Die Farce um Bruno Labbadia konnte sogar mit finanziellem Gewinn beendet werden, die Wutrede des Sportdirektors von BAYER LEVERKUSEN trifft auch Jürgen Klinsmann und Oliver Bierhoff.
ÜBER LEVERKUSEN BERICHTET FRANK LUSSEM
Es war eine Woche, die sich Harmoniemensch Rudi Völler (49) gerne
erspart hätte. Aber: „Sowas passiert eben, wenn du die Rückrunde vergeigst, das Pokalfinale verlierst und der Trainer diskutiert wird. Dann wird es stressig.“
Am vergangenen Donnerstag war klar, dass es mit Bruno Labbadia (43) nicht mehr geht. Zwar baute man dem Trainer noch die ein oder andere goldene Brücke, doch dessen seit Tagen laufende Verhandlungen mit dem Hamburger SV waren bereits so weit gediehen, dass Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser die Hanseaten am Ende noch um rund eine Million Euro Ablöse erleichtern konnte – was für eine Farce! Immerhin konnte Bayer so letztlich doch noch einen Gewinn aus der Personalie Labbadia verbuchen. Die vom HSV zu erwartende Summe übersteigt jene, die man vor Jahresfrist an Labbadias Ex-Verein SpVgg Greuther Fürth zahlte, um einiges. Das darüber hinaus verzapfte Gerede von Sitte, Moral und Anstand in diesem Geschäft freilich hätte man sich gut und gerne sparen können.
Die Pressekonferenz am Samstag nutzte Rudi Völler nicht nur zur stolzen Präsentation des neuen Trainers Jupp Heynckes. Der Sportchef verteilte auch mächtig Hiebe Richtung Labbadia und dessen Medienberater Christian Frommert. Den beschuldigte er, Labbadia falsch beraten zu haben bei der Veröffentlichung des Interviews in der Süddeutschen Zeitung am Tage des Pokalfinales. In diesem Interview hatte Labbadia sich zu einem Rundumschlag gegen den Verein im Allgemeinen und Manager Michael Reschke (der in Zukunft neue Aufgabengebiete zugewiesen bekommt, Rudi Völler wird ein neuer Assistent zur Seite gestellt) im Besonderen hinreißen lassen und ebenso naiv wie erstaunt registriert, dass die Zeitung die wichtigsten Passagen vorveröffentlichte. Völler: „Wozu braucht er einen Medienberater? Das kotzt mich an! Ich kann das nicht verstehen. Man muss doch authentisch bleiben und darf sich nicht verbiegen lassen. Bruno ist da falsch beraten!“ Völler nutzte die Gelegenheit zu einem Seitenhieb auch auf Jürgen Klinsmann: „Der hat ja auch einen Medienberater, der Fragen vor einem Interview schon vorformuliert. Vielleicht bin ja altmodisch. Aber ich brauche keinen Medienberater.“ Einmal in Fahrt, setzte es auch noch was
für Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff, Völlers ganz besonderen Spezi: „Ich brauche keine Medienberater, um bei Niederlagen gut rauszukommen. Mag Zufall sein, dass Oliver Bierhoff den gleichen wie Bruno Labbadia hat.“ Aber letztlich ginge es weder um den einen noch um den anderen: „Es geht nicht um Labbadia oder Rudi Völler. Es geht immer nur um den Verein. Wenn da Dinge passieren, die schaden, dann muss man dazwischenhauen.“
Dies tat Völler eindrucksvoll, ebenso wie Jupp Heynckes die Gelegenheit nutzte, die „Job-Hopperei“ seiner Gilde zu geißeln: „Wichtig ist, sich mit dem Verein, der Region, der Arbeit und der Laufzeit des Vertrages zu identifizieren. Das ist eine Sache der Ethik und des Selbstverständnisses.“
Ruhe wird einkehren in Leverkusen, Heynckes steht für Souveränität. An ihm liegt es nun, alles herauszuholen aus dem Potenzial des Kaders, von dem Rudi Völler sagt: „Außer hinter den Bayern brauchen wir uns vor niemanden zu verstecken!“ Nach der bleiernen Zeit unter Berti Vogts 2001 feierte Bayer in der folgenden Saison unter Klaus Toppmöller rauschende Fußballfeste. Gelingt es Heynckes, die Lockerheit zurückzubringen, ist eine Light-Version (weil ohne internationalen Wettbewerb) dieser Ereignisse nicht auszuschließen.
Quelle: kicker-Printausgabe vom 08.06.09