Die 50+1-Regel spaltet die Liga. Die einen hoffen auf frisches Geld durch einen Investor, die anderen fürchten eine Fremdsteuerung der deutschen Vereine. Doch der Einfluss der Geldgeber ist bereits heute groß. Gegner halten den Passus für veraltet und für mit dem EU-Recht nicht vereinbar. Sicher ist nur, dass der Paragraph in seiner jetzigen Form Fragen aufwirft: Umgehen Vereine wie 1899 Hoffenheim ihn? Kann jedermann mit einem Kreisligisten und einer Menge Geld in zehn Jahren in die Bundesliga aufsteigen? Und warum dürfen die Werksvereine Bayer 04 Leverkusen und der VfL Wolfsburg trotz der Regel überhaupt mitspielen?
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Doch damit nicht genug. Mitte der 80er Jahre lieferte sich Mast einen zweiten Streit mit dem DFB, als er Eintracht Braunschweig in "SV Jägermeister" umbenennen wollte. Der Verband setzte alles in Bewegung, um die Umbenennung zu verhindern. Ein Richter, der sich mit dem Streit befasste, warnte vor der Paarung "Jägermeister Braunschweig gegen Pampers Offenbach". Der Plan schlug am Ende fehl - glücklicherweise, wie die meisten Fans sagen werden. Ein gutes Argument für die Umbenennung wäre jedoch die Feststellung gewesen, dass Bayer 04 Leverkusen bis heute etwas darf, was Eintracht Braunschweig damals nicht durfte.
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Die Bayer AG ist der Namensgeber des Bundesligisten und hält 100 Prozent der Anteile ihrer Tochtergesellschaft "Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH". Beides ist eigentlich verboten. Der Name ist genauso unerlaubt wie die Tatsache, dass die Bayer AG mehr als die maximal erlaubten 49 Prozent der Stimmrechte von Bayer 04 gehören. Denn die 50+1-Regel besagt, dass 50 Prozent plus eine Stimme dem Verein gehören müssen. Doch gleiches Recht gilt nicht für alle. Für Bayer 04 hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) in beiden Fragen eine Ausnahmeregelung geschaffen, die in Sachen Stimmanteile auch für die "VfL Wolfsburg Fußball GmbH" gilt. Diese befindet sich seit 2007 zu 100 Prozent im Besitz der Volkswagen AG.
Stichtag für die "Lex Leverkusen" ist der 1. Januar 1979. "Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren vor dem 1.1.1999 den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet der Vorstand des Ligaverbandes", heißt es in der Satzung der DFL. Mit anderen Worten: Die einen dürfen, die anderen nicht.
Dass das ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung ist, glaubt Professor Dr. Dirk Verse. Der Rechtswissenschaftler von der Uni Osnabrück hat sich eingehend mit der 50+1-Regel beschäftigt. "Diese Ausnahmen sind aus heutiger Sicht schwerlich zu rechtfertigen", sagt Verse, "man kann sie nur historisch erklären."
Doch weder die Fans von Bayer Leverkusen noch die des VfL Wolfsburg müssten im Falle einer Klage einen Lizenzentzug ihrer Lieblingsvereine fürchten. "So ein massiver Eingriff dürfte nicht zulässig sein", sagt Verse: "Die Ausnahmen sind damals ausdrücklich genehmigt worden. Heute könnten sich beide Klubs wohl auf Bestandsschutz berufen. Weitere Ausnahmen sollte der Ligaverband aber nicht mehr zulassen, da die Ausnahmeregelung rechtlich problematisch ist." Außerdem sei die Tendenz eh eine ganz andere. Die Diskussion wird über eine Öffnung der Liga geführt, nicht über weitere wirtschaftliche Einschränkungen.
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Quelle: http://www.sportschau.de/sp/fu…ountdown_werksvereine.jsp