Tabellenführer Leverkusen Heynckes hat Bayerns Schwäche erwartet

  • Von Lars Gartenschläger 25. August 2009, 17:08 Uhr


    Er war Nachfolger von Jürgen Klinsmann und Louis van Gaals Vorgänger als Trainer bei Bayern München. Im Interview mit WELT ONLINE sagt Jupp Heynckes, dass „die Bayern Zeit brauchen". Außerdem spricht der Leverkusener Coach über den Aufschwung seines neuen Teams und die Chancen von Nationaltorhüter Rene Adler.


    WELT ONLINE: Können Sie die Kritik an den Münchenern verstehen?


    Jupp Heynckes: So ein Start fällt natürlich schwerer ins Gewicht, wenn er einem Team wie dem FC Bayern passiert. Weil man denkt, bei einem so großen Verein läuft immer alles perfekt. Dass es Startschwierigkeiten gibt, war insofern zu erwarten, als es einen neuen Trainer, Zugänge, Abgänge und Ausfälle gab. Welches Team würde es wegstecken, wenn Lucio, Demichelis, van Bommel, Ribery, Ze Roberto und Toni nicht dabei sind? Das sind sechs Stützen, die die letzten zwei Bayern-Jahre geprägt haben. Die Bayern befinden sich in einem Prozess, es gibt Veränderungen – und dafür braucht man Zeit und Geduld.


    WELT ONLINE: Zeit ist doch gerade in diesem Geschäft knapp bemessen.


    Heynckes: Aber worüber reden wir denn? Das ist doch eine Momentaufnahme. Glauben Sie mir: Der FC Bayern wird reagieren. Schon am Samstag gegen Wolfsburg. Louis van Gaal ist ein erstklassiger Trainer. Aber er ist kein Wunderheiler und Wundermacher. Er braucht Zeit. Er hat ja auch schon mal angemerkt, dass die Vorbereitung alles andere als gut konzipiert war.


    WELT ONLINE: Er hat die vielen Freundschaftsspiele kritisiert. Vergangene Woche gab es dann eins in Görlitz, nun beim 1. FC Union.


    Heynckes: Ich kenne das aus meiner Bayern-Zeit. Bei mir hat mal eine Vorbereitung damit angefangen, dass wir an den ersten drei Tagen jeweils ein Spiel hatten. Da bist du als Trainer gestresst, weil du nicht trainieren kannst. Das ist auch ein Teil des FC Bayern, der viele Verpflichtungen hat.


    WELT ONLINE: Der frühere Torhüter Oliver Kahn vermisst bei den aktuellen Spielern das Erfolgsdenken. Er hat das Gefühl, dass die alte Dominanz, das Mia-san-Mia-Gefühl, abhanden gekommen sei.


    Heynckes: So etwas steht immer in Abhängigkeit von der Philosophie des Vereins und des Trainers. Welchen Fußball will der Trainer? Will er Fußball sehen, der sich nur über das Kollektiv definiert? Will er Fußball, der von individuell starken Spielern geprägt wird? Ich finde die Mentalität der Spieler von heute nicht so gravierend schlecht, wie das teilweise dargestellt wird. Es ist auch nicht gut, immer wieder die alten Zeiten zu beschwören. Wir haben früher auch schlechte Spiele gemacht. Ich denke, es ist in erster Linie die Aufgabe des Trainers, die verschiedenen Kulturen der Profis zu verbinden, das Team zu formen und ihm ein Gefühl vorzuleben.


    WELT ONLINE: So überraschend wie die Bayern auf Platz 14 stehen, so überraschend ist die Tabellenführung von Bayer.


    Heynckes: Das hat sich die Mannschaft erarbeitet. Jedoch ist sie selbstkritisch genug und weiß, dass noch nicht alles perfekt läuft.


    WELT ONLINE: Bayer ist im Vergleich zu früher sehr effektiv geworden.


    Heynckes: Wir haben den Spielstil etwas geändert. Es ist wichtig, dass man variabel und in der Lage ist, mal zu verlangsamen oder aber zu beschleunigen. Als ehemaliger Stürmer weiß ich, dass du vor dem Tor Speed herausnehmen musst, um dich beim Abschluss konzentrieren zu können. Da waren einige Spieler hier früher zu überhastet und wollten immer mit höchstem Tempo spielen.


    WELT ONLINE: Wie arbeitet es sich mit der jungen Mannschaft?


    Heynckes: Wir haben mit Sami Hyppiä und Thomas Zdebel ja auch zwei ältere Semester. Insgesamt macht es unglaublichen Spaß. Die Mannschaft zieht voll mit. Ich spüre, wie sie versucht, das umzusetzen, was ich als Trainer vorgebe. Wenn man dann auch noch Talent hat, kann ich mir vorstellen, dass für uns am Saisonende was ganz Gutes herausspringen kann.


    WELT ONLINE: Was?


    Heynckes: Wir wollen in den internationalen Wettbewerb.


    WELT ONLINE: Donnerstag benennt Bundestrainer Joachim Löw das Aufgebot für die Spiele gegen Südafrika und Aserbaidschan. Wie sehen Sie die Chancen von Torhüter Rene Adler im Nationalteam?


    Heynckes: Sehr gut. Es imponiert mir, wie er arbeitet, wie er trainiert und vor allen Dingen auch, wie er sich als Person in der Truppe einbringt. Rene ist für mich ein absoluter Klasse-Torwart. Ich denke, dass er die Zukunft für sich hat. Ein Pluspunkt für ihn ist zudem, dass er den nötigen Intellekt mitbringt, der auf dieser Position ganz wichtig ist.
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    WELT ONLINE: Zuletzt musste Adler aber den Kollegen Robert Enke und Tim Wiese den Vortritt lassen.


    Heynckes: Das wird auch wieder mal anders sein. Aber ganz ehrlich: Es ist für Joachim Löw natürlich schwierig, weil er mehrere gute Torleute zur Auswahl hat, von denen er nur drei mit zur WM nehmen kann – vorausgesetzt, wir qualifizieren uns. Deshalb würde ich es auch niemals kritisieren, wenn sich der Bundestrainer mal gegen Rene entscheiden sollte. Aber eins ist für mich klar: An Rene Adler kommt er auf kurz oder lang nicht vorbei. Er ist hier ein Führungsspieler, den ich massiv unterstützen werde.



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