Es ist Donnerstag. 17.00 Uhr. Die ganze Woche schon habe ich diesem Tag entgegengefiebert. Endlich nicht mehr lange arbeiten, endlich rückt das Endspiel näher. Um 17.30 trifft Chris bei mir ein, der in der Nacht vor der Fahrt nach Berlin bei mir pennen wird. Eigentlich wollte ich jetzt Feierabend machen. Aber nein, es ist natürlich kurz vor Toresschluss wieder super hektisch. Also wird es erst 18.10, als ich mich endlich endlich auf den Heimweg machen kann. Schnell das Auto aus der Autopflege geholt (hatte es extra für den Pokalsieg mal fein machen lassen...)...ab nach Hause...einkaufen für die Fahrt...langsam sollte ich mal packen...außerdem will ich ja früh ins Bett, schließlich geht es Freitag früh um 5 Uhr los...abends noch schnell Musik-CDs zusammengestellt...Schals rauslegen, Fahnen holen, Trikots suchen, Auto dekorieren...fertig...jetzt ne Pizza bestellen. Schlafen? Nein, hat keinen Sinn, ich bin total aufgedreht. Lass uns noch was Playstation spielen. Beide Rennen bei GT4 verliere ich mit großem Abstand. Beschließe dass Autorennenspiele scheiße sind. Musikzusammenstellung fertig, komm, lass mal brennen...scheisse, das Format spielt mein Autoradio nicht...nächster Veersuch, wieder gescheitert. Mittlerweile ist es längst Mitternacht durch und echte Panik steigt in mir hoch. Ich will diese Musik im Auto! Der letzte Versuch gelingt dann endlich, das Format nimmt mein Autoradio an. Chris, gehn wir jetzt ins Bett? Ja, komm, lass mal ins Bett gehen. Uhrzeit? Ca 1.30...ich liege im Bett und all die Aufgekratztheit ist noch da. Wieso können wir nicht jetzt schon losfahren? Es gelingt mir nicht, einzuschlafen. Ich wälze mich hin und her. Irgendwann fallen mir doch die Augen zu. Kurz darauf klingelt der Wecker. Gefühlt habe ich vielleicht 10 Minuten geschlafen, ne Stunde wirds dann wohl gewesen sein. Nicht die besten Voraussetzungen, wenn man selbst am Steuer sitzen muss. Aber ich bin so voll mit Adrenalin, ich bin so geil auf diese Tour, ich bin kaum müde.
Also geht es los, rein ins Auto, endlich auf zum Treffpunkt an der A 3. Dort stehen schon zwei der drei anderen Fahrzeuge incl. Besatzungen. Gut gelaunt trotz früher Uhrzeit. Ich stelle fest, dass meine Befürchtung, wir bummeln nach Berlin unbegründet sein wird, ich habe das am schwächsten motorisierte Auto der Kolonne. Scheissegal, wir kommen schon an. Mein Handy klingelt. Wagen vier. "Wir sind gleich da, wir mussten nochmal umdrehen, hatten was vergessen?" "was denn?" "die Tickets" Weia. Pokalfinale und der vegrisst fast die Tickets. Gut, dass er das hier noch gemerkt hat. Reflexartig überprüfe ich, ob ich die anderen Karten dabei habe. Alles ist gut, die Karten sind da. Endlich endlich geht es los. Wir steigen in unsere Autos und begeben uns auf die Autobahn. Endlich. Schwer zu beschreiben, aber es ist ein gutes Gefühl, dass es nun losgeht. Unspektaktulär beginnt die Fahrt, aber schon ziemlich früh erregen wir Aufsehen bei den anderen Autofahrern. Schliesslich ist unser Ziel in jedem Auto klar erkennbar..."wir sind nur kurz was abholen"...Wuppertal, Hagen, Dortmund ziehen an uns vorbei. Wechselnde Führungsarbeit, mit vier Autos Kolonne klappt auch hervorragend, wir verlieren uns nicht aus den Augen. Dann ist am Kamener Kreuz die A 2 erreicht. Noch kein Schild "Berlin", aber zumindest "Hannover" - die Richtung stimmt. Wir ziehen durchs Westfälische, begegnen ersten anderen Bayerfans, die sich offenbar auch schon sehr sehr früh auf den Weg gemacht haben...irgendwann rückt das nichts näher, Bielefeld...irgendwo vor Bielefeld treffen wir auf einen fröhlichen Luxemburger Toyota. Kleinwagen. Besetzt mit 5 Leuten fahren die nach Berlin. Respekt. Wo haben die denn ihr Gepäck gelassen? Im Stau hinter Bielefeld treffen wir uns dann wieder. Bei uns wird nach einigen Bieren der fiese Friese gereicht, im Luxemburger Auto kreisen Becksflaschen. Ein Stau ist was feines. Spurverengung, wir rücken nah aneinander, feinen Friesen in Becher gefüllt, Fenster runter und "zack" - die Luxemburger denken mit. Der Friese wird gegriffen, ein Becks wandert zurück, Völkerverständigung auf der Autobahn.
