LEVERKUSEN: Trainer Jupp Heynckes über Castro, Vidal und die Champions League
Punktgleich mit dem HSV liegt Bayer vor dem Spiel in Wolfsburg an der Spitze. Warum dies so ist und so bleiben kann, sagt Trainer Jupp Heynckes im kicker-Interview.
kicker: Herr Heynckes, 14 Spieler fehlten vor dem Spiel in Wolfsburg. War das Training nur eine Farce?
Jupp Heynckes (64): Nein, im Gegenteil. Ich hatte viele Spieler aus der zweiten Mannschaft bei den Übungen, dazu immer wieder A-Junioren. Es ist interessant, die jungen Spieler intensiver zu beobachten. Seien wir ehrlich: Es ist doch positiv, viele Nationalspieler zu haben. Wäre es anders, wären wir auch nicht zufrieden. Am wichtigsten ist es, dass sie gesund zurückkommen.
kicker: Bayer steht ganz oben, trifft nun auf den Meister, der zuletzt zwei Pleiten erlitt. Der erste dicke Brocken in dieser Saison?
Heynckes: Nein, das stimmt so nicht. Wir haben gegen zwei Aufsteiger gespielt, die eindrucksvoll gezeigt haben, was sie können. Und Hoffenheim gehört zu den Mannschaften, die ins erste Tabellendrittel wollen. Richtig ist, dass der Meister über eine riesige Offensivqualität verfügt. Das wird schon eine Art Standortbestimmung.
kicker: Vor allem für die Defensive?
Heynckes: Für das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft. Gegen diese Mannschaft, die gerade im eigenen Stadion sehr stabil spielt, wird sich zeigen, wie wir uns behaupten können. Aber klar ist: Unser Anspruch ist, dass wir in Wolfsburg gewinnen.
kicker: Was spricht dafür, dass dieser Sieg gelingt?
Heynckes: Wir spielen diszipliniert, stehen stabil und besitzen in René Adler einen großen Rückhalt.
kicker: Bayer bestach in den ersten Spielen durch Flexibilität in Personalfragen. Was ist das Geheimnis des geringen Leistungsgefälles in Ihrem Kader?
Heynckes: Gerade durch die jungen Spieler wie Kroos, Reinartz, Schwaab oder nun auch noch Lars Bender haben wir größere Möglichkeiten. Wir können im Spiel variieren, defensive Stabilität herstellen oder die Offensive stärken. Mit denen, die nicht spielen, gehe ich offen und ehrlich um. Ich gebe Signale, begründe jede Entscheidung, jeder weiß, dass er seine Chance bekommt. So mache ich auch den Stammspielern Dampf, die genau wissen, dass nur Leistung zählt.
kicker: Ist es nur Zufall, dass zuletzt Gonzalo Castro und Arturo Vidal ausgewechselt wurden?
Heynckes: Nein, aber das bedeutet nicht, dass ich mit ihnen nicht zufrieden gewesen wäre. Gonazalo hat die U-21-EM mit großem läuferischen Aufwand auf hohem Niveau durchgespielt. Arturo war im ersten Spiel gesperrt, dazu kam die zwischenzeitliche Heimreise nach Chile wegen der Erkrankung seines Sohnes. Beide hatten also eine gestörte Vorbereitung. Da hat man eben Defizite, körperlich und mental. Beide bekommen meine volle Unterstützung, sie spielen ja. Aber wenn sie nicht mehr 100 Prozent geben können, dann kommt eben ein anderer.
kicker: Sie klingen zufrieden . . .
Heynckes: Ja, das bin ich. Wir mussten ja vor Transferschluss auch keine Hektik mehr verbreiten. Lars Bender wollte zu uns, da haben wir das realisiert. Ansonsten sind wir gut aufgestellt. In der Defensive ist ja auch noch ein Spieler wie Lukas Sinkiewicz hinten dran. Er kämpft sich ran, muss ab und zu mal gepiekst werden und gibt jetzt Vollgas. Vorne will Helmes im November oder Dezember wieder eingreifen.
kicker: Demnächst beginnen die europäischen Wettbewerbe. Mit wie viel Wehmut sitzen Sie da auf der Couch und sehen fern?
Heynckes: Klar kommt da Wehmut auf, bei mir sowieso. Aber den Spielern muss das richtig wehtun. Damit sie wissen, was sie verpasst haben, und so arbeiten, dass sie in der nächsten Saison dabei sind.
INTERVIEW: FRANK LUßEM
WUSSTEN SIE SCHON, DASS. . .
. . . in vier der jüngsten sechs Bundesligaspiele zwischen Leverkusen und Wolfsburg jeweils ein Eigentor fiel?
Quelle: kicker-Printausgabe vom 10.09.09