Leverkusens Klubchef Wolfgang Holzhäuser übt scharfe Kritik an den Abstellungsplänen für die U-20-Weltmeisterschaft. Er Bilanziert über Bayers Ex-Trainer Skibbe und Labbadia, und erklärt, dass für Jupp Heynckes derzeit alles spricht.
Leverkusens Klubchef Wolfgang Holzhäuser.Herr Holzhäuser, die Schlussphase der letzten Saison verlief äußerst turbulent. Ist der Klub jetzt wieder zur Ruhe gekommen?
HOLZHÄUSER: Ja, es herrscht wieder Ruhe. Aber die Aufregung war sicherlich auch nicht größer als bei anderen Klubs in vergleichbaren Situationen. Nachdem wir uns von Bruno Labbadia getrennt haben, und wir mit Jupp Heynckes, wie ich meine, DEN Nachfolger gefunden haben, hat sich alles normalisiert.
Was hat das Jahr mit Bruno Labbadia dem Klub gebracht, im Vergleich mit Michael Skibbe?
HOLZHÄUSER: Eigentlich nichts, denn Michael Skibbe hatte mit einer Mannschaft, die im Grunde schwächer aufgestellt war, mehr erreicht als Bruno Labbadia. Aber ich bleibe dabei, dass Bruno Labbadia ein guter Trainer ist, und dass er auch ein sehr guter Trainer werden kann, wenn er im Umgang mit den Spielern etwas mehr Flexibilität an den Tag legt . Weil er diese Flexibilität nicht hatte, hat sich in den letzten Monaten bei uns eine Situation hochgeschaukelt, die sich negativ auf die Leistung der Mannschaft ausgewirkt hat.
Was sprach für Jupp Heynckes?
HOLZHÄUSER: Eigentlich alles! Denn nachdem die Arbeit der jungen Trainer Michael Skibbe und Bruno Labbadia mit der jungen Mannschaft nicht den erhofften Erfolg hatte, wollten wir eine gestandene und erfahrene Persönlichkeit verpflichten. Und die haben wir mit Jupp Heynckes gefunden.
Was erwarten Sie von der kommenden Saison, auch mit Blick auf die Neuverpflichtungen?
HOLZHÄUSER: Die Neuverpflichtungen spiegeln unsere Philosophie wider: Nämlich junge, begabte Spieler mit hohem Potenzial durch erfahrene Spieler zu ergänzen und sie so zur vollen Leistung zu bringen. Es ist ja erkennbar, dass wir uns auf dem Transfermarkt etwas zurückgehalten haben. Das liegt nicht daran, dass wir nicht den Mut hatten, noch mehr zu machen. Sondern daran, dass wir überzeugt sind, dass die Mannschaft, die wir in den letzten drei Jahren zusammengestellt haben, von der Struktur her in Ordnung ist, und ihr sportliches Potenzial nur abgerufen werden muss. Deshalb bin ich auch davon überzeugt, dass wir um die internationalen Plätze spielen können.
Wie groß ist der Druck, nicht noch ein drittes Mal das internationale Geschäft verpassen zu dürfen, auch mit Blick auf das neue Stadion?
HOLZHÄUSER: Der Druck ist natürlich groß. Nicht wegen des Stadions, sondern weil wir von der ganzen Struktur her ein Verein sind, der regelmäßig international spielen muss. Wenn es mal zwei Jahre nicht gelingt, ist das schon sehr schwer zu verkraften, doch immer noch kein Beinbruch. Aber letztlich müssen wir im dritten Jahr die Qualifikation schaffen. Und: Druck kann ja auch zur Höchstleistung anspornen und ich glaube, das wird bei unserer Mannschaft der Fall sein.
Welche Rolle spielt das Stadion für Sie persönlich? Sie habe es kürzlich als „Lebenswerk" bezeichnet.
HOLZHÄUSER: Mein berufliches Lebenswerk, ja! Wenn man bedenkt, dass ich bereits zehn Jahre für Bayer 04 Verantwortung trage, dann ist die Optimierung des Stadions für diesen Zeitraum ein Lebenswerk. Wir können alle stolz sein, dass da jetzt etwas steht, was vor acht, neun Jahren noch undenkbar war.
Noch zwölf Tage bis zum Start.
Aber das verlangt natürlich, dass wir auf dem Platz die Leistung bringen, die wir mit dem Stadionbau vorgegeben haben.
