Von Christian Oeynhausen, 04.06.09, 21:09h
Es wurde wieder viel getagt, aber noch immer ist nicht durchgesickert, in welcher personellen Aufstellung Bayer Leverkusen in die nächste Saison geht. Nun muss auch Trainer Labbadia vor den Krisenstab treten.
Krisenstab: Beck, Holzhäuser, Völler (v.l.). (Bild: Dahmen)
LEVERKUSEN - Auch gestern haben die Verantwortlichen in Leverkusen viel getagt, aber noch immer ist nicht durchgesickert, in welcher personellen Aufstellung der Werksklub die nächste Saison angehen will. Angeblich findet heute eine Sitzung des Gesellschafter-Ausschusses statt, bei dem Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Sportchef Rudi Völler die Ergebnisse der Gespräche dieser Woche vorstellen sollen.
Offenbar wird auch Bruno Labbadia zum Vortrag gebeten. Der Trainer hat mit seiner just zum Pokalfinale veröffentlichten Klage über eine angebliche „Komfortzone“ für Spieler und die gestörte Zusammenarbeit mit Manager Michael Reschke wohl einen Nerv getroffen und soll nun darstellen, was da aus seiner Sicht eigentlich im Detail schief läuft in der Fußball GmbH.
Anders ist kaum zu erklären, dass der Coach nach seiner ins Herz des Klub-Betriebs führenden Attacke und in Abwesenheit sportlicher Erfolge nicht hochkant hinaus komplimentiert wurde. Normalerweise schaffen es zum Abschuss frei gegebene Trainer in Leverkusen nicht mehr bis zu einer Abschieds-Rede vor dem Gesellschafter-Ausschuss. Den Vorsitz hat Johannes Dietsch, ein hochrangiger Finanzmann der Bayer AG, weitere Mitglieder sind Michael Schade, Leiter der Bayer-Konzern-Kommunikation weltweit, Rainer Meyer, Leiter der Konzernrevision, Klaus Beck, Vorsitzender des TSV Bayer 04 und Heribert Faßbender, der ehemalige WDR-Sportchef.
Dass es Labbadias letzter Auftritt als Bayer-Trainer sein wird, ist weiter höchstwahrscheinlich. In Hamburg gilt der 43-Jährige noch immer als Favorit auf die Nachfolge von Martin Jol. In Leverkusen weiß Labbadia große Teile der Mannschaft gegen sich. Dem Vernehmen nach hat Bayer 04 dem Trainer zwar angeboten, die Arbeit (Vertrag bis 2010) mit erweiterten Kompetenzen fortzusetzen. Doch ein erneuter Anlauf, selbst unter veränderten Rahmenbedingungen, wäre ein großes Wagnis für den Trainer. Und die interessanten Angebote anderer Klubs gibt es jetzt und nicht im Herbst. So läuft es wohl auf Trennung hinaus. Vielleicht hofft Bayer 04 noch auf eine kleine Ablösesumme.
Doch der Leverkusener Gesellschafter-Ausschuss sucht offenbar auch nach einer Antwort auf die Frage, ob es mit einem neuen Trainer in der alten Struktur einfach so weitergehen kann oder nicht. Indem Labbadia den Intrigen-Vorwurf gegen Reschke in den Raum gestellt hat, hat er außerdem ein Warnschild für andere Trainer in die Landschaft gestellt: Welcher Coach kommt zu einem Klub, in dem - wenn es denn stimmt - so etwas möglich ist? Und in dem - das wäre die Frage an Holzhäuser und Völler - das solange niemand merkt oder eingreift, bis der Trainer öffentlich das von außen so freundlich wirkende Klübchen als schreckliche nette Familie outet.
Mehrere Hierarchie-Ebenen darunter werden einstweilen schon Weichen gestellt. Nach Verteidiger Karim Haggui (zu Hannover 96) verabschiedet sich nach einer halben Saison in Leverkusen auch Ersatztorhüter Gabor Kiraly. Der Ungar wechselt zum TSV 1860 München. Tranquillo Barnette schließlich, zuletzt unter Labbadia sehr unglücklich, hat neben einer Offerte des VfB Stuttgart offenbar zwei Angebote von englischen Premier-League-Klubs vorliegen.
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