Beitrag von: Grimaudino an Dez. 03 2003,19:43
Ich hoffe mal, dass ich das kopieren und hier rein setzen darf, da
dieser Bericht in den nächsten Tagen ja leider von der Bayer-Homepage
verschwindet.
Aber vielleicht bringt der Bayer ne Serie. Fänd ich toll
bayerapplaus.gif Grimaudino
2003/12/03
"Klöße, Kotelett, Milchsuppe"
Duelle zwischen den Männern im Trikot mit dem Bayerkreuz und denen mit
dem Geißbock auf der Brust hatten schon vor langer Zeit für
Gänsehaut-Atmosphäre gesorgt. Wir blicken zurück - mit den heute
82-jährigen Richard Job und Theo Kirchberg, die in den 50er Jahren für
Bayer die Fußballstiefel schnürten.
Zu den gefürchtetsten Gegnern in damaligen Oberliga-Zeiten zählte
natürlich der 1. FC Köln. Auch Borussia Dortmund oder Rot-Weiß Essen
spielten in der Regel oben mit.
An die Duelle mit den Domstädtern erinnert sich Richard Job, der unterm
Bayerkreuz einst so erfolgreiche und technisch beschlagene Stürmer, noch
sehr genau.
?Vor Spielen gegen den 1. FC Köln zitterte ganz Leverkusen, aus 14
Kilometern Entfernung?, so der rüstige Senior sichtlich amüsiert, als
wäre er erst gestern noch nach Müngersdorf gefahren.
Die Partien liefen immer auf Messers Schneide, weder Leverkusen noch die
Geißböcke hatten einander abgekantert. ?Die Atmosphäre war ähnlich wie
bei einem Länderspiel?, weiß Kirchberg zu berichten, einst wie Job
Trainerlehrgangs-Absolvent unter Sepp Herberger.
In Müngersdorf spielten Job, Kirchberg, Spikowski und Co. nicht selten
vor über 40000 Zuschauern. Um zu den damals noch im Stadtpark
stattfindenden Heimspielen der Bayer-Elf zu gelangen, blieben nicht
viele Möglichkeiten: ?Rund um den Stadtpark stand alles mit Fahrrädern
voll?, erinnert sich Job.
"Ausgeschlafen zum Spiel erscheinen"
Der Rest kam zu Fuß. Autos gab es nur ganz wenige. Die Vorbereitung auf
die Duelle fiel unspektakulär aus: ?Kartoffeln, Klöße, Kotelett,
Milchsuppe ? das war?s, was wir vor dem Spiel zuhause bei Muttern
gegessen haben. Wir haben uns nicht großartig vorbereitet auf die
Spiele. Wichtig nur war das Training und einigermaßen ausgeschlafen zum
Spiel zu erscheinen?.
Trainingslager gab es erst später. Vor allem vor entscheidenden Partien
? wie etwa gegen den gefürchteten FC. Der gelernte Schriftsetzer Richard
Job erhielt nach dem Karriere-Ende 1955, wie viele seiner
Mannschaftskollegen, ?als Ablöse eine Lebensstellung bei Bayer?.
Prämien bis zu 1000 Mark
In jenen Zeiten konnten die Aktiven im Bayer-Trikot bis zu 1000 Mark
verdienen ? inklusive Siegprämien. Bei Vereinswechseln gab es nichts.
Die Prämien waren gestaffelt: ?Für Auswärtssiege, etwa bei Rot-Weiß
Essen, gab es 1000 Mark extra?, sagt Job.
?Vertragsspieler waren wir auch damals schon.? Für seine Arbeit als
Schriftsetzer verdiente er im Monat die Hälfte. Als Einziger aus jener
Mannschaft bekam Karl-Heinz Spikowski übrigens damals einen Vertrag in
Italien, im sizilianischen Catania. Der war zwar gut dotiert für den
Spieler. Der Verein jedoch ging leer aus.
Die Weltmeister geputzt
Gegen die Weltmeister von 1954, ?Hänschen? Schäfer (1. FC Köln), Helmut
Rahn (Rot-Weiß Essen) sowie gegen Otmar und Fritz Walter, haben Richard
Job und Theo Kirchberg noch selbst gespielt. Der spätere Bayer-Coach
Theo Kirchberg, heute in Langenfeld zuhause, erinnert sich: ?Wir haben
damals einmal mit der Niederrhein-Auswahl die Rheinland-Pfalz-Elf um
Fritz und Otmar Walter und Liebrich mit 5:1 geputzt!?.
Neun Jahre vor Gründung der Fußball-Bundesliga (1963) kickten die Besten
im Westen noch in der Oberliga. Die Saison 1953/54 verlief für Bayer
nicht sonderlich spektakulär. Null-Vier fand sich am Ende auf Platz 7
wieder ? eingerahmt von Schwarz-Weiß Essen und dem VfL Bochum.
Sechster im ersten Oberligajahr
Sechs Ränge hinter dem überragenden Westmeister 1. FC Köln, neun Ränge
vor Schlusslicht und Absteiger STV Horst-Emscher. Erst 1948 war das
einstige SV Bayer 04 Leverkusen von der Rheinbezirksliga in die damalige
2. Liga West aufgestiegen.
Nach dem Klassenerhalt im Jahr darauf gelang 1951 die
Zweitligameisterschaft und damit der Aufstieg in die damals höchste
deutsche Spielklasse, die Oberliga: ?Wir wurden auf Anhieb Sechster!?
erinnert sich Job.
Aufwind für die Saison 1954/55
Das eigene Abschneiden im Jahr des WM-Titels für die Nationalmannschaft
war mehr als achtbar. Job und Kirchberg haben das Spiel übrigens
gemeinsam mit weiteren Teamkollegen im heute noch bestehenden
Küppersteger ?Gasthaus Kaiser? vor dem Schwarz-Weiß-Fernseher erlebt.
Beflügelt vom Ereignis in Bern nahmen sich die Bayer-Kicker von 1954
vor, am Ende der nächsten Saison deutlich weiter oben zu landen in der
Tabelle. Und siehe da: im Frühsommer 1955 rangierte Bayer 04 auf einem
beachtlichen 3. Platz, hinter Oberliga West-Meister Rot-Weiß Essen und
?Vize? SV Sodingen.
Der Erzrivale auf der anderen Rheinseite konnte gar deutlich distanziert
werden. Denn Vorjahresprimus 1. FC Köln wurde nur auf Rang 7 notiert...
Christian Jacob
bayerapplaus.gif
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