„Ein Ball, zwei Tore, kicken“

  • Interview mit Manuel Friedrich


    Bayer-Abwehrspieler Manuel Friedrich spricht im Interview über die Liebe zum Fußball, seinen alten Coach Bruno Labbadia und das Karriereende. In der nächsten Saison will er vor allem eins: International spielen.


    Herr Friedrich, die Leverkusener Meldung der Winterpause war, dass Sie bis 2013 verlängert haben. Damit haben Sie sich für den überwiegenden Rest Ihrer Karriere auf Bayer 04 festgelegt.


    Für mich war das immer vorstellbar, weil ich mich hier pudelwohl fühle, schon nach meiner ersten Saison haben alle hier mit mir so gesprochen als wäre ich schon ewig hier. Deshalb war klar, dass ich mich so lange wie möglich binden will. Bayer 04 ist einfach der richtige Verein für mich.


    Was macht für Sie die Qualität von Bayer 04 aus?


    Es gibt nicht viele Teams in der Liga, die ähnlich aufgestellt sind und oben um T**el mitspielen können und eine junge Truppe haben und ein super Stadion, wo alles stimmt. Wir verstehen uns hier bei aller Konkurrenz untereinander, vielleicht haut man sich im Training mal um, aber danach ist es wieder gut. Es ist in guten Zeiten immer leicht zu sagen, dass alles stimmt. Aber ich kann sagen, dass es bei uns auch in schlechten Zeiten stimmt, und dass da keiner einen Keil zwischen uns treiben kann.


    Ist mit dem jetzigen Erfolg der Vorwurf ihres ehemaligen Trainers Bruno Labbadia widerlegt, dass die „Komfortzone“ Leverkusen den Erfolg hier verhindert?


    Der Fußball-Profi an sich hat schon seine Eigenarten, und es ist nicht ganz einfach, damit umzugehen. Manche Spieler sind schnell beleidigt, wenn sie vom Trainer Feuer kriegen, ein anderer muss jeden Tag am Arsch gestreichelt werden, damit er seine Leistung bringt. Die große Kunst ist, mit jedem so umzugehen, dass er seine Leistung bringt, ab und zu auch mal die Zügel anzuziehen, aber auch mal locker zu lassen. Ein Spieler darf keine Angst davor haben, zum Trainer zu sagen: ,Hier zwickt's, nehmen Sie mich mal einen Tag raus.' Das ist bei Jupp Heynckes so, dass jeder ohne Angst zu ihm gehen kann.


    Bei Labbadia war das nicht so?


    Labbadia ist in meinen Augen auch ein super genialer Trainer, aber er hat halt noch nicht die Erfahrungen wie ein Jupp Heynckes. Woher auch? Er ist von der Einstellung und der Akribie her unglaublich. Der macht alles, tut alles, versucht alles - 24 Stunden am Tag. Vielleicht gab es Situationen, wo er nicht dieses Händchen hat, das ein Trainer mit Erfahrung eben hat. Man hört auch, dass Jupp Heynckes nicht immer so war wie jetzt, dass er früher auch oft dazwischen geknüppelt hat oder drei Wochen lang böse war und Strafrunden laufen ließ. Ich kann nur beurteilen, was ich sehe und muss sagen, dass es optimal ist.


    Entscheidende Personen bei Bayer 04 behaupten, es werde im Unterschied zu den vergangenen Spielzeiten keinen Zusammenbruch in der Rückrunde geben. Teilen Sie den Glauben?


    Kann man nie wissen. Aber es ist so, dass wir jetzt in der BayArena bleiben und nicht nach Düsseldorf müssen, was uns in der letzten Saison das Genick gebrochen hat. Und dann haben wir eben diesen Trainer mit der großen Erfahrung - er ist ein bisschen Garantie dafür, dass das nicht mehr passiert.


    Fühlen Sie sich an der Tabellenspitze von den Konkurrenten überhaupt ernst genommen?


    Als Vizekusen auf jeden Fall (lacht). Es ist aber eigentlich egal, wir haben ja lange genug gehört, dass wir einen guten Fußball spielen. Wichtig ist, dass wir am Ende auch noch oben stehen, dann werden sie uns ernst nehmen. Mein Ziel ist einfach, in der nächsten Saison international zu spielen. Das hat die Mannschaft verdient, das hat uns hier in den letzten Jahren gefehlt.


    Sie haben eine gute Vorrunde gespielt. Hat Ihnen Ihr Nebenmann Sami Hyypiä dabei geholfen?


    Also über Sami brauchen wir gar nicht zu diskutieren, das ist Weltklasse, was der da spielt. Mit 36 Jahren so fit da her zu kommen und so da zu stehen, das ist einmalig. Er macht immer alles richtig. Er hat einen Riesenanteil daran.


    Haben Sie als Ex-Nationalspieler in der WM-Saison den Gedanken daran, dass der Bundestrainer noch einmal anrufen könnte?


    Das ist für mich kein Thema. Wenn er anrufen will, kann er gerne anrufen, aber ich rechne auf keinen Fall damit.


    Macht man mit 30 schon Pläne für die Zeit nach dem Fußball?


    Ja klar, ich habe auch schon Ideen, aber es wird auf jeden Fall etwas außerhalb des Fußballs sein. Fußball spielen ist mein Leben, man kann mir nachts um drei einen Ball zuwerfen, aber den ganzen Driss drumherum muss ich nicht haben.


    Was ist der Driss drumherum?


    Dass alles im Fernsehen gezeigt wird, dass Zeitungen dich bewerten, dass Leute dich auf der Straße erkennen, was bei mir nicht ganz so häufig vorkommt. Manche finden das toll, ich kann mir dafür nichts kaufen. Leute wie Michael Ballack haben ja kein Privatleben mehr; die Frage ist, ob ich das opfern würde. Wenn ich jemanden zum ersten Mal treffe, sage ich nie, dass ich Fußballer bin. Ich bin ja kein Außerirdischer. Leuten, die sich wundern, dass ich in Anführungszeichen normal bin, sage ich: ,Ich spiel' halt ein bisschen besser Fußball als du, aber das ist auch schon alles.' Ich kann ja nichts dafür, dass das Volkssport Nummer eins ist, das habe ich mir nicht ausgesucht. Ich brauche einen Ball, ein paar Kumpels, zwei Tore. Kicken. Das ist mein Leben.


    Also am Ende doch nur ein Spiel?


    Ja, Fußball ist trotz allem ein Spiel. Ich kann einfach nicht verstehen, warum man Fußball so wichtig nimmt, warum Fans ihre Mannschaften bedrohen, wenn sie verlieren. Es verliert niemand mit Absicht, Spieler sind auch nur Menschen. Es ist doch Fußball, es ist doch nicht todernst.


    (Das Gespräch führten Frank Nägele und Christian Oeynhausen)


    KSTA