all diejenigen ist, die keinen Immunschutz haben, mit Konsequenzen für alle, wenn die Gesundheitssysteme aua allen Nähten platzen.
Die Bevölkerung, und das ist ein Fakt, ist in dieser Situation gespalten. Auf der einen Seite die Ungeimpften ohne Immunschutz und auf der anderen Seite die Genesenen und Geimpften mit Immunschutz. Für die Ungeimpften hat sich, Stand heute, eigentlich überhaupt nichts verändert: Sie stecken weiterhin in einer Pandemie, in der sie ein unverändert hohes Infektionsrisiko haben und quasi unverändert andere anstecken können. Eine Inzidenz von 30, 50 oder 100 bedeutet für sie persönlich ein unverändert gebliebenes persönliches Risiko. Und daher gelten für sie natürlich auch unveränderte Regeln, unter anderem was den Besuch von Großveranstaltungen betrifft. Bei denen mit Immunschutz sieht das natürlich komplett anders aus. Diverse Studien belegen, dass sie ein bis zu 20fach geringeres Risiko haben, sich anzustecken und damit natürlich auch, die Infektion weiter zu verbreiten. Daher können sie sich aktuell auch unter eutlich weniger restriktiven Massnahmen leben, ohne dabei eine starke Verbreitung des Virus auszulösen. Das gilt auch für den Besuch von Großveranstaltungen.
Diese Spaltung der Bevölkerung existiert. Da muss man nicht drumherumreden. So lange nicht genug Impfstoff für alle da war, gebietet es die Solidarität, dass alle weiter gleich leben. Und das ist ja so auch passiert. Aber wir haben nun einen Punkt erreicht, ab dem das nicht mehr so ist. Inzwischen werden Impfstofflieferungen nicht mehr abgerufen, weil die Nachfrage nicht mehr hoch genug ist. In einer Situation, in der sich also Menschen freiwillig und bewusst gegen eine Impfung entscheiden - willst du da ernsthaft von denen, die das nicht getan haben, verlangen, dass sie sich weiterhin all den bekannten Einschränkungen unterwerfen, obwohl das Risiko, dass sie das Virus verbreiten deutlich geringer ist? Obwohl das, wie oben erläutert, für sie gar nicht nötig wäre? Kann man ja wohl nicht ernsthaft fordern!
Wer sich gegen eine Impfung entscheidet, muss mit der Konsequenz leben, dass er im Prinzip in der Situation stecken bleibt wie wir sie 2020 hatten, inklusiver aller bekannten Vorsichtsmassnahmen. So lange sich an seinem Immunstatus nichts ändert, so lange sich das Virus nicht zu weniger Infektiösität verändert, so lange keine neue Behandlungsmöglichkeit entdeckt wird oder so lange der Immunschutz in der Bevölkerung so niedrig ist, dass Konsquenzen wie wir sie in Florida und anderen Staaten aktuell sehen, nicht vermieden werden können, wird sich an der persönlichen Situation eines Ungeimpften natürlich überhaupt nichts ändern. Das schreibe ich ohne Häme. Das ist einfach die logische Konsequenz. An diesen beschriebenen Umständen kann man aktiv selbst nur eins ändern: Man lässt sich impfen - oder man wartet, bis es genug andere gemacht haben. Das kann man auch nicht ändern, indem man auf die Strasse geht oder lauthals protestiert, denn das beeinflusst diese Umstände logischerweise nicht.
Die Entscheidung, was davon man tun, bleibt jedem selbst überlassen. Und das ist auch gut so, denn wir leben nicht in einem totalitären System (auch wenn mancher User das suggerieren will). Jeder Bürger hat die Freiheit, sich auch dafür zu entscheiden, dass das eigene nicht-Handeln dazu führt, dass sich die persönluche Situation halt nicht ändert. Sein gutes Recht! Selbst wenn das negative Konsequenzen für alle anderen hat. Zum Beispiel weil ein nicht Geimpfter im Corona-Kontext im Schnitt bis 20 fach höhere Gesundheitskosten als ein Ungeimpfter erzeugen wird (nämlich genau das erhöhte Risiko schwer zu erkranken). Zum Beispiel weil Ungeimpfte künftig bis zu 20 fach mehr dazu beitragen, dass sich eine neue Infektionswelle aufbaut, die dann wiederum Einschränkungen in der Wirtschaft oder des Gesundheitssystems verursachen kann, die letztendlich alle negativ betreffen. Zum Beispiel weil in letzter Konsequenz durch eine neue Infektionswelle mit hohen Infektionszahlen zu der wie oben beschrieben hauptsächlich Ungeimpfte beitragen auch Geimpfte ein höheres Risiko haben, sich anzustecken. Immer noch bis zu 20 mal niedriger als ein Ungeimpfter, aber bei einer Inzidenz von fiktiven 2000 ist das Risiko dann dennoch deutlich erhöht. Dass niemand gegen diese Konseqenzen protestiert und auf die Strasse geht, zeigt wie groß die Toleranz in zumindest einem Teil der Gesellschaft ist.
Ich frage mich, wogegen du eigentlich wütest. Dass dieses Virus nun mal die Konsequenzen verursacht, die es verursacht? Dass du die möglichen Konsequenzen deiner Entscheidung nicht richtig durchdacht hast? Dass sich andere haben impfen lassen und dann logischerweise, Stand heute, deutlich weniger von dieser Pandemie betroffen sind?
Nochmal: Menschen ohne entsprechenden Immunschutz haben ein deutlich erhöhtes Risiko, infiziert zu werden und das Virus dann auch weiterzugeben. Sie sind aktuell die Hauptverbreiter des Virus und damit auch die Hauptverantverursacher der Infektionswelle, die sich aktuell anbahnt. Diese Infektionswelle kann immer noch die Konseuqnzen verursachen, die wir seit 1.5 Jahren zu vermeiden versuchen (siehe Florida). In erster Linie stecken Ungeimpfte sich untereinander an, mit bis zu 20 fach verringerter Wahrscheinlichkeit jedoch auch Geimpfte. Ja, dann ist man krank, aber nicht vom Kopf her. Ob man deswegen voreinander Angst haben muss, weiss ich nicht. Angst haben hilft aber nicht gegen diese Pandemie. Impfen und Vorsichtsmassnahmen helfen.
Weil lesenswert.
Weil einfach nur danke.
Weil einfach nur so.
Weil es nicht mehr auf der aktuellen Seite stand.