„Castro ist durchaus ein WM-Kandidat“

  • LEVERKUSEN: Trainer Jupp Heynckes lobt den vielseitigen Abwehrspieler


    Am (diesmal freien) Samstag wird er vor dem Fernseher sitzen und wie Millionen andere Deutsche auch mit der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw zittern. Doch gleichzeitig wird Fernweh hochkommen bei Gonzalo Castro (22), Fernweh nach Südafrika. Der Leverkusener Außenverteidiger (trotz seiner Jugend hat er bereits 128 Bundesligaspiele auf dem Buckel), sonst eher einer der Stillen im Lande, macht keinen Hehl aus seinem Ziel: „Ich will nach Südafrika, ich will bei dieser WM dabei sein.“


    Bis vor zwei Jahren gehörte Castro zum Stamm der Nationalmannschaft, nach einem schlechten Auftritt in der EM-Qualifikation gegen Wales (0:0, 21. November 2007) aber verschwand er aus dem Blickfeld des Bundestrainers, verpasste die EURO 2008. Es folgten Probleme im Verein, Castro konnte sein Potenzial selten konstant abrufen. Glanzleistungen folgten fahrige Auftritte, in der Rückrunde der vergangenen Saison schließlich fiel er endgültig ins Loch.


    Zwei Ereignisse sorgten in diesem Sommer für neuen Schwung in der Karriere: Zunächst der Trainerwechsel bei Bayer, schließlich die U-21-Europameisterschaft. Zu Jupp Heynckes (64) fasste „Gonzo“ sofort Vertrauen: „Er fand von Anfang an die richtige Mischung. Er hat’s einfach drauf!“ Die Junioren-EM in Schweden sah dann den neuen alten Castro. Der zurückhaltende Verteidiger mutierte zum laufstarken, aggressiven Mittelfeldspieler mit Tordrang: „Es war klar, dass ich als älterer Spieler in dieser Mannschaft Führung übernehmen musste. Dieser Erfolg hat uns alle weitergebracht“, erinnert er sich.


    Längst präsentiert er auch in Leverkusen wieder gewohnte Stärke, sein aktueller Notenschnitt liegt bei 3,07. Jupp Heynckes: „Der Junge besitzt ein unglaubliches Potenzial. Aber er muss arbeiten, das Ende der Fahnenstange ist da längst noch nicht erreicht.“ Der Trainer funktionierte den Rechtsverteidiger (der am liebsten im Mittelfeld spielt) um, lässt ihn nach der Verletzung von Michal Kadlec (24) auf der linken Seite abwehren. „Vielseitigkeit schadet nicht“, sagt Heynckes, der in Castro „durchaus einen Kandidaten für die WM“ sieht, „wenn er seine Leistung konstant abruft“.


    Castro weiß, dass er viele gute Spiele zeigen muss, um wieder ins Blickfeld zu geraten: „Das will ich schaffen. Ich will am Ende das Bewusstsein spüren, alles versucht zu haben. Entscheiden muss sowieso der Trainer.“ Schnelligkeit, Technik, Passsicherheit, Cleverness, Vorwärtsdrang – all dies besitzt Castro im Übermaß. Bleibt die Konstanz. Bislang zeigt er sie. Um den Traum zu erfüllen, muss es so bleiben.
    FRANK LUßEM






    Quelle: kicker-Printausgabe vom 08.10.09