Jupp Heynckes im Interview
Er wollte nur aushelfen, für vier Spiele in München. Doch das Feuer ist wieder entfacht: Jupp Heynckes übernimmt den Trainerjob in Leverkusen. Hier sagt er, wie seine Frau reagierte, was er plant – und kritisiert die Moral seines Berufsstands.
Jupp Heynckes, was hat Sie bewogen bei Bayer Leverkusen wieder ein langfristiges Engagement anzunehmen?
Ich war überrascht, dass mich Bayer kontaktiert hat. Durch mein Engagement in München bin ich wieder in die Bundesliga gekommen. Es hat mir große Freude bereitet, wieder mit einer Mannschaft zu arbeiten und das Bundesliga-Feeling einzuatmen. Ich habe nicht lange gezögert. Natürlich habe ich mit meiner Frau darüber gesprochen. Sie hat aber gesagt: Du machst ja sowieso das, was du für richtig hälst.
Was spricht für Leverkusen?
Bayer ist eine sehr gute Adresse und ein Klub, der seriös geführt wird. Das Stadion ist modernisiert worden und eine Fußball-Stätte, wo in den nächsten Wochen und Monaten eine tolle Atmosphäre sein wird. Hier werde ich eine Mannschaft antreffen, die sehr talentiert, jung und entwicklungsfähig ist. Ich hatte gleich ein gutes Bauchgefühl. Ich habe hier das Gefühl, etwas bewegen, meine Erfahrung und mein Know-How einbringen zu können. Das ist eine reizvolle Aufgabe. Durch die Zeit in München haben sich wieder einige Vereine an mich erinnert, auch im Ausland. Ich habe aber keinen Gedanken daran verschwendet, ins Ausland zu gehen. In der Bundesliga hätte ich keine andere Mannschaft als Bayer übernommen.
Sie gelten als autoritärer Trainer. Wie wollen Sie Ihren Job angehen?
Wir müssen Harmonie und Verständnis untereinander schaffen, offen und ehrlich miteinander umgehen, damit sich die Spieler wohlfühlen. Auf der anderen Seite müssen die Spieler auch wissen, dass es Regeln gibt und sie für den Erfolg hart arbeiten müssen.
Sie machen einen aufgeräumten Eindruck. Haben Sie sich in den letzten Jahren verändert?
Ich hatte in den vergangenen zwei Jahren große gesundheitliche Probleme. Inzwischen geht es mir wieder sehr gut. Ich habe wieder Gefallen am Fußball und am Trainerjob gefunden. Ich bin auch ein bisschen geprägt von den letzten Jahren, als es mir nicht so gut ging. Da habe ich viel nachgedacht. Jeder Mensch macht Prozesse durch, die einen Dinge anders sehen lassen. Ich denke aber nicht, dass ich mich verändert habe.
In den letzten Wochen hat es in der Bundesliga geradezu ein Job-Hopping gegeben. Wie denken Sie darüber?
Die Praktiken kann ich nicht gut heißen. Ich habe noch nie einen Vertrag gebrochen. Auch nicht, als ich 1996 als Trainer von CD Teneriffa ein Angebot vom FC Barcelona hatte. 101 von 100 Trainern hätten das angenommen. Das ist eine Sache der Ethik, des Selbstverständnisses. Das sind die Klubs aber auch ein Stück weit selbst schuld. Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass Vereine Ausstiegsklauseln in Verträgen bei Trainern einbauen. Wichtig ist, dass man sich mit seiner Arbeit, dem Klub, der Region und der Laufzeit des Vertrages identifiziert.
Wie lautet Ihre Zielsetzung?
Ein Klub wie Bayer 04 muss das Ziel anstreben, im nächsten Jahr international zu spielen. Dafür werde ich alles tun. Die vordergründige Arbeit besteht darin, dass die Mannschaft konstanter und mental robuster wird. Wir müssen zunächst einmal analysieren, warum Bayer eine sehr gute Hinrunde und eine nicht so gute Rückrunde gespielt haben. Das müssen wir mit den Spielern analysieren. Die Meinung der Jungs ist mir sehr wichtig.
Tranquillo Barnetta hatte zuletzt einen Wechsel in Betracht gezogen. Wie sieht es mit der Kaderzusammenstellung aus?
Ich möchte, dass mir alle Spieler zur Verfügung stehen, auch Barnetta. Er ist ein sehr talentierter Spieler, sehr schnell, dribbelt vertikal. Ich würde ihn ungern verlieren. Wenn man eine sehr junge Mannschaft zusammen bekommen hat, darf man die Eckpfeiler nicht verlieren. Ich weiß aber auch, wie die Mechanismen in der Bundesliga laufen.
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