VON UDO BONNEKOH - zuletzt aktualisiert: 05.10.2009
(RP) Die Leverkusener machen gegen Nürnberg sehr früh mobil, halten aber auch nach deutlicher Führung zur Freude von Sami Hyypiä Disziplin. Daniel Schwaab und Gonzalo Castro ergänzen sich auf den Außenpositionen glänzend.
Jupp Heynckes besitzt wirklich ein großes Herz. Klar, Stefan Reinartz durfte gegen Ende mitmachen gegen den "Club", bei dem der Leverkusener kürzlich noch mit am Aufstieg gewerkelt hatte. Und Lukas Sinkiewicz kam nach langer, langer Zeit auch mal wieder ins Geld, obwohl er sich jüngst nicht sehr klug öffentlich über des Trainers Personal-Entscheidungen beklagt hatte. Nun boten sich die großzügigen Gesten diesmal auch an in dieser von Bayer so herrlich dominant geführten Partie gegen diese schlappen Franken. "So spielt ein Absteiger", sangen die Leverkusener Fans, was bei aller Häme die Wahrheit punktgenau traf.
"Es war sehr wichtig, dass wir trotz der klaren Führung immer wieder Druck gemacht haben", sagte Daniel Schwaab, der, von ein paar schludrigen Pässen abgesehen, mit seiner Balance zwischen Abwehr und Attacke auf Bayers rechter Seite einen großen Gewinn darstellt. Die Bedeutung, dass "wir Disziplin gehalten haben", unterstrich auch Sami Hyypiä, der sich auch mit knappen Anweisungen als der Herrscher über die Abwehr herausschält. Gnadenlos cool spulten die Leverkusener ihr Erfolgsprogramm ab und zerlegten nicht widerstandsfähige Nürnberger mit Freuden. Und Stefan Kießling, der bis zu seinem sechsten Saisontor fast schon frustrierend lange brauchte, meinte mit Blick auf die nächste Meisterschaftspartie in zwei Wochen beim HSV und Ex-Trainer Bruno Labaddia beinahe drohend: "Die Hamburger müssen uns erst mal schlagen."
Obwohl es für die Leverkusener gegen den FCN vom Ergebnis erstaunlich glatt fluppte, gab es Holprigkeiten. Und es taten sich Fragen auf wie diejenige, warum etwa Arturo Vidal nach der starken Vorstellung in Köln fast dauernd in alte Verhaltensmuster zurückfiel. Wenn Bayers Abwehr überhaupt mal in Schwierigkeiten kam, dann wegen Vidal, der im Mittelfeld den Begriff Raumdeckung sehr weit auslegte und seine Widersacher einfach so an sich vorbei ziehen ließ. Und unerklärlich bleibt auch, wieso Eren Derdiyok seit Wochen den Zappelphilipp spielt und in seiner Fahrigkeit kaum einen Pass an den Mann bringt. Sein Treffer zum 3:0 rettete den Schweizer.
Eine für Heynckes sehr erfreuliche Erkenntnis: Er besitzt nun in Gonzo Castro mehr als nur eine Alternative auf der linken Seite. Wie es scheint, muss sich Michal Kadlec nach seiner Genesung ziemlich tummeln, um wieder an seinen Platz zu kommen, zumal da Schwaab als Gegenpol rechts Vorzügliches bietet. Castro scheint dem neuen Posten gegenüber keine Aversion zu haben. "Das", sagte der Deutsch-Spanier, "macht mir auch da drüben viel Spaß." Man hat's gemerkt.