Stimmt es, dass Bayer 04 große Schwierigkeiten hat, die Logen und Business-Plätze zu vermarkten?
HOLZHÄUSER: Große Schwierigkeiten sicher nicht. Aber wir tun uns - wie im übrigen die gesamte Bundesliga - zurzeit etwas schwer. Bei uns sind es weniger die Logen, die sind bis auf eine alle weg. Bei den neuen Sky-Boxes liegen wir bei zwei Drittel, aber es gibt täglich Buchungen. Wir haben noch etwas Probleme in der etwas günstigeren Business-Lounge. Komischerweise laufen die teureren Dinge besser als die preisweiteren. Richtig ist, dass die Wirtschaftskrise sicherlich die Entscheidung, einen Business-Seat zu nehmen, beeinflusst.
Bei den Fans gab es Unmut über die erhöhten Ticketpreise.
HOLZHÄUSER: Unsere Preise lagen bisher am Ende der Bundesliga. Jetzt haben wir uns ins Mittelfeld gewagt. Ich denke, dass dies in Anbetracht des neu geschaffenen Umfeldes moderat ist. Die meisten Käufer haben auch Verständnis dafür. Immerhin haben wir bis jetzt 16 500 Dauerkarten verkauft, mehr als in der Vergangenheit. Wir haben fast jeden, der sich beschwert hat, angerufen und sind bis auf ganz wenige Ausnahmen am Ende auf Verständnis gestoßen.
Wie gefällt ihnen der neue Spielplan: Ein Samstagabendspiel, eine Partie am frühen Sonntagnachmittag?
HOLZHÄUSER: Das sehe ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Ich bin ein Markenmensch und ich halte den Terminus „Samstag, 15.30 Uhr = Bundesligafußball„ für etwas sehr Wichtiges, dass man nicht so einfach aufgeben sollte. Andererseits müssen wir uns den Wünschen unserer Vertragspartner anpassen, wenn wir eine bessere Vermarktung wollen. Aber meine Idealvorstellung wäre: Alle Spiele am Samstag um 15.30 Uhr.
Es gibt Streit um die Abstellungen zu U-20-Weltmeisterschaft im September. Wie stehen Sie zu dieser Frage?
HOLZHÄUSER: Diese Ansetzung mitten in der laufenden Bundesliga-Saison schadet vor allem den Klubs, die auf junge Talente setzen. Und das tun wir. Deshalb denken wir sehr differenziert darüber nach, ob wir einen Toni Kroos oder Stefan Reinartz, die bei uns im Kader stehen und vielleicht Stammspieler sind, abstellen können. Sofort, nachdem die Fifa überraschend diese WM vom Juli in den September gelegt hat - aus was für Gründen auch immer - habe ich gesagt, dass dieses Thema dringend einer Klärung bedarf. Allein: Es ist nichts geschehen, trotz mehrerer Telefonate von mir. Da vermisse ich auch Unterstützung von der Deutschen Fußball-Liga. Von der hat man nichts gehört.
Der Nachwuchsfußball schwimmt auf einer Erfolgs- und Sympathiewelle. Wollen Sie die zerstören?
HOLZHÄUSER: Darum geht es nicht. Wir unterstützten die Nachwuchsarbeit, wo immer es geht. Aber es kann nicht sein, dass wir dadurch Nachteile haben. Sollen wir darauf verzichten, einen Kroos oder Reinartz im Kader zu haben und lieber einen 21-Jährigen Ausländer nehmen, weil der nicht mitten in der Saison für eine U-20-WM abgestellt werden muss? Wir wollen doch deutsche Nachwuchsspieler haben. Und wir sind es, die sie ausbilden und bezahlen. Wir sind im Kontakt mit den Bayern, mit Stuttgart, Freiburg, Nürnberg. Die sehen das ganz genauso. Es wird einen Kompromiss geben müssen. Aber der darf uns nicht benachteiligen.
Wie könnte der aussehen? Ein Spieler pro Verein?
HOLZHÄUSER: Ich könnte mir vorstellen, dass zum Beispiel Richard Sukuta-Pasu, der bei uns im Sturm nicht in der ersten Formation gesetzt ist, dort Spielpraxis sammeln könnte, die ihm dann bei uns helfen würde. Aber ich wehre mich vehement dagegen, dass wir dafür auf eventuelle Stammspieler verzichten.
Quelle: http://www.leverkusener-anzeig…tikel/1246883738288.shtml