„Genug geredet, jetzt müssen wir handeln!“

  • LEVERKUSEN: Kießling fordert Konzentration


    Das Inselleben fand am Sonntag endgültig ein Ende für die Bayer-Delegation, Borkum ist Vergangenheit, gestern Abend stand das erste ernstzunehmende Testspiel (bei Druckbeginn noch nicht beendet) auf dem Programm, in Wattenscheid gegen den marokkanischen Rekordmeister Wydad Athletic. Insgesamt drei Testspiele stehen in dieser Woche auf dem Plan, zur Freude der Spieler, die auch im 21. Jahrhundert lieber ein Spiel nach dem anderen absolvieren als eine Trainingseinheit nach der anderen. Obwohl: „Borkum war okay“, sagt Stefan Kießling (25). Die Intensität sei zwar hoch gewesen, „doch wir bekamen immer wieder Phasen der Erholung zugestanden.“ Außerdem registriert der Nationalspieler „entkrampfte Stimmung“ und einen Trainer, „der eine lockere Art hat und bei dem man die große Erfahrung förmlich spürt.“


    Heynckes ließ den Spielern Freiräume. Reglementierungen (etwa bei Essenszeiten) schaffte er ab, Vertrauen ist ihm momentan wichtiger als bedingungslose Kontrolle, er wird spüren, ob es zurückgezahlt oder aber ausgenutzt wird. Kießling: „Danach sieht es ganz sicher nicht aus, hier zieht jeder mit. Jeder hat begriffen, auf was es ankommt!“ Auf eine gute Saison kommt es an, auf viele Siege und jede Menge Tore. Deshalb reagierte Kießling auch „regelrecht schockiert“, als er einen Tag vor seiner eigenen Hochzeit erfuhr, dass Patrick Helmes, sein „sportlicher Partner“ sich das Kreuzband gerissen hatte: „Mal so ganz locker 21 Tore in einer Saison, das schaffen nur ganz wenige in Deutschland. Deshalb sind wir alle gefordert, Patricks Ausfall zu kompensieren.“


    Dass dem Schweizer Neuzugang Eren Derdiyok (21) aktuell die besten Chancen eingeräumt werden, den freien Platz im Angriff neben Kießling einzunehmen, ist kein Geheimnis. Dass beide mit 1,90 Meter Körpergröße zu statisch in der Angriffsmitte verharren, sieht Kießling nicht: „Wir sind zwar beide sehr groß, aber trotzdem nicht die gleichen Typen. Ich bin sicher, wir werden uns gegenseitig ergänzen und nicht auf den Füßen herumstehen. Wichtig ist sowieso, dass jeder Spieler dem anderen hilft, dass jeder auch für die Fehler des anderen einsteht.“


    Die vergangene Saison hat tiefe Wunden geschlagen. So etwas, das weiß jeder im Kader, darf nicht mehr passieren. Eitelkeiten und Egoismen sollen keinen Platz mehr haben. Stefan Kießling geht mit gutem Beispiel voran und fängt bei sich an, sieht keinen Grund, einen Platz im Sturm für sich zu reklamieren: „Wenn es der Mannschaft hilft, bin ich für alles offen. Das kann auch im Mittelfeld sein. Eins ist klar: Geredet worden ist genug, wir müssen jetzt handeln. Es liegt an uns, Platz neun aus der letzten Saison vergessen zu machen!“
    FRANK LUSSEM




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 06.07.09