Unterschiedlicher könnten die Ausgangssituationen gar nicht sein. Als sich Bayer 04 im März auf den Weg zum Rückrunden-Spiel der vergangen Saison nach Berlin aufmachte, herrschte in der Hauptstadt gerade große Fußball-Euphorie. Hertha BSC führte die Tabelle der Bundesliga an und der Traum von der dritten Deutschen Meisterschaft nach 1930 und 1931 war groß. Zum Saisonabschluss landete die Hertha mit Trainer Lucien Favre auf Rang vier und schaffte die Qualifikation zur UEFA Europa League.
Wenn Bayer 04 nun am Freitagabend im Olympiastadion antritt, wird die Stimmung weit weniger euphorisch sein. Die Hertha steht mit magern fünf Punkten auf dem letzten Tabellenplatz und selbst der Wechsel auf der Trainerposition von Favre zu Friedhelm Funkel brachte bisher keinen sichtbaren Erfolg. Nach sieben Saisonspielen mit sechs Pleiten in Folge zog der Verein die Reißleine und entließ den Schweizer Ende September. „Wir haben vor der Saison gesagt und gewusst, dass es schwierig werden kann. Dass es so happig wird zu Beginn, haben wir uns nicht vorgestellt“, gestand Manager Michael Preetz bei der Entlassung des Trainers.
Funkel soll Hertha retten
Die Gründe für den Absturz sind zumindest für die Außenstehenden ganz klar. Nicht nur Manager Dieter Hoeneß nahm nach 13 Jahren seinen Hut. Im Sommer verließen mit den beiden Stürmern Andrej Voronin und Marko Pantelic sowie Innenverteidiger Josip Simunic drei wichtige Spieler den Verein. Die daraus resultierende Lücke soll das vorhandene Personal um die Führungsspieler Arne Friedrich und Torwart Jaroslav Drobny schließen. Für große Neuverpflichtungen war in Berlin kein Geld vorhanden. Ablösefrei wurde von 1899 Hoffenheim der junge Außenverteidiger Christoph Jancker verpflichtet, zudem wagte Stürmer Artur Wichniarek einen zweiten Anlauf in der Hauptstadt. Nachdem der Stürmer die Hertha im Januar 2006 wieder in Richtung Bielefeld verlassen hatte, kehrte er nun für eine Millionen Euro zurück.
Auf der Trainerbank wurde als Nachfolger von Favre Friedhelm Funkel installiert. Nach fünf Jahren bei Eintracht Frankfurt war der Fußballlehrer, der am Donnerstag seinen 56. Geburtstag feiert, zurückgetreten. "Er ist ein Kind der Bundesliga, er war lange Jahre Spieler und hat 18 Jahre Erfahrung als Trainer. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit ihm den Turnaround schaffen", sagte Preetz bei der Vorstellung.
Zuversicht weiter da
Funkel soll die Hertha retten. Mit nur fünf Punkten nach 15 Spielen jagt die Mannschaft derzeit die Negativrekorde von Tasmania 1900 Berlin aus der Saison 1965/66 und des Wuppertaler SV aus der Spielzeit 1974/75. Während die meisten europäischen Hauptstadtvereine in ihren Ligen dominieren, muss Hertha BSC aufpassen, dass es nach elf Jahren in Liga eins nicht wieder eine Etage tiefer geht. "Wir kriegen hinten zu viele Tore und sind vorn zu wenig durchschlagskräftig. Wie viele Gegentore wir schon billig hergeschenkt haben, ist nicht zu fassen“, hat Kapitän Arne Friedrich die Gründe für den bisherigen Saisonverlauf erkannt. Die letzten zwei Spiele zuhause gegen Frankfurt und bei Schalke 04 wurden jeweils verloren, dennoch schreibt Trainer Friedhelm Funkel die Hinrunde auch vor den beiden abschließenden Partie gegen Bayer 04 und in München nicht ab: „Wir haben durchaus die Möglichkeit, Leverkusen zu schlagen. Das hat es schon gegeben, dass der Letzte gegen den Ersten gewinnt. Wir sind auch in diesen zwei Spielen nicht chancenlos."