Jupp Heynckes: Er lobt und siegt

  • LEVERKUSEN: Gegen Nürnberg stimmte die Mischung wieder


    ES BERICHTEN FRANK LUßEM UND STEPHAN VON NOCKS


    Die nach der vergangenen Saison den Wechsel in der sportlichen Leitung bei Bayer Leverkusen zunächst verhindern wollten und dann lauthals beklagten, sind längst still geworden. Die Spielzeit 2008/2009 dient in Leverkusen heute nur noch als schlechtes, aber warnendes Beispiel, frei nach dem
    Motto: „Freut euch nicht zu früh, konzentriert euch auf den Job!“


    Sami Hyypiä, der am Mittwoch 36 Jahre alt wird und vielen zur lebenden Legende taugt, bedachte die Jubler nach dem Nürnberg-Spiel mit einer Warnung: „Wenn du damit zufrieden bist, dass du an der Spitze stehst, dann hört es auf. Dann gewinnst du nicht mehr!“ Genau dies aber wollen sie. In zwei Wochen in Hamburg beispielsweise. So viel hat Hyypiä, der Neue aus Liverpool, auch mitbekommen: „Das wird ein großes Spiel“, prophezeit er. Und kündigt an: „Wir fahren dorthin, um zu gewinnen.“


    Vollmundig klingt dies nicht aus dem Mund des blonden Abwehrchefs, eher selbstbewusst. Der Finne verkörpert die neue Stärke der Leverkusener wie kein Zweiter. Der Absturz der vergangenen Saison wurde nicht einfach verdrängt, die Umstände zwangen zur Analyse, die, zumindest bei den Profis, Lehren nach sich zog.


    Zudem erwies sich die Verpflichtung von Jupp Heynckes (64) als Glücksgriff. Der Routinier analysierte in Ruhe mit, war in der Folge nicht darauf aus, seine Spieler ständig zu missionieren. Sein zum Dienstbeginn angekündigter Weg, ihnen gegen den Druck der Öffentlichkeit eine menschliche Komfortzone, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, erweist sich bislang als der richtige. Und Heynckes lobt: Den Kader, der ihm von Michael Reschke (51) und Rudi Völler (49) zusammengestellt wurde. Die Strukturen bei Bayer, die für kurze Entscheidungswege stehen. Sein Trainerteam mit Peter Hermann (57) an der Spitze. Die Scoutingtruppe. Die medizinische Abteilung. Die Zeugwarte. Die Mannschaftsbetreuer. Und, und, und: Heynckes wird nicht müde, all die einzubeziehen, die selten im Licht stehen, aber so viel zur guten Laune beitragen. Sein aktuelles Fazit: „Das alles hier in Leverkusen ist sehr homogen. Und so spielt die Mannschaft Fußball.“


    Und sie lernt! Litt bei knappen Erfolgen zuletzt der Offensivgeist, so bediente die Elf die Fans am Samstag wieder prächtig. Die Suche nach der richtigen Mischung aus defensiver Stabilität und offensivem Feuerwerk scheint fürs Erste erfolgreich gewesen zu sein. Und wenn der Rückschlag kommt? Vielleicht schon in Hamburg? „Dann stehen wir wieder auf“, sagt Stefan Kießling, „einen Einbruch wird es ganz sicher nicht mehr geben!“




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 05.10.09