Nicht jeder steht auf Labbadias Stallgeruch

  • Nicht jeder steht auf Labbadias Stallgeruch


    Von Frank Heike, Hamburg


    05. Juni 2009
    Es geht nur noch ums Geld. Eigentlich sollte Bruno Labbadia schon am Freitag als neuer Trainer des Hamburger SV vorgestellt werden. Mit Labbadia war sich der HSV einig. Mit Bayer Leverkusen aber nicht. Die Leverkusener verlangen eine Ablösesumme für ihren Coach – er steht dort noch bis 2010 unter Vertrag. Auch ein bisschen öffentliche Empörung war am Freitagnachmittag im Spiel, als Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser sagte: „Herr Labbadia hat bei uns noch für ein weiteres Jahr einen Vertrag. Ich habe den HSV aufgefordert, die Vertragslage zu respektieren.“


    Natürlich hat Holzhäuser in der Sache recht, zumal in diesen Wochen, in denen die Trainer munter und unabhängig vom jeweiligen Vertragswerk einfach hin und her wechseln. So ist es aber nun einmal, und es hilft wenig, das Ganze wortreich zu beklagen. Letztlich dürfte es Bayer auch nur darum gehen, das Maximale an Ablöse herauszuholen. Wie zu hören ist, soll der HSV bereit sein, 1,3 Millionen Euro für Labbadia zu zahlen. Er soll einen Vertrag bis 2012 erhalten. Bis Sonntag will man sich einigen, dann dürfte es aber so weit sein, und der HSV den Nachfolger von Martin Jol haben.


    Bei der Präsentation wird sicher auch das Wort „Wunschkandidat“ fallen – neben Labbadia sollen Mirko Slomka, Bernd Schuster und zuletzt auch Lucien Favre, der Trainer von Hertha BSC, in der Verlosung gewesen sein. Dem HSV ging es bei allen Qualitätsansprüchen vor allem darum, schnell zu handeln und nicht wieder 177 Tage zu recherchieren wie ehedem auf der Suche nach dem Nachfolger von Huub Stevens. Der neue Kader mit gravierenden Änderungen in allen Mannschaftsteilen will ja bald zusammengestellt sein. Insofern ist es eine gute Nachricht für den HSV, dass der verantwortliche Mann nun vor der Tür steht.


    Holzhäuser: „Es ist bekannt, dass es Problemfelder gibt“


    Für die meisten Fans der Hamburger ist es allerdings eine schlechte Nachricht, dass Labbadia neuer Trainer des HSV wird. Im Umfeld des Klubs und bei den Anhängern hält man wenig von einem, der mit Greuther Fürth nicht aufstieg und sein Ende bei Bayer Leverkusen durch ein ungewöhnlich offenes Zeitungsinterview provozieren wollte – und das am Tag des Pokalfinales, das mit 0:1 gegen Werder Bremen verlorenging (siehe auch: Bayer Leverkusen: Auf Abstand zum eigenen Trainer). Da hatte Labbadia die Leverkusener Spieler als zu bequem gebrandmarkt, vom gestörten Verhältnis zu Manager Reschke berichtet und sich selbst als Mann der absoluten Disziplin hingestellt.


    Es las sich wie ein Bewerbungsschreiben für den nächsten Job. Hauptsponsor Bayer indes hatte die warnenden Worte ernst genommen und soll Labbadia sogar ein Angebot in der Doppelfunktion als Trainer und Manager gemacht haben. Doch da war sich Labbadia wohl schon einig mit dem HSV. Nach der schlechten Rückserie mit Rang neun, dem verlorenen Pokalfinale und dem belasteten Verhältnis zur Mannschaft erschien ihm eine Fortsetzung der Arbeit in Leverkusen als wenig reizvoll und auch nicht sehr aussichtsreich. Holzhäuser ließ indes nichts auf Labbadia kommen: „Es ist bekannt, dass es Problemfelder gibt. Doch das sind interne Dinge. Bruno Labbadia ist ein guter Trainer.“


    In der Hamburger Führung um Vorstand Bernd Hoffmann und Sportchef Dietmar Beiersdorfer war man davon schon vor einem Jahr überzeugt. Doch dann erschien Martin Jol als der geeignete Kandidat für die Nachfolge von Huub Stevens. Jol kam als gestandener Trainer, der Tottenham in der Premier League weit gebracht hatte. Labbadia galt nach der feinen Vorrunde mit Bayer Leverkusen als kommender Mann auf den Trainerbänken, als Durchstarter im Anzug, der über Darmstadt 98 und Greuther Fürth den nächsten Karriereschritt in Leverkusen machte. Doch die schwache Rückrunde mit Bayer und eine Mannschaft, die dem Trainer Labbadia am Ende den Rücken zukehrte, lassen an seinen Fähigkeiten zweifeln.


    „Die Lösung Labbadia wäre ideal, weil er Stallgeruch hat“


    Beim HSV sieht man es anders. Hoffmann soll vor allem Härte und Ehrgeiz bei Labbadia gepriesen haben, Eigenschaften, die er bei manchen Profis vermisst hat zuletzt. „Die Lösung Labbadia wäre ideal, weil er Stallgeruch hat und ein junger und ehrgeiziger Trainer ist“, sagt Horst Becker, der Aufsichtsratsvorsitzende des HSV. Bruno Labbadia hat von 1987 bis 1989 beim HSV gespielt. „Stallgeruch“ – das war bei den Trainern nach Thomas Doll eigentlich kein Argument mehr für einen HSV-Coach.


    Wie auch immer. Die Mannschaft hatte sich nach den Erfahrungen der letzten Saison einen „harten Hund“ wie Stevens gewünscht, der gleichzeitig Ruhe, Autorität und Lockerheit eines Martin Jol besitzt. Höher konnte man die Messlatte kaum legen. Der FC Schalke hat Magath, der FC Bayern van Gaal, Werder Bremen Thomas Schaaf, und der HSV dann bald Bruno Labbadia. Mal sehen, ob er seine zahlreichen Zweifler wird überzeugen können.


    Text: F.A.Z.



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