"Leverkusen ist noch nicht am Limit"

  • Die Bayer-Torjäger exklusiv:
    Kießling und Derdiyok diskutieren über Autos, Geld sowie den verletzten Kollegen Helmes — und sie heizen das Derby gegen Köln an


    Von Marco Fenske und Kai Psotta


    SPORT BILD: Herr Kießling, dürfen wir Sie Klinsmann nennen?


    Stefan Kießling (25): Nein! Warum wollen Sie das tun.


    Ihr Sportchef Rudi Völler hat uns gesagt, Sie ähneln sich in allem: Spielweise, Laufstil, Frisur ...


    Kießling: Das ehrt mich. Aber ich habe meinen eigenen Stil. Und auch meine eigene Frisur. Ich bin ich - und keine Klinsmann-Kopie.


    Herr Derdiyok, mit Kießling bilden Sie das beste Sturmduo der Liga. Beschreiben Sie Ihren Kollegen bitte mit drei Worten.


    Eren Derdiyok (21): Hilfsbereit, freundlich, angesehen.


    Kießling: (lacht) Gut gemacht. Die zehn Euro gebe ich dir später.


    Derdiyok: Nein, das passt schon. Weißt du noch? Du warst es, der an meinem ersten Tag hier sofort zu mir gekommen ist. Ich stand vor der Kabine, du hast mich mit reingenommen und mir alles gezeigt.


    Kießling: Stimmt, jetzt sind es schon 20 Euro. So schnell geht das.


    Bei so viel Lob: Wie kann man Kießling zur Weißglut treiben?


    Kießling: Mich? Zur Weißglut? Das schafft niemand.


    Auch nicht Bundestrainer Löw, der Sie nicht berücksichtigt hat?


    Kießling: Alle warten darauf, dass ich einen raushaue. Warum denn? Ich gebe Gas, und irgendwann lädt er mich auch wieder ein. Punkt.


    Wann äußern Sie sich?


    Kießling: Ich habe keinen Anspruch. Ich habe erst zwei Länderspiele gemacht. Zwei!


    Derdiyok: In der Schweiz würden wir dich sofort nehmen.


    Kießling: Ganz ehrlich? Keine Lust. Eure Sprache geht gar nicht. Allein wenn du dich mit unserem zweiten Schweizer Tranquillo Barnetta unterhältst! Da versteht man ja kein einziges Wort mehr.


    Derdiyok: Denk mal drüber nach, das ist Geheimsprache.


    Trainer Jupp Heyckes scheint den richtigen Ton zu treffen. Ist er der Grund für den Höhenflug?


    Kießling: Viele haben gesagt: Das passt nicht. Im Gegenteil, das passt! Wir arbeiten hart, aber er gönnt uns mehr Pausen. Die haben wir im vergangenen Jahr nicht so oft bekommen. Jupp Heynckes bringt ganz neue Sachen rein. Wenn wir zweimal am Tag trainieren, schlafen wir mittags im Stadionhotel. Das ist neu. Wenn einer müde ist, sagt er von sich aus: »Komm, geh rein.« Oder: »Geh gar nicht erst raus.«


    Derdiyok: Wir sind noch nicht am Limit. Wir werden noch besser. Aber wir müssen aufpassen.


    Kießling: Du sagst es. Im vergangenen Jahr sind wir nach einer guten Vorrunde brutal abgestürzt, haben auch nicht den Pokal gewannen. So etwas prägt.


    Kann man sagen: Sie sind gestartet wie Usain Bolt und ins Ziel gekommen wie Reiner Calmund?


    Kießling: Das ist ein bisschen hart dem Calli gegenüber. Aber das Beispiel kann man schon nehmen.


    Herr Derdiyok, wie war das für Sie: Als Sie zugesagt haben, war nach Bruno Labbadia Trainer.


    Derdiyok: Richtig. Mehr habe ich aber mit Rudi VöIler und Wolfgang Holzhäuser gesprochen. Sie haben mich überzeugt. Und dass jetzt ein neuer Trainer da ist, ist für mich nur gut: Alle fangen bei null an.


    Herr Kießling, Labbadia ist nun beim HSV. Hat er dazugelernt?


    Kießling: Das weiß ich nicht. Ich habe nicht mehr mit ihm gesprochen.


    Wer von ihnen ist eigentlich der rasantere Autofahrer?


    Kießling: Hattest du in der Schweiz überhaupt ein Auto? Du bist doch immer mit dem Fahrrad gefahren, gib's ruhig zu!


    Derdiyok: Ein flotter Spruch für einen Familienenvater ...


    Kießling: Ich habe vielleicht ein Familienauto, aber mit 482 PS kann man gut leben. Meine Frau hat mir gesagt: Fahr nicht schneller als 200, wenn Taylor (Kießlings einjähriger Sohn) mit im Auto ist.


    Samstag haben Sie es nicht weit, Sie spielen gegen Köln. Haben Sie Mitleid mit Lukas Podolski?


    Kießling: Wieso sollte uns der 1. FC Köln leidtun?


    Der Klub nicht - aber vielleicht ein Sturmkollege, der im Verein Startschwierigkeiten hat?


    Kießling: Ich habe ihn in Köln getroffen, wir haben gesprochen. Aber leid tut er uns nicht. Wir würden denen auch nicht leidtun, wenn es nicht läuft. Lukas wusste, dass es schwer wird. Da muss er durch - und alleine wieder raus.


    Herr Derdiyok, Sie sind Nachbar von Patrick Helmes. Der sagt: Wenn ich fit bin, spiele ich!

    Derdiyok: Sein gutes Recht.


    Kießling: Der Trainer hat schon angekündigt, dass er sich auch gut vorstellen kann, mit drei Stürmern zu spielen. Das könnte klappen.


    Sie müssen es wissen. Sie haben mit beiden gespielt. Was unterscheidet Derdiyok und Helmes?


    Kießling: (lacht) Eren läuft mehr.


    Derdiyok: Aber deine Pferdelunge ist noch ein bisschen größer.


    Ja oder nein: Sie schießen in dieser Saison zusammen 25 Tore.


    Derdiyok: Ja. Acht haben wir schon. Ich bin sehr ehrgeizig.





    Quelle: SportBild-Printausgabe vom 23.09.09