Weiter gehts Richtung Osten. Der Stau löst sich auf, wir fahren den ein oder anderen Rastplatz an, Wagen vier fährt ganz ab, es muss bitte ein McDonalds sein. Hannover rückt näher, bald liegt es hinter uns. Die Grenze rückt näher. Helmstedt. Wir fahren ab. Mist. Hier wollen wir doch gar nicht hin. Die Gedenkstätte ist doch eine Ausfahrt weiter. Also Marienborn. Wieder raus. Wieder halt. Das erste Gruppenfoto entsteht, der erste Bremer wird gesichtet. Die Touristen aus den umstehenden Bussen glotzen doof. und jetzt? Komm, los, weiter, ich will nach Berlin. Wo wir jetzt schon so nah sind...irgendwo vor Magdeburgh begegnet uns endlich die langersehnte Teldafaxwerbung. Irgendwie ein gutes Gefühl, das Ding da zu sehen. Die km-Angabe auf den Entfernungsschildern bei Berlin wird immer geringer. Perfekt. A 2 wird zur A 10, Nuthethal, Werder, Potsdam...wenn Du 12 mal in Berlin warst, hat das was von coming home...in Michendorf eine letzte Rast und dann endlich endlich...
Berliner Ring, die Avus...Wagen vier düst ab, er muss zwei Leute zum Hostel bringen, Fahrer und Beifahrer sind sich dafür zu fein und nächtigen im Hotel. Aber gut, für lau...wer sagt da schon nein...an der Avus trennt sich dann auch Wagen eins von Wagen zwei und drei...offenbar zeigen unsere Navigationsgeräte unterschiedliche Routen an. Vorbei an Funkturm und Messe geht es dann Richtung Osten. Ab von der Autobahn, dem Navi gefolgt, direkt in den Stau. Fluchen. Ehrgeiz macht sich breit. "Scheiße, die andern sind bestimmt viel früher da als wir". Der Flughafen Tempelhof entschädigt nur unwesentlich, aber immerhin, wir waren schonmal da. Der Stau scheint nicht aufzuhören, alos Navi umprogrammieren auf Nebenstraßen. Bedingt hilft das, ein Stadtplan wäre aber noch hilfreicher gewesen. Aber schön wars dennoch. Spannend zu sehen, wie unterschiedlich Berlin aussieht...einmal quer durch Kreuzberg...von schön bis Kottbusser Tor...über die Spree...wieder schickt uns das Navi eine seltsame Schleife. Autofahrer am Straßenrand werden von uns fröhlich begrüsst. Klopfen an die Scheibe...die Scheibe geht runter..."kennen wir uns?" "nö" "wieso klopfen Sie dann?" "nur so"
nach der letzten Schleife haben wir es dann endlich geschafft, das Hostel rückt in Sichtweite...und was ist das da für ein Auto vor uns? Wagen eins...zeitgleich mit uns angekommen...andere Route, auf die Sekunde die gleiche Zeit...faszinierend. Es ist halb zwölf. So mehr oder weniger. Zimmer beziehen ab 16 Uhr möglich. Rein ins Hostel...der erste Eindruck? "Oha, in welcher Alternativenhöhle sind wir denn hier gelandet? Wie sehen denn die Leute alle aus? Wieso hat die an der Rezeption so verfilzte Haare?" - die Blicke der Gäste im Hostel strahlen ähnliche Begeisterung aus..."oh Gott, Fussballasis"...der Kopf zweier Damen sinkt auf die Tischplatte, als wir reinkommen...hey, hier werden wir uns wohlfühlen...Gepäck einlagern geht auch nicht, Top-Start...aber immerhin, sie haben Bier...also gönnen wir uns erstmal einen Drink...überlegen auf der Straße draussen, was wir nun tun...gut, wenn man vorher schonmal da war...Tarek wird zum Ziel, Berlins freundlichster Dönermann mit dem leckersten Döner. Gut, man hätte jetzt einfach die Straße durchgehen können, aber diejenigen, die beherzten Schrittes vorweg gingen, wollten uns noch einmal die unfassbare Schönheit des Stadtteils schenken...ein kleiner Rundgang...was solls...bei Tarek is lecker, Bier hat er auch...in die Zimmer können wir nicht, also machen wir jetzt hier unser lange überfälliges Fanclubmeeting…ein Mitglied wird rausgewählt, zwei Mitglieder werden reingewählt, der Vorstand wird wiedergewählt – wir haben uns alle lieb
Irgendwann geht es dann wieder zurück ins Hostel. Hier ist es dann wie auf einem untergehenden Schiff…Frauen und Kinder zuerst…das erste Zimmer kann bezogen werden…passenderweise logieren unsere Mädels direkt neben dem Raum mit den Waschmaschinen. Nur ein Zufall? Die Zeit, die noch vergeht, bis die männlichen Skunks ihre Zimmer beziehen können, wird noch mit dem ein oder anderen Bier in der Nachmittagssonne effektiv genutzt, dabei wird die Aussicht auf frisch eingetrudelte Holländerinnen genossen, schön, dass es so warm ist.