KStA: Der neue Häuptling von Bayer 04

  • Sami Hyypiä


    Der neue Häuptling von Bayer 04


    Von Christian Oeynhausen, 16.07.09, 23:42h, aktualisiert 16.07.09, 23:45h


    Mit Sami Hyypiä soll Bayers Abwehr mehr Stabilität bekommen. Nach zehn Jahren Premier League hofft der 35-Jährige mit der Mannschaft auf Titel. Dass er in seinem Alter noch fit ist, verdankt er Glück und einem vernünftigen Lebenswandel.


    LEVERKUSEN - Der Profisportler soll dem Beruf alles andere unterordnen, Sami Hyypiä ist diesen Weg so konsequent gegangen wie kaum ein anderer: Statt eines Eherings trägt Bayer Leverkusens neuer Verteidiger ein Tattoo auf dem Ringfinger. „Ich mag sowieso keinen Schmuck. Und so kann ich nie vergessen, beim Training den Ring abzunehmen“, sagt der Finne. Schon Anfang Mai hat Leverkusen die Verpflichtung des Nationalspielers bekannt gegeben. Noch läuft die Transferperiode, aber bisher ist Hyypiä, geboren in Porvoo im Süden Finnlands, neben dem Neu-Münchner Timoschtschuk immer noch der größte Name, der zur neuen Saison in die Bundesliga kommt. Vor einigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, einen Mann wie ihn zu holen: Champions-League-Gewinner und Uefa-Cup-Sieger, Leistungsträger beim FC Liverpool - das war und ist für die Bundesligisten normalerweise unbezahlbar.


    Die größten Spiele


    Aber Sami Hyypiä steht mit 35 Jahren im Herbst seiner Karriere: „Ich wusste, dass ich in Liverpool nicht mehr viele Spiele machen würde. Ich will aber jede Woche spielen, wenn ich meine Leistung bringe. Ich bin zuversichtlich, dass ich mein Niveau noch eine Weile halten und mit Bayer Titel gewinnen kann.“


    Als Ersatzmann noch ein bisschen absahnen in Liverpool, das wollte er genauso wenig wie für einen anderen Premier-League-Klub gegen Liverpool zu spielen. Leverkusen trat im richtigen Moment auf den Plan. Der Finne, für 4,4 Millionen Euro nach England gekommen, war ablösefrei. „Es war Bayer von Anfang sehr ernst damit, dass sie mich wollten“, sagt Hyypiä.


    Vor dem Wechsel stand noch ein sehr emotionaler Abschied, den die Fans an der Anfield Road dem Abwehrchef bereiteten. Die Fan choreographierten in riesigen Lettern den Namen des Finnen, es gab Tränen beim 1,96 m-Riesen. „Ich war schon als Kind Liverpool-Fan, für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen, als sie mich holten“, sagt Hyypiä. Das war 1999. Zehn Jahre lang ist er geblieben, er war Teil von zwei der größten Fußballspiele des letzten Jahrzehnts: Liverpools Uefa-Cup-Sieg 2001 in Dortmund gegen CD Alaves, ein 5:4 durch ein Golden Goal, und das Champions-League-Finale 2005, als die „Reds“ ein 0:3 gegen den AC Mailand aufholten und nach Elfmeterschießen gewannen.


    Was sie sich beim Werksklub vom 97-maligen Nationalspieler versprechen, macht Rudi Völler klar: „Sami ist genau die Führungsfigur, die uns zuletzt gefehlt hat“. Die Verständigung mit Trainer Jupp Heynckes läuft im Zweikanalton. Der Finne wendet sich auf Englisch an den Coach. Der antwortet auf Deutsch. Hyypiä war vier Jahre bei Willem II in Tilburg in den Niederlanden und versteht das Nötigste. Am Mittwoch beim 2:1 im Test in Genk (Bayer-Tore durch Vidal / 89. und Gekas / 90.) spielte Hyypiä erstmals durch.
    Stellungsspiel und Reichweite


    Stabilität, Lufthoheit, Konstanz und häuptlingshafte Autorität erhofft sich Leverkusen von ihm. Dass er nicht der Schnellste ist, kompensiert er durch Stellungsspiel und Reichweite. Als er unter Manager Rafael Benitez in Liverpool den Stammplatz verlor, gab es auch in England die Diskussion um sein Tempo. In einem Abschiedsartikel brachte es eine Zeitung so auf den Punkt: „Er hatte ja nie eine Schnelligkeit, die er hätte verlieren können.“ Das war respektvoll gemeint - wer das Spiel lesen kann, muss nicht mal in der schnellsten Liga der Welt hinterher rennen.


    Dass er mit 35 noch fit ist, verdankt Hyypiä zum einen dem Glück, relativ verletzungsfrei durch die Karriere gekommen zu sein. Und zum anderem einem vernünftigen Lebenswandel. „Ich habe so viele große Talente scheitern sehen, weil sie einfach kein normales Leben mehr geführt haben“, sagt Hyypiä.


    Einen Hauch von Weltfußball-Glanz hat Hyypiä dem Werksklub schon verpasst. Auf dem Parkplatz ist sein silbergrauer Ferrari 559 GTB der Star unter den aktuellen Spielerkarossen. In der ewigen Bayer-Rangliste liegt Hyypiä mit dem 620-PS-Geschoss auf Rang drei hinter Bernd Schuster (Rolls Royce) und Jens Nowotny (Mercedes SLR McLaren).