Von Christian Oeynhausen, 30.11.09, 22:06h
Der vom FC Bayern München ausgeliehene 19-jährige Jungprofi Toni Kroos hat in Leverkusen sein sportliches Glück gefunden. Doch wahrscheinlich muss er im Sommer zurück an die Isar - auch wenn der Club die Hoffnung nicht ganz aufgibt.
LEVERKUSEN - Den Flachs der Kollegen nahm Toni Kroos mit einem Lächeln: „Muss sich der Kroos wieder ins Gespräch bringen“, rief Leverkusens Verteidiger Manuel Friedrich dem jungen Kollegen zu, um den sich die Reporter nach dem 4:0-Sieg über dem VfB Stuttgart scharten. Ins Gespräch gebracht hatte sich der 19-Jährige mit einer ausgezeichneten Leistung, als Kroos an der Entstehung von drei Toren beteiligt war und selbst zwei Mal den Pfosten traf. „Sein bestes Spiel für uns“, sagte Bayer-Trainer Jupp Heynckes, „Fußball spielen konnte er schon immer, er hat die Technik und die Fantasie. Aber das, was noch dazugehört, lernt er jetzt bei uns dazu.“
Und wenn er fertig gelernt hat, muss Kroos im Sommer zurück zum FC Bayern. „Das ist der Stand jetzt, daran hat sich nichts geändert. Wir müssen gewissen Realitäten ins Auge sehen“, sagt Leverkusens Sportchef Rudi Völler. Erst vor einer Woche hatten die Leverkusener Verantwortlichen mit den Bayern-Chefs die Lage erörtert. Ergebnis: Das Leihgeschäft endet wie verabredet im Sommer 2010. Auf der Jahreshauptversammlung am Freitag legte Bayern-Vorstand Karlheinz-Rummenigge noch einmal nach: „Toni wird nächstes Jahr zu uns zurückkehren.“
Bei den Münchnern wurde der gebürtige Greifswalder, Sohn einer Badminton-Meisterin der DDR, zwar zum jüngsten Bayern-Bundesligaspieler aller Zeiten (17 Jahre, 265 Tage), konnte sich aber noch nicht durchsetzen. Als er im Januar 2009 in Leverkusen auftauchte, gehandicapt von einer Verletzung, erschien ein ernster, etwas verschreckt wirkender Junge, der nur die aufgeregte Münchner Welt der fußballerischen Alpha-Tiere kannte.
Wie ein Brandmal
Der inoffizielle Titel „größtes deutsches Talent“ schien ihm eher ein Brandmal zu sein. In der Leverkusener Oase der Ruhe darf er einfach spielen.
Mit Auftritten für den Tabellenführer wie am Sonntag könnte Kroos auch bald ein Kandidat für die Nationalmannschaft sein. Das würde Leverkusen beim Verhandeln mit dem Bayern nicht helfen, weswegen Völler das Gespräch über Kroos beim Thema Löw schnell auf Kießling, Castro und Friedrich lenkt.
Zum Thema seiner Rückkehr äußert sich Kroos, der seit einigen Woche nicht mehr von seinem Vater, sondern von der Kölner Agentur Sports Total gemanagt wird, vorsichtig: „Erstens beschäftige ich mich im Moment damit nicht. Zweitens ist für mich noch nichts entschieden.“ Intern hat der 19-Jährige klarere Worte gefunden: „Er will ja gern bleiben, und wir als Mannschaft hätten gern, dass er bleibt. Ich hoffe, dass die Klubs sich einigen“, sagte der dreifache Torschütze Stefan Kießling. „Der Spieler muss gefragt werden, auch wenn er Spieler des FC Bayern ist“, findet Trainer Heynckes, der auf die für das Frühjahr geplanten neuen Gespräche mit dem Rekordmeister setzt: „Ich bin der Meinung, dass ihm ein weiteres Jahr hier guttun würde.“ Rummenigges Nein hält der Trainer für aufweichbar: „Er hat das auf der Jahreshauptversammlung gesagt, und da musste er den Leuten Bonbons geben.“
Infrage kommt, wenn überhaupt, eine Verlängerung des Leihgeschäfts für ein Jahr. Für eine Verpflichtung sieht Bayer 04 keine Chance. Und der Spielerwille, sagt Sportchef Völler, sei nachrangig: „Wir haben das Gleiche mit Stefan Reinartz gemacht. Der hat sich in Nürnberg auch sehr wohl gefühlt.“
Quelle: KStA