Bayer Leverkusen bleibt dem Tabellenführer HSV dicht auf den Fersen. Dank des 1:0-Auswärtssieges beim Nachbarn 1. FC Köln hat sich Bayer im Kreis der Meisterschaftsanwärter etabliert. Vor allem die Abwehr steht in dieser Saison bombensicher. Ein Verdienst auch von Bayer-Innenverteidiger Manuel Friedrich, der bundesliga.de Rede und Antwort stand.
bundesliga.de: Manuel Friedrich, Glückwunsch zum Derbysieg. Wie man an Ihnen sieht, ging es auch ganz schön zur Sache. Musste Ihre Kopfwunde getackert werden?
Manuel Friedrich: Nein. Die Wunde wurde nicht getackert, nur geklebt. Es war ein unglücklicher Zusammenstoß. Wir sind mit unseren Schädeln zusammengekracht. Das kann passieren. Wir hatten Derbystimmung, das Spiel war hart umkämpft. Die Kölner haben eine richtig gute Mannschaft. Wenn man das komplette Spiel sieht, sind wir schon der verdiente Sieger. Wir können über die drei Punkte sehr zufrieden sein.
bundesliga.de: Bayer Leverkusen hat kaum eine Kölner Chance zugelassen. War das in Sachen Kompaktheit das beste Saisonspiel der "Werkself"?
Friedrich: Nein. Die Abwehrarbeit fängt immer vorne an. Die Stürmer haben gut mitgearbeitet. Unsere beiden defensiven Mittelfeldspieler Simon Rolfes und Arturo Vidal standen überragend. Das hatte am Mittwoch in Kaiserslautern nicht ganz so gut geklappt. Gegen Köln haben wir ohne Fehler gespielt. Wenn die beiden vor uns so gut spielen, ist es für uns umso leichter. Wir mussten nicht viel machen. Bei Tempogegenstößen oder Kontern mussten wir ein bisschen aufpassen, denn darauf lauerten die Kölner. In der einen oder anderen Szene hatten wir ein bisschen Glück. Dann schwanden ihnen die Kräfte. Dann waren sie unkonzentriert, und wir machen zum Glück am Ende das Tor.
bundesliga.de: Auffallend ist, dass Bayer Leverkusen in dieser Saison nicht mehr auf die totale Offensive setzt.
Friedrich: Stimmt. Wir spielen nicht Harikiri und greifen nicht auf Teufel-komm-raus an. Wir wollen hinten sicher stehen und nach Möglichkeit keinen Gegentreffer kassieren. Vorne machen wir meistens unser Tor. Deswegen ist unsere oberste Devise, hinten sicher zu stehen. Vielleicht hätte uns ein früheres Tor mehr Sicherheit gegeben. So mussten wir zittern, dass noch ein Ball reingeht. Aber dafür haben wir ja auch den Simon Rolfes, der ein überragendes Spiel gemacht hat.
bundesliga.de: Sie haben sich kürzlich als Ex-Nationalspieler bezeichnet. Täuscht es oder läuft es seitdem bei Ihnen persönlich wieder viel besser?
Friedrich: Ich habe schon nach dem letzten Länderspiel gesagt, dass ich Ex-Nationalspieler bin. Daran liegt es nicht. Im Moment läuft es bei der ganzen Mannschaft gut. Wir stehen oben. Da ist es klar, dass auch jeder einzelne Spieler davon profitiert, gut spielt und auf dieser Welle mitschwimmt. Ich will mich da nicht rausnehmen.
bundesliga.de: Inwieweit spielt die Verpflichtung von Sami Hyypiä als neuer Abwehrchef eine Rolle für Bayers neue Stabilität in der Defensive?
Friedrich: Das spielt eine große Rolle. Es ist eine Ehre für jeden Spieler, mit so einer Legende zusammenspielen zu dürfen. Zum Glück hat es in dieser Saison mich getroffen. Ich freue mich auf jedes Spiel und nehme alles mit, was er mir sagt. Wir reden viel im Spiel. Er hat einen Fußballverstand, der seinesgleichen sucht. Man sieht in jedem Spiel, warum er eine Legende ist. Er schlägt aus dem Fußgelenk Diagonalbälle über 80 Meter auf einen Bierdeckel, das ist der Wahnsinn. Er strahlt eine Ruhe aus. Da kann man sich eine Scheibe abschneiden, von ihm lernen und sich an ihm hochziehen.
bundesliga.de: Bayer hat sich fürs Erste in der Spitzengruppe der Bundesliga festgesetzt. Glauben Sie, dass Bayer in diesem Jahr das hohe Niveau über die ganze Saison halten kann?
Friedrich: Das ist unser Ziel. Wir wollen uns für die internationalen Plätze qualifizieren. Wir haben das gleiche Ziel wie in den letzten beiden Saisons. Da ist das leider fehlgeschlagen. Wir versuchen jetzt, unseren Lauf fortzusetzen, uns weiterzuentwickeln und die Fehler abzustellen. Das wichtigste Kriterium ist, nicht wieder am Saisonende einzubrechen.
bundesliga.de: Muss Jupp Heynckes auch bereits auf die Euphoriebremse treten?
Friedrich: Wir sind nicht so euphorisch. Das wird vielleicht von außen so gesehen. Aber von uns liest sowieso fast keiner Zeitung. Da bekommt keiner die Euphorie mit.
bundesliga.de: Dass keiner der Spieler Zeitung liest, soll ich jetzt glauben?
Friedrich: (schmunzelt): Ja, klar.
Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski
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