Von Frank Nägele, 19.12.09, 17:35h, aktualisiert 21.12.09, 00:12h
Bayer 04 Leverkusen ist zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte Herbstmeister der Fußball-Bundesliga. Die Werkself gewann am 17. Spieltag im Derby gegen Borussia Mönchengladbach mit 3:2. Bester Bayer-Profi war Toni Kroos.
LEVERKUSEN - Der schneidende Ton der Sirene gab zu den schlimmsten Befürchtungen Anlass, auch wenn eine Männerstimme ruhig, aber bestimmt empfahl: „Bitte verlassen Sie das Gebäude.“ Die Menschen in den noblen Räumen der BayArena schauten sich ungläubig an. Es war so schön heimlig warm nach fast zwei Stunden im Tiefkühlfach. Sollte diese schöne Vorrunde, die ohne den Makel einer Niederlage zur zweiten Herbstmeisterschaft geführt hat, tatsächlich mit einem Unglück zu Ende gehen? Sollte Sie nicht. Nach wenigen Minuten kam die Entwarnung. Ein Heizlüfter in übertriebener Nähe zu einem Sensor hatte die Warnung ausgelöst. Bayer 04 Leverkusen ist von Unheil aller Art verschont geblieben. Und so verwandelte sich das Stadion nach dem hart erkämpften 3:2-Sieg über Borussia Mönchengladbach wieder in einen Ort, an dem Selbstbewusstsein, Freude und Zuversicht gelebt werden.
Normalerweise pflegt Rudi Völler die Gegenbewegung - er mäßigt, wenn alle schwelgen und aufbaut, wenn alle trauern. Aber an diesem frostigen Nachmittag wollte sich auch der Sportchef nicht mehr bremsen. „Das ist eine Genugtuung und Bestätigung für die Mannschaft“, sagte der ehemalige Teamchef der Fußball-Nationalmannschaft, „wir brechen nicht mehr ein. Wir sind optimistisch genug, uns oben fest zu beißen.“ Neun Siege und acht Unentschieden, 35 Punkte und Platz eins an Weihnachten hatte sich der Werksklub nach dem Trauma der letzten Rückrunde selbst nicht zugetraut. „Wenn mir das jemand prophezeit hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, meint Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser.
Torjäger Stefan Kießling erklärt den Wandel des Teams zur Vorsaison im Detail: „Wir sind jetzt eine andere Mannschaft. Wir haben einen Trainer, der auch einmal dazwischen haut, wenn es sein muss. Wir haben junge, hungrige Spieler, wir haben erfahrene Spieler. Die Moral stimmt, alle ziehen an einem Strang.“ Dazu kommt ein Faktor, mit dem niemand rechnen konnte: Toni Kroos, die 19-jährige Leihspieler des FC Bayern München. Vor einem Jahr kam der Hochbegabte verstockt und zweifelnd zur Reifung von der Isar an den Rhein. Das Wunderkind des deutschen Fußballs hatte alles im Übermaß - außer einem Plan zur Selbstbehauptung in der rauen Profi-Welt. Im Dezember 2009 spielt Kroos permanent, entscheidet Begegnungen und gibt selbstbewusst Auskunft über Pläne und Befinden. Sein 1:0 in der 18. Minute schien Bayer 04 bereits früh zum Sieger zu bestimmen, doch starke Mönchengladbacher schlugen im Anschluss an zwei Ecken durch Roel Brouwers (36.) und Dante (54.) zurück. Aber das Team von Jupp Heynckes fand den Weg zurück in die Partie und siegte durch Treffer von Eren Derdiyok (60.) und wiederum Toni Kroos (69.) verdient. „Diese Partie“, erklärte Kroos hinterher selbstbewusst, „hat gezeigt, wie weit wir schon sind.“ Er könne sich schon vorstellen, im Sommer zu den Bayern zurückzukehren, erzählte Kroos später selbstbewusst im „Aktuellen Sportstudio“. Aber Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser kündigte an: „Wir werden um ihn kämpfen.“
Trainer Jupp Heynckes war stolz wie noch nie, seit er bei Bayer 04 ist. „Diesen Sieg bewerte ich höher als die 4:0-Erfolge über Nürnberg und Stuttgart“, freute sich der 64-Jährige und gab seinen Spielern frei bis 2. Januar.
Quellenlink: http://www.leverkusener-anzeig…tikel/1261074317300.shtml