Leverkusen – Er lacht. Er scherzt. Die 64 Jahre - wie weggeblasen. Ist Jupp Heynckes in einen Jungbrunnen gefallen? EXPRESS sprach mit dem Trainer von Bayer Leverkusen über seine neue Lust am Fußball.
Herr Heynckes, wie ist Ihr Eindruck von Bayer?
Sehr gut. Der Klub ist optimal aufgestellt. Die handelnden Personen wie Wolfgang Holzhäuser und Rudi Völler gefallen mir sehr gut. Dazu dieses fantastische Stadion mit den neuen Räumlichkeiten – ich bin begeistert.
Das sieht man Ihnen an. Sie versprühen pure Lebensfreude.
Ich bin gelassener geworden.
Woran liegt es?
Weil ich älter geworden bin. Und ich spüre mehr denn je: Ich liebe meine Arbeit.
Sie wollen noch einmal genießen?
Früher habe ich meine Emotionen versteckt. Ich war nicht der Typ, der im Mittelpunkt stehen musste.
Und heute?
Bin ich authentisch.
Sind Sie angekommen?
Ja, bin ich. Ich brauche mich nicht mehr zu verstellen.
Das spüren offensichtlich auch die Spieler. In München haben Sie Lukas Podolski das Lachen zurückgegeben. Wie haben Sie das gemacht?
Ich habe gezielt mit ihm auf dem Platz trainiert. Er hat sofort mitgezogen, er war sehr engagiert. Dann habe ich ihm signalisiert, dass er spielen wird. Ich habe regelrecht gespürt, dass er danach gedürstet hat.
Wie wirkte er persönlich auf Sie?
Er ist ernster geworden. Das hat mir gefallen, weil es zeigt, dass er sich viele Gedanken gemacht hat über seinen Beruf.
Sind junge Spieler, die heute bereits mit 18 Jahren Millionen verdienen, schwerer zu führen als früher?
Junge Spieler heute sind weiter als zu meiner aktiven Zeit. Sie sind selbstbewusster und anspruchsvoller.
Wie geht man als Trainer damit um?
Indem man sie führt. Viele junge Spieler wollen das. Und sie wollen Vorgaben. Das, was man ihnen sagt, muss man als Trainer auch umsetzen.
Hört sich streng an ...
Nein. Der autoritäre Stil ist heute nicht mehr zeitgemäß.
Aber es muss doch Regeln geben?
Selbstverständlich!
Welche denn?
Disziplin. Respekt zwischen Trainer und Spieler. Und ganz wichtig ist für mich: Ein Spieler darf sich nie daran gewöhnen zu verlieren.
In den 70er Jahren waren Sie Spieler, dann wurden Sie Trainer. Ziehen Sie doch einmal für uns einen Vergleich zu der heutigen Zeit.
Fußball ist heute ein Spektakel, das alle Schichten der Gesellschaft interessiert. Früher waren ja kaum weibliche Fans im Stadion. Das ist heute anders. Und das ist schön so.
Die Liga boomt ...
Ja. Sie ist spannend und interessant. Aber wir dürfen uns nicht blenden lassen: Taktisch und spielerisch müssen wir uns verbessern.
Oder man verpflichtet einfach die besten Spieler der Welt. Das macht Ihr Ex-Klub Real Madrid ...
Das halte ich für fragwürdig. In England und Spanien werden die Klubs in eine Schuldenfalle getrieben. Ich finde es gut, dass in der Bundesliga solche Harakiri-Dinge nicht gemacht werden.
Haben deutsche Klubs international keine Chance mehr?
Gegenüber den spanischen und englischen Klubs haben sie einen großen Nachteil. Denn klar ist: Um in der ChampionsLeague ganz weit nach vorne zu kommen, brauchst du von der Nummer eins bis Nummer elf absolute Top-Leute.
Ihr Team ist jung, besitzt großes Potenzial. Hat Sie das gereizt?
Ja. Es ist eine prima Mannschaft mit tollen Fußballern. Bayer hatte immer attraktive Mannschaften.
Ihr Ziel?
Wir wollen in den Europacup!