Ganz einfach ist ihm der Wechsel von Leipzig in die Industriestadt Leverkusen vor neun Jahren nicht gefallen. Im Interview mit MERIAN.de spricht Fußball-Nationalspieler René Adler über seine Heimatstadt, den umstrittenen Neuling RB Leipzig und die große Liebe zu seinem alten Club.
MERIAN.de: Herr Adler, Ihre Heimatstadt Leipzig scheint fußballerisch aus dem Dornröschschlaf zu erwachen. Bekommen Sie im fernen Leverkusen etwas davon mit?
Adler: Schon. Ich empfinde Leipzig als meine Heimatstadt - obwohl ich vor neun Jahren von dort weggezogen bin. Wenn wir mal zwei Tage trainingsfrei haben, versuche ich schon nach Absprache mit dem Trainer hinzufahren, in der Sommerpause bin ich sowieso da.
MERIAN.de: Sie selbst haben beim VfB Leipzig, der heute Lok Leipzig heißt, die Jugendmannschaften durchlaufen.
Adler: Ja, und ich war auch glühender Fan des Vereins. Von unserem Trainer haben wir Jugendspieler immer Karten bekommen - wenn das mal nicht geklappt hat, habe ich mir Karten für den Fanblock geholt und wirklich jedes Spiel verfolgt - mit Schal und allem, was dazugehört. Ich habe damals 1993 ...
MERIAN.de: ... damals waren Sie acht Jahre alt ...
Adler: ... an der Hand meines Vaters den Aufstieg im Zentralstadion mitverfolgt: Ein 2:0 gegen Mainz. Später war ich noch auf der Feier am Rathaus - das alles werde ich wohl nie vergessen. Danals hätte ich alles getan, um in die erste Mannschaft des VfB zu kommen. Dass es dann anders gekommen ist, hat natürlich auch mit der Entwicklung des Vereins zu tun.
MERIAN.de: Der war nach einem Lizenzentzug tief unten in der elften Spielklasse gelandet, hat sich aber inzwischen in die Fünfte Liga zurück gekämpft.
Adler: Genau, und schon zu meiner Zeit musste überall gespart werden. Ich habe in der Übergangsphase von der C- zur B-Jugend mit René Müller trainiert, der war damals Torwarttrainer der ersten Mannschaft und hat das ein oder andere Nachwuchstalent mitbetreut. Sein Training hat unheimlich viel gebracht. Nach dem einen Jahr war die Stelle von René Müller dann gestrichen, und um mich weiterentwickeln zu können, habe ich mich entschlossen zu wechseln. Meine Grundlagen wurden beim VfB gelegt.
MERIAN.de: Der MSV-Duisburg-Profi Nicky Adler, mit dem Sie nicht verwandt sind ...
Adler: ... das nicht, aber wir sind gut befreundet.
MERIAN.de: ... stammt ebenfalls aus Leipzig und regte vor ein paar Jahren an, die beiden rivalisierenden Clubs Lok und FC Sachsen zu fusionieren, damit Leipzigs Fußball wieder nach oben kommt.
Adler: Eine Fusion wäre glaube ich aufgrund der Fanrivalität nicht möglich gewesen. Der Grundgedanke ist aber richtig: Man muss sich wohl auf einen Verein konzentrieren. Mit RB Leipzig ist das ja nun auch vorangetrieben worden.
MERIAN.de: Sie begrüßen das?
Adler: In der ganzen Stadt ist auf allen Gebieten ein enormer Fortschritt erkennbar. In solch einer sportbegeisterten Stadt mit so vielen neutralen Sportinteressierten muss Bundesliga-Fußball das Ziel sein. Insofern kann man nur begrüßen, wenn sich jetzt etwas tut. Und ich bin mir sicher, dass der Verein sich in den nächsten Jahren positiv entwickeln wird. Trotzdem hängt mein Herz noch an Lok. Wenn ich am Trainingsgelände vorbeifahre, halte ich kurz inne und denke an die damalige Zeit zurück.
MERIAN.de: Können Sie sich vorstellen, eines Tages wieder in Leipzig zu spielen?
Adler: Damit beschäftige ich mich gerade nicht, das Geschäft ist einfach zu kurzlebig. Aber ich beobachte die sportliche Situation schon genau, man weiß ja nie, was in zehn Jahren ist. Es wäre sicher eine schöne Geschichte, wenn sich der Kreis schließt und ich irgendwann in meiner Heimatstadt Bundesliga-Fußball spielen könnte.
Interview: Christoph Ruf