Fussballer de Monats - Sieger im August: STEFAN KIEßLING

  • Im Kopf-an-Kopf-Rennen mit Hamburgs Zé Roberto hatte er am Ende die Nase vorn: Die Fans kürten den Leverkusener Stürmer zum Spieler des Monats August.


    Von der Bratwurst zum Führungsspieler


    Am Ende wurde es dann doch noch eine schöne Woche. „Fußballer des Monats? Das ist eine schöne Bestätigung“, freute sich Stefan Kießling (25), der nach dem vierten Spieltag die Schlagzeilen beherrschte hatte – zunächst aufgrund seiner starken Leistung inklusive Siegtor gegen Bochum, dann aber auch wegen der durchaus umstrittenen Entscheidung von Bundestrainer Joachim Löw (49), ihn nicht für die anstehenden Länderspiele gegen Südafrika und Aserbaidschan zu nominieren.


    Stefan Kießling hat gelernt, das Negative wegzuschieben. Er wurde verhöhnt („Die teuerste Bratwurst, die je aus Nürnberg kam“, titelte einst Bild) und verlacht, musste sich die Zuneigung der Fans geduldig erkämpfen und kann heute sagen: „Meine Arbeit wird anerkannt.“ Bei Bayer ist der Franke längst eine feste Größe. „Jetzt bin ich vier Jahre hier und habe mich, denke ich, zum Führungsspieler entwickelt.“ Er identifiziert sich wie wenige andere Profis mit seinem Arbeitgeber, lebt in Leverkusen, nicht wie viele Kollegen in Köln, und sagt: „Wenn der Klub morgen käme und den Wunsch hätte, würde ich meinen Vertrag direkt um zehn Jahre verlängern. Ich bin komplett glücklich hier.“


    Diese bedingungslose Geradlinigkeit ist es, die Kießling so wertvoll macht. Nicht, dass er in jedem Spiel Weltklasse auf den Rasen zaubern würde. Aber 100 Prozent Einsatz und Leidenschaft, die bringt er immer ein. Und sein hohes Maß an Selbstlosigkeit und taktischer Disziplin belegt folgende Aussage: „Wenn ich dadurch ein Gegentor verhindere, ist mir ein gewonnener Zweikampf im eigenen Strafraum wichtiger als ein Torschuss im gegnerischen Sechzehner.“


    Über die Auszeichnung als „Fußballer des Monats“ freut er sich dennoch, „viele solcher Ehrungen habe ich ja noch nicht“, lacht er. Viele Länderspiele auch nicht, erst zwei an der Zahl, aktuell wird keines dazukommen. Diskutieren will Stefan Kießling diesen Sachverhalt nicht. Vor bohrenden Fragen („Die ich eh nicht beantworten kann“) schützt er sich beim Spiel gegen Südafrika durch Abwesenheit – gemeinsam mit Ehefrau Norina und Söhnchen Tyler werden am Samstag Freunde besucht.
    FRANK LUßEM



    Das Wahlergebnis:


    1. Stefan Kießling (Bayer Leverkusen) 49,2 %
    2. Zé Roberto (Hamburger SV) 46,1 %
    3. Tranquillo Barnetta (Bayer Leverkusen) 4,7 %



    „Stefan ist ein Traum für jeden Trainer“
    VON KLAUS AUGENTHALER


    „Wie viel man erlebt als Spieler oder Trainer, es gibt diese kleinen Geschichten, die vergisst man nie. Zum Beispiel diese: Ich war Stefans Trainer in Nürnberg und holte ihn aus der Jugend zu den Profis hoch. Wegen großer Personalnot hatte er sogar schon einen Bundesligaeinsatz als A-Jugendlicher. In der Saisonvorbereitung absolvierten wir ein Testspiel in Weiden, ich ließ ihn 90 Minuten lang spielen. Was ich nicht wusste: Er hatte seine Fußballschuhe vergessen und sich welche ausleihen müssen. Leider waren keine in seiner Größe da. Das böse Ende sah ich anschließend in der Kabine: Das Blut stand buchstäblich in den Schuhen, die Socken waren rot, beide Füße wund.


    So ist Stefan: Da gab es keinen Mucks und kein Aua! Er lief einfach weiter, blieb nie stehen. Und das steht für seine gesamte Entwicklung: Stefan Kießling ist ganz sicher kein Maradona. Aber er verbessert sich ständig. Aus dem ungelenken Schlaks ist ein Spieler mit passabler Technik geworden. Die Nervosität vor dem Tor hat er weitgehend abgelegt. Stefan ist ein Typ, der sich immer weiter verbessern will, ein Traum für jeden Trainer. Und noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Deshalb bin ich sicher, dass er die Leistungen der ersten Bundesligaspiele in den kommenden Wochen und Monaten bestätigen wird. Und genauso sicher bin ich, dass in Zukunft auch der Bundestrainer an ihm nicht mehr vorbeikommt.“


    Klaus Augenthaler (51), Weltmeister 1990 als Spieler, trainierte Bayer Leverkusen von Mai 2003 bis September 2005.




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 03.09.09