Es war gemütlich bei Jupp Heynckes (64). Dort saßen Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler und Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser im Bauernhaus „Casa de los Gatos“, dem Haus der Katzen . Die beiden Gäste waren tief beeindruckt von dem, was ihnen der Hausherr zu erzählen hatte.
„Leverkusen hat in vielen Spielzeiten versucht, einen attraktiven Fußball nach vorne zu spielen. Aber zügellos. Ohne Rückendeckung nach hinten. Das versuche ich zu ändern. Man kann, wie es mir zuletzt bei Bayern gelang, auch in kurzer Zeit verbessern. Ich werde das wahrscheinlich auch in Leverkusen schaffen“, sagt Heynckes.
Bei Bayer wird er deshalb demnächst einen Zweijahresvertrag unterschreiben. Aber Papier ist ihm nicht wichtig. In München hatte er zuletzt das Wort Geld außen vor gelassen. Erst bei der Abschlussfeier flüsterte ihm Manager Uli Hoeneß eine Summe ins Ohr. Über die Höhe schweigt der Gentleman. Er sagt nur: „Wenn Bayern etwas freiwillig macht, kann man zufrieden sein.“
Auch bei Bayer Leverkusen stellte er keine Forderungen, bat nur, den jungen Kader zusammenzuhalten. Mit dem neuen 35-jährigen finnischen Riesen Sami Hyypiä vom FC Liverpool könnte das Ziel erreicht werden, hinten stabiler zu werden. Neben Hyypiä könnte der 20-jährige Stefan Reinartz aus Nürnberg spielen. Er war dort ein Garant des Aufstiegs.
Heynckes arbeitete immer gut mit jungen Spielern, rieb sich an den Stars. Wie an denen von Real Madrid, die er 1998 zum Champions-League-Titel führte.
Im Gespräch mit SPORTBILD wirkte er milde. „Heute in der rasanten, lauten Gesellschaft muss man versuchen, von den Spielern den Druck zu nehmen, damit sie sich in einer Atmosphäre bewegen können, die nicht so hektisch, nicht so ungeduldig und fordernd ist“, merkt er fast philosophisch an.Früher sagte er oft, die Spieler in Spanien hätten mehr Respekt vor den Trainern. Heute sagt er: „Es kommt immer auf den Zeitgeist an, in dem man lebt. Heute muss man den Spielern mit höherer Sensibilität und Respekt begegnen.“
„Jupp ist für die Rente zu jung“, sagte Gladbachs Retter Hans Meyer (66) noch vor Kurzem. Wenn Heynckes zwei Jahre in Leverkusen bleibt, ist er 66 Jahre alt. „Na und“, sagt der. „Mit 66 fängt das Leben erst an.“
Raimund Hinko/Kai Psotta
Quelle: Sportbild-Printausgabe vom 10.06.09