„Wir müssen jede Menge verbessern!“

  • LEVERKUSEN: Interview mit Kapitän Rolfes


    Neues Stadion, neuer Trainer, neuer Abwehrchef – der kicker sprach mit dem (alten) Kapitän Simon Rolfes (27) vor dem Heimspiel gegen den VfL Bochum über neue Möglichkeiten und alte Verhaltensmuster in Leverkusen.


    kicker: Herr Rolfes, wie sehr sind Sie überrascht von diesem Saisonstart?


    Simon Rolfes: Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Wir haben gegen zwei Aufsteiger gespielt, Hoffenheim geschlagen, aber noch keine wirkliche Top-Mannschaft als Gegner gehabt. Und in Freiburg hätte es bekanntlich auch anders ausgehen können.


    kicker: Was ergab die Analyse dieser Partie?


    Rolfes: Dass wir dem Gegner viel zu viel Raum gelassen haben, weil wir viel zu weit auseinander standen. Dass wir Probleme hatten mit dem Laufspiel, der Konsequenz im Zweikampf, dem Einsatzwillen. Gerettet hat uns letztlich unsere Kaltschnäuzigkeit.


    kicker: Das klingt alles recht frustriert. Täuscht das?


    Rolfes: Ja. Wichtig sind die drei Punkte. Aber genauso wichtig ist die Erkenntnis, dass wir jede Menge verbessern müssen.


    kicker: Sinnbildlich für Leverkusener Leistungsschwankungen steht Arturo Vidal. Konzentriert bei der guten Leistung gegen Hoffenheim, schwankend wie ein Rohr im Wind in Freiburg. Musste er getröstet werden nach der Auswechslung in der 29. Minute?


    Rolfes: Diese Auswechslung war das Wecksignal für die gesamte Mannschaft. Das hätte aber auch jeden treffen können. Es war für uns ein Zeichen, die Dinge auf dem Platz zu ändern. Danach lief es besser. Arturo muss nach vorne schauen und da anknüpfen, wo er gegen Hoffenheim aufgehört hat.


    kicker: Technisch sauberer Fußball, intensives Laufspiel, Effektivität vor dem Tor, Zweikampfstärke – was fehlt noch von dem, was Spitzenteams ausmacht?


    Rolfes: Wir müssen vor dem vierten Spieltag nicht anfangen die Teams einzureihen. Die Tabelle besitzt überhaupt keine Aussagekraft. Wir müssen uns in vielen Bereichen verbessern. In den ersten beiden Jahren unter Michael Skibbe, da konnten wir jeweils nach hinten raus das Saisonziel retten. Da haben wir dagegengehalten und am Ende zugelegt. Das ist das absolute Muss für uns. So wie gegen Hoffenheim. Die vergangenen beiden Jahre haben gezeigt: Wenn wir das nicht schaffen, wenn wir nachlassen, dann schmieren wir ab!


    kicker: Was nährt die Zuversicht, dass es so weit nicht kommt?


    Rolfes: Die Ansprache durch den Trainer ist konsequent und klar. Er sagt uns, was er erwartet, hat dies auch in Freiburg in der Halbzeit ruhig, aber deutlich getan. Der Sieg war ein Produkt dieser Konsequenz. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass alle Maßnahmen nur deshalb greifen konnten, weil die Freiburger vorher ihre Chancen vergeben hatten.


    kicker: Diesen Gefallen wird Ihnen aber sicher nicht …


    Rolfes: … jeder Gegner tun, richtig! Deshalb gibt es ja auch keine Alternative zu einer möglichst schnellen Leistungssteigerung. Genauso wenig wie es einen Grund zur Euphorie gibt. Aber wenn wir uns steigern, dann werden wir auch das nächste Spiel gegen den VfL Bochum gewinnen.


    kicker: Mit diesem Gegner kommt eine der weniger attraktiven Mannschaften in die renovierte Bay-Arena. Wie es scheint, wird diese auch im zweiten Heimspiel nicht ausverkauft sein. Wie sehr enttäuscht das die Mannschaft?


    Rolfes: Man kann die Frage auch andersherum stellen: Wie sehr haben wir die Fans enttäuscht? Wir müssen jetzt die Lust wieder wecken. Wir haben durch die Rückserie der vergangenen Saison viel Kredit verspielt. Den müssen wir uns wieder zurückholen.


    kicker: Das nächste Spiel in Leverkusen bestreitet dann am 5. September die Nationalmannschaft. Rechnen Sie mit Ihrer Nominierung, nachdem beim Qualifikationsspiel in Aserbaidschan kein einziger Leverkusener im Kader war?


    Rolfes: Ich war damals nicht fit nach der Knieoperation im Juli. Das ist jetzt anders. Gegen Südafrika rechne ich fest mit einer Nominierung.
    INTERVIEW: FRANK LUßEM




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 27.08.09