Löw nach Rolfes-Schock in Not - Bierhoff gereizt

  • Joachim Löw hatte gerade im Kreise der Nationalspieler den WM-Startschuss gegeben - schon steht der erste seiner 33 Kandidaten vor dem Aus für Südafrika.

    Die erneute schwere Knie-Verletzung von Pechvogel Simon Rolfes ist nicht nur ein bitterer Rückschlag für Bayer Leverkusen im Bundesliga-Titelkampf, sondern überschattete auch das erste Treffen der Fußball-Nationalmannschaft im WM-Jahr 2010. «Die Betroffenheit war bei allen sehr groß», berichtete DFB-Teammanager Oliver Bierhoff in Stuttgart - da war der 28 Jahre alte Rolfes bereits in Augsburg wegen eines Knorpelschadens operiert worden.


    Löw trifft der Rolfes-Schock nur wenige Tage nach der endgültigen Ausmusterung von Routinier Torsten Frings und wegen der Reservistenrolle von Thomas Hitzlsperger beim VfB Stuttgart empfindlich - die DFB-Auswahl hat 138 Tage vor dem ersten WM-Spiel gegen Australien ein großes Problem im defensiven Mittelfeld. Die erneute Knie-Blessur wird Bayer-Kapitän Rolfes lange außer Gefecht setzen - womöglich sogar für den Rest der Saison. «Mit der WM wird es nun schwierig werden», sagte Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler.


    Im DFB-Quartier wurde noch vor dem Abschluss der Leistungstests und der Werbeaktivitäten für die Top-Sponsoren des Nationalteams das Prinzip Hoffnung beschworen. «Man sollte ihn nicht schon abschreiben, sondern die Daumen drücken», erklärte Bierhoff. Er betonte, dass Rolfes bereits nach seinem Kurzeinsatz beim Leverkusener 3:0-Sieg am Sonntag gegen Hoffenheim verletzt angereist war: «Schon letzte Woche hatte Simon Probleme am Knie gespürt. Er hat hier bei uns keinerlei sportliche Aktivitäten gehabt.»


    Eine Kernspin-Untersuchung hatte Befürchtungen geweckt, die sich am 26. Januar beim Eingriff durch den Knie-Spezialisten Ulrich Boenisch bestätigten. Löws Betroffenheit war nicht nur wegen des Mitgefühls für Rolfes verständlich: Schon fünf Wochen vor dem ersten Länderspiel des Jahres am 3. März in München gegen Argentinien ist die Fahndung nach dem optimalen Partner von Kapitän Michael Ballack auf der Sechser-Position zur größten Baustelle im DFB-Team geworden.


    Prompt musste sich Bierhoff bei der Pressekonferenz in Stuttgart stellvertretend für Löw fragen lassen, ob die vor einer Woche erfolgte WM-Ausmusterung des 79-maligen Nationalspielers Frings im Nachhinein nicht doch voreilig gewesen sei. «Was mich tierisch nervt, ist das Wort ausgebootet», konterte der Team-Manager schroff und ergänzte sachlich: «Was immer gefordert wird, ist, dass man offen mit den Spielern umgeht. Torsten Frings war ein wichtiger Nationalspieler, dem wir viel zu verdanken haben.»


    Die Alternativen im vorläufigen WM-Kader sind neben dem von Löw hoch geschätzten U 21-Europameister Sami Khedira (1 Länderspiel) die ebenfalls international unerfahrenen Christian Träsch (1) und Christian Gentner (4) - oder aber Bastian Schweinsteiger. Der 72-malige Nationalspieler hat sich nach seiner Versetzung in die Mittelfeld-Zentrale beim FC Bayern München bereits öffentlich um den Job neben Leitwolf Ballack beworben. «Ich weiß, dass ich in der Mitte am besten bin. Für mich ist die Position ideal», so Schweinsteiger.


    Löw bestätigte, dass er das Thema mit dem im DFB-Team bislang auf dem rechten Flügel unverzichtbaren Schweinsteiger bereits erörtert habe. Beim 3:2-Sieg der Bayern in Bremen hatte er live den direkten Vergleich mit Frings begutachten können und schwärmte: «Bastian hat die Rolle hervorragend ausgefüllt.» In dem Münchner Saison-Aufsteiger Thomas Müller und dem Leverkusener Toni Kroos bieten sich zudem zwei Talente an, denen Löw zutraut, «irgendwann mal auf der Außenposition die Lücke zu schließen», die Schweinsteiger dort hinterließe. Vielleicht schon bei der WM.


    Der Anreiz Südafrika war bei den zweitägigen Werbeaufnahmen und Fitness-Tests ständig präsent. «Der sportliche Aspekt war in den zwei Tagen nicht so wichtig, aber es war dennoch schön zu sehen: Jeder wollte hier sein. Für viele Spieler ist der WM-Startschuss in den Köpfen gefallen», sagte Bierhoff. Statt auf dem Fußballplatz konkurrierten Schweinsteiger & Co. beim Sprungkrafttest und Ausdauerläufen. «Der Leistungstest ist wichtig, um zu sehen, in welcher Verfassung die Spieler sind. Mit den Daten können wir die Spieler auch auf mögliche Probleme hinweisen», hob Löw hervor.


    «Ausdauer hat eine besondere Bedeutung bei Turniersituationen», ergänzte DFB-Internist Tim Meyer als Testleiter. In der direkten WM-Vorbereitung ab Mitte Mai kann so gezielter gearbeitet werden. Ablenkung durch Werbemaßnahmen soll es dann auch nicht mehr geben, nachdem diese Verpflichtungen trotz des Verzichts auf Top-Star Ballack erledigt werden konnten. «Es war ein kleines logistisches Meisterwerk», lobte Bierhoff alle Beteiligten, «es ist alles perfekt abgelaufen» - bis zum WM-Schock um Rolfes.


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