Bayer Leverkusen ist die Attraktion dieser Saison. SPORT BILD verrät, was Trainer Jupp Heynckes alles veränderte - und warum es so gut läuft
Von Timo Prüfig
Sein 883. Bundesliga-Auftritt, der 514. als Trainer, war einer der entspanntesten für Jupp Heynckes. Mit dem lockeren 4:0 gegen den 1. FC Nürnberg eroberte Bayer die Tabellenspitze. SPORT BILD erklärt zehn Gründe für den überraschenden Erfolg:
(1) Jupp Heynckes:
Der 64-jährige begeistert die Spieler. „Er ist der Trainer, den das Team damals gebraucht hat“, sagt Boss Holzhäuser: Ein erfahrener Mann nach Skibbe (44) und Labbadia (43). Heynckes führt viele Einzelgespräche, redet die Profis stark - auch Ersatzspieler. In der Kabine änderte er die Sitzordnung. So sitzt sich das Duo Kießling/Derdiyok gegenüber, die Jüngeren sitzen neben Erfahrenen. Zudem sorgte Heynckes dafür, dass sich die Spieler an Trainingstagen mit zwei Einheiten mittags im Stadionhotel Lindner ausruhen können.
(2) Die Transfers:
Mit dem ablösefreien Finnen Sami Hyypiä (36) schnappte sich Bayer ein Verteidiger-Urgestein vom FC Liverpool. Daniel Schwaab (21) aus Freiburg und Lars Bender (20) von 1860 München werden aufgebaut. Und der Schweizer Stürmer Eren Derdiyok (21), der bereits vier Treffer erzielt hat, entpuppt sich als Glücksgriff. Zusammen kosteten die drei nur rund 6,5 Mio. Euro.
(3) Die Taktik:
Heynckes führte die Doppel-Sechs mit zwei Mann vor der Abwehrkette wieder ein. Kapitän Simon Rolfes (27) und der Chilene Arturo Vidal (22) sind zugleich Abräumer und Spielmacher. Dadurch wird nicht nur die Defensive gestärkt (erst fünf Gegentore). Die beiden leiten auch die schnellen Angriffe ein, und rolfes trifft wie nie zuvor (vier Saisontore).
(5) Das Stadion:
Im Sommer wurde die ausgebaute BayArena (30210 Plätze) eingeweiht - dort ist der Klub noch ohne Niederlage, obwohl im Schnitt 2500 Plätze frei bleiben. Ganz anders war es in der Rückrunde der vorigen Saison: der Klub musste wegen des Umbaus in die Düsseldorfer Arena ausweichen und gewann dort nur eines von acht Ligaspielen.
(6) Stefan Kießling:
Der Stürmer trifft, wie er will, führt die Torschützenliste mit sechs Toren an. Dennoch bekommt der 25-Jährige keine Einladung für die Nationalelf. Holzhäuser: „Joachim Löw hat ein Problem: Er hat keine Weltklassestürmer.Er hat fünf, sechs sehr gute Stürmer, zu denen auch Stefan gehört.“
(7) Die Mischung im Team:
Barnetta sagt: „Der Trainer hält auch die Spieler aus der zweiten Reihe bei Laune. Hier ist niemand unzufrieden, weil alle wissen, dass sie wichtig sind.“ Das Konzept von Bayer, auf junge Spieler zu setzen und vereinzelt erfahrene dazuzuholen, geht voll auf.
(8) Die Bodenhaftung:
„Ich habe zwar noch nie einen solchen Start erlebt, aber auch noch nie so eine Rückrunde wie vorige Saison“, warnt Holzhäuser nach dem besten Start der Klubgeschichte. Vorige Saison holte Leverkusen nur 17 Punkte nach der Winterpause und stürzte ab. Völler: „Unser Ziel bleibt der internationale Wettbewerb.“
(9) Keine Doppelbelastung:
Den Europapokal verpasst und im DFB-Pokal ausgeschieden - die Bayer-Elf kann sich voll auf die Liga konzentrieren, auch wenn derzeit 13 Nationalspieler unterwegs sind. „Für die Jungs ist das ein Riesenerlebnis. Ich sehe das nicht als Nachteil, sondern als Motivationsschub“, sagt Völler.
(10) Die finanzielle Sicherheit:
Leverkusen hat mit Pharma-Riesen Bayer einen starken Partner. „Unabhängig von unserem Ziel können wir unser Team vorübergehend auch ohne internationalen Wettbewerb finanzieren“, sagt Holzhäuser. Der Bayer-Konzern beteiligt sich mit geschätzten zehn Millionen Euro am 30-Millionen-Etat.
Quelle: SportBild-Printausgabe vom 07.10.09