Für Jupp Heynckes, der seit diesem Sommer Bayer Leverkusen trainiert, war früh klar, dass Jürgen Klinsmann nicht lange beim FC Bayern bleiben würde. "Den Trainerberuf muss man genauso erlernen wie andere Berufe", kritisiert der 64-Jährige, der die Nachfolge von Klinsmann in München antrat und frühzeitig Louis van Gaal vorgeschlagen hat.
Der erfahrene Fußballlehrer Jupp Heyckes hat mit Jürgen Klinsmann und der jungen Trainergeneration gnadenlos abgerechnet. „Bei Jürgen Klinsmann war für mich klar: Sie können nicht am offenen Herzen operieren, wenn sie noch nie an einem Operationstisch gestanden haben. Den Trainerberuf muss man genauso erlernen wie andere Berufe“, sagte der 64-Jährige der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Heynckes war beim Rekordmeister FC Bayern München am 27. April als Kurzzeit-Nachfolger für den gefeuerten Jürgen Klinsmann verpflichtet worden. Klinsmann habe sicher gute Ansätze, sehr gute Ideen und sei wahnsinnig engagiert: „Aber der Fußball kann nicht neu erfunden werden. Erfahrung ist letztlich unbezahlbar." Wer Bayern München trainieren wolle, müsse schon ein paar Jahre als Trainer auf dem Buckel haben.
Generell ist der Trend zu jungen Trainern für den Weltmeister von 1974 nicht nachzuvollziehen: „Die jungen Leute sind gute Verkäufer ihres Jobs. Sie erklären den Medien rhetorisch geschliffen ihre Philosophie. Irgendwann glauben die Leute, das sei das Ei des Kolumbus - bis der ganze Hype ins Gegenteil umschlägt wie in München.“
Heynckes erklärte, dass er dem neuen Bayern-Sportdirektor Christian Nerlinger gesagt habe, dass man künftig neben Spielern auch Trainer sichten müsse. So könne man ein Persönlichkeitsprofil erstellen, wer irgendwann einmal für den FC Bayern in Frage komme.
Er habe Manager Uli Hoeneß in der ersten Woche seiner Amtszeit empfohlen, den später tatsächlich als Nachfolger verpflichteten Niederländer Louis van Gaal anzusprechen: „Der arbeitet richtig auf dem Trainingsplatz mit den Spielern, der hat Autorität dank seiner Persönlichkeit, seines Charakters und seiner Erfolge, nicht bloß seines Amtes wegen.“
Die Vereine müssten viel mehr darauf achten, nach dem Vorbild von Arsene Wenger bei Arsenal Lonson oder Alex Ferguson bei Manchester United Trainer langfristig zu etablieren. Ansonsten müssten sich die Spieler jedes Jahr auf eine neue Arbeitsweise und neue Ideen einstellen: „Deshalb bedaure ich die Spieler manchmal.“
In seinem neuen Job bei Bayer Leverkusen möchte Heynckes, „dass man hier nach zwei Jahren sagt: Der Mann hat Spuren hinterlassen.“ Der Anruf von Rudi Völler sei überraschend gekommen: „Aber in München habe ich gemerkt, dass es mir ungemein Spaß macht, mit einer guten Mannschaft zu arbeiten und umgekehrt war es genauso der Fall.“
Die fünf Wochen beim FC Bayern seien die Initialzündung gewesen: „Wenn ein Klub wie Bayern kurz vor dem Saisonende die Reißleine zieht und einen jungen Trainer durch einen erfahrenen ersetzt, ist das ein Novum, aber kein Zufall. Dann werden auch andere Klubs aufmerksam.“
Ob Leverkusen nun endgültig seine letzte Trainerstation ist, weiß Witzbold Heynckes angeblich noch nicht: „Vielleicht kann ich eines Tages von Otto Rehhagel die griechische Nationalmannschaft übernehmen. Wir beide verstehen uns gut, und vom Alter würde es passen